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Die haessliche Herzogin

Titel: Die haessliche Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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mit hitziger Energie in Studium und Politik. Wog zum hundertstenmal Macht, Möglichkeiten, Einflußkreise der Habsburger, Wittelsbacher, Luxemburger gegeneinander ab. Habsburg, Luxemburg, Wittelsbach, das waren keine kahlen, politischen Begriffe für sie. Die Menschen, die diese Namen trugen, ihre Farben, ihre Länder, die Tiere ihrer Wappen, ihre Berge, Flüsse, Kirchen mischten sich ihr zu geheimnisvollen Einheiten.
    Albrecht von Habsburg etwa war verteufelt klug, energisch, bitter, aber er lahmte. Mit ihm lahmten seine Länder, die Donau, die Stadt Wien, die Pranke seines Wappenlöwen. König Johann, der Luxemburger, das war nicht nur ein weltläufiger, galanter Herr. Seine Füße waren Toskana und die Lombardei, Rhein und Elbe seine Adern, das helle Luxemburg sein Herz. Und Bayern konnte sie sich nicht vorstellen ohne die lange, bedächtige Nase Kaiser Ludwigs und ohne seine riesigen, sonderbar toten blauen Augen. Wenn die drei Fürsten sich belauerten, sich umschlichen, sich vertrugen, sich bekriegten, bekriegte und verhöhnte sich die Welt in ihnen, und in den Wolken führten die Tiere ihrer Banner einen mystisch gewaltigen Kampf.
    Ihren Gemahl, den Prinzen Johann, sah sie nicht sehr oft. Trotz seiner Länge und Aufgeschossenheit wirkte er hinter seinen Jahren zurückgeblieben. Sein mageres Gesicht, an sich nicht unschön, schien immer roher, stumpfer und, durch die kleinen, versteckten Augen, bösartiger. Er haßte die Bücher, lernte nur notdürftig schreiben. Gern trieb er körperliche Übungen.
    Schlug sich mit den Jungen herum, mit denen der Bedienten lieber als mit seinen adeligen Kameraden, jagte, ritt. Betätigte sich als Vogelsteller, trieb, nicht ohne Geschick, Falkenbeize, fing Wild in Schlingen. Quälte Tiere. Spielte den Bauern üble Streiche. Ein Bauernbursch, der ihn nicht kannte, verprügelte ihn. Wurde gefangen, in den Stock gesetzt, gepeitscht. Der Prinz schaute gierig zu, hetzte die Büttel.
    Margarete lachte er aus wegen ihrer blöden, pfäffischen Gelehrsamkeit, riß ihr gelegentlich ihre Schriften weg, zerraufte ihre Frisur. Sie trug es. Es war notwendig, daß ihr Mann ein Luxemburger war. Seine Roheit mußte hingenommen werden. Aber schweigend stapelte sie Wut und Verachtung. Auch Chretien de Laferte, des Prinzen Adjutant und Kämmerling, verwünschte seinen jungen Herrn in die tiefste Hölle.
    Margarete sah den schlanken jungen Menschen sehr selten. Beachtete ihn wenig. Der betuliche, skeptische, redselige Abt von Viktring, der alle Dinge bereden mußte, neckte sie gelegentlich wegen des Jungen. Sie schlug, gegen ihre Gewohnheit heftig, zurück.
    Am liebsten war sie mit Jakob von Schenna zusammen. Der junge, hagere, schlecht sich haltende Herr mit dem feinen, alten Gesicht freute sich immer, wenn er sie sah. Sie war nun vierzehn, er an die dreißig. Aber es ging eine willkommene Bindung von ihm zu ihr.
    Was er sprach und tat, klang, als wäre es in ihr gewachsen. Sie fühlte sich wohl in seiner Welt. Zwischen ihr und den andern Menschen war Kälte. Sie lachten sie aus, sahen sie mit Widerwillen an, bestenfalls mit Mitleid, weil sie häßlich war. Weil sie Prinzessin war, zeigten sie das nicht im Licht. Aber sie sah weit ins Dunkle hinein, oh, sie hatte scharfe Augen, sie wußte, wie man mit ihr stand. Doch von Schenna zu ihr ging es warm und freundlich herüber. Seine großen, weichen Hände, seine grauen, gescheiten, wohlwollenden Augen waren voll Achtung für sie, voll Herzlichkeit und Kameradschaft.
    Jakob von Schenna war reicher und mächtiger als seine Brüder Estlein und Petermann. Er hatte sieben feste Schlösser, neun Gerichte und Pflegen, weiten Besitz an Weingütern, Gerechtsamen, Zöllen, Geld. Er pflegte von diesem Besitz wegwerfend und mit einer gewissen Ironie zu sprechen. Aber er hing daran, streichelte liebkosend das Laub seiner Reben, den besonnten Stein seiner Schlösser. Dies waren seine Reben, seine Burgen. Zwar war Besitz und Geltung an sich verächtlich; aber leider machten einem die Menschen das Leben zu unbequem, hatte man die beiden nicht. Oft sprach er dem Kind davon, wie übel der tirolische und kärntnische Adel den guten König Heinrich ausbeute.
    Leider mußte er mittun, sonst hätte eben seinen Teil ein anderer, weniger Würdiger an sich gerafft. So beutete denn auch er aus, skeptisch, mit gelassenem Bedauern und voll von Mitleid mit der gerupften Majestät.
    Seine Schlösser waren die schönsten und gepflegtesten des Landes in den Bergen. Die Schlösser

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