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Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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Bier verschüttet habe«, entschuldigte sich Ezzi. »Lass mich dir heute Nachmittag helfen, damit ich meine Menschlichkeit erleichtern kann.«
    Der Archivar betrachtete ihn lange und eindringlich. »Weißt du, wie die Tafeln einsortiert werden?«
    Ezzi deutete auf den Saum seines Umhangs. »Ich bin ein Alter Knabe«, sagte er. »Du brauchst es mir nur kurz zu erklären, dann finde ich mich schon zurecht.«
    Seufzend hob der Archivar die Schranke in seiner Theke an, um Ezzi hereinzulassen. »Dann komm mit. Ich zeige dir, was du einsortieren sollst, gehe mich umziehen und bin wieder zurück, bevor du mit den Rechnungen für den ersten Monat durch bist.«
    »Ich könnte dir ja auch helfen, die Tafeln zu finden, die der En haben möchte«, schlug Ezzi vor. »Ich könnte mir vorstellen, dass er ausgesprochen erfreut wäre, wenn er sie schon heute bekäme.«
    Der Archivar nickte. »So sei es. Eine ausgezeichnete Idee.«
    Ezzi folgte ihm ins Lager. Zehntausende von Tafeln waren hier auf hölzernen Borden angeordnet: jeweils zwanzig pro Stapel, in drei Regalen pro Reihe und insgesamt vier Reihen von einer Wand zur anderen . Hier war alles eingelagert, was es über Ur zu wissen gab. Geburten, Todesfälle, Hochzeiten. Scheidungen, Adoptionen, Firmenzusammenschlüsse. Registrierte Schiffe, die Jahresernten, Steuerbescheide für alle Freien, Sklaven, Mandanten und Edelleute, sowie Urkunden über den gesamten Landbesitz im Gemeinwesen.
    Außerdem war hier von jedem Dokument ein Duplikat hinterlegt, einsortiert auf den Regalen, falls ein Richter einen zusätzlichen Nachweis für irgendeinen Handel benötigen sollte.
    »Es gibt noch weitere achtzehn Räume«, klärte ihn der Archivar auf. »Wann hat Asa als Sterndeuter angefangen ... hmm ... das müsste da hinten stehen«, folgerte der Schreiber, während sie die ersten drei Räume durchschritten. Staub hing in der Luft, und durch die hohen Fensterlöcher fiel das Licht der Sonne herein. »Da drüben«, sagte er und schwenkte dabei die Hand über eine Gruppe von acht Reihen mit fünf Regalen pro Reihe, fünfzig Dokumenten pro Stapel und acht Stapeln pro Regal. »Willst du das auch wirklich? Es macht dir nichts aus, mir zu helfen?«
    »Meine Menschlichkeit wäre erleichtert«, versicherte Ezzi erneut.
    »Na gut. Ich schließe nur kurz vorne ab und bin wieder da, ehe du dich versiehst. Hinter der Theke steht ein Krug mit Bier, falls du Durst bekommst.«
    »Keine Sorge«, beruhigte ihn Ezzi. »Lass dir ruhig Zeit.«
    Er wartete, bis der Riegel der Tür einschnappte, schnürte dann den Umhang enger, um die Arme frei zu haben, und begann die Stapel zu durchforsten, auf der Suche nach den Lautzeichen für »Asa« und den Symbolen für Auge und Stern: Sterndeuter.

    »En Kidu, komm schnell!«, keuchte ein Hilfspriester außer Atem.
    Cheftu folgte ihm barfuß hinaus, weil etwas an der Miene des Jungen ihn alarmierte. Das Zwielicht hatte sich gesenkt, jenes kurze Licht, das dem Anbruch der Nacht vorangeht und das den Menschen verspricht, dass es ein Morgen geben wird. Heute war es von tausend Sternschnuppen erhellt.
    In Bögen schossen sie über ihren Köpfen dahin, in roten, orangefarbenen, blauen, gelben Streifen erhellten sie den Himmel, um gleich darauf zu verglühen. »Wo sind die Bürger?«, erkundigte sich Cheftu.
    »Die meisten verstecken sich in ihren Häusern«, antwortete der Knabe, der in die Hocke gegangen war.
    Cheftu konnte die Venus erkennen, Inanas Stern; Jupiter, unter dessen Schutz er selbst und der Lugal standen, sowie die ersten Nadelstiche der Sternbilder, die aber allesamt gegen die strahlende Schönheit des Meteoritenschauers verblassten. War der Schauer nahe genug, um den Feldern schaden? Was würden die hiesigen Menschen aus so einem Zeichen lesen? Morgen waltete er das erste Mal als En seines Amtes. War dies ein Zeichen der Missbilligung oder göttlichen Zornes? Puabi hatte erklärt, dass sie für das Wetter und die Ernte zuständig sei -wie wirkte sich dieses Ereignis auf sie aus? Cheftu beteuerte dem bibbernden Buben, er brauche sich nicht zu fürchten. »Die Götter überschütten uns mit Geschenken.« »Wirklich?« Dieser Gedanke ließ den Jungen innehalten.
    »Wirklich. Ich möchte sogar, dass du mir eines davon bringst.«
    »Wirklich?«
    »Siehst du, wie sie vom Himmel fallen?« Dabei deutete Cheftu auf den Schweif eines besonders farbenprächtigen »Sternes«, der vom Himmel fiel. »Geh raus vor die Stadt, such die Felder ab und komme mit einem Himmelsstein

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