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Die haessliche Herzogin

Titel: Die haessliche Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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geschickt wußte der Papst die hohen Kirchenstellen zu besetzen! Jeder neue Bischof hatte die Gesamteinkünfte eines ganzen Jahres an die Kurie zu verabfolgen.
    Starb nun ein Bischof, so ward nicht etwa ein neuer Prälat an seine Stelle gesetzt, nein, der Papst berief den Inhaber eines andern Bistums in das erledigte, so daß mit dem Tod jedes Bischofs eine ganze Reihe päpstlicher Lehen frei ward. So war ein ewiger Wechsel in der hohen Hierarchie, ein Kommen und Gehen wie in einer Herberge, und der Heilige Stuhl bezog die fettesten Annaten. »Umsatz! Umsatz !« sagten der Papst und seine Kassiere. Ja, Papst Johann verstand es. Kein Wunder, stammte er doch aus Cahors, der Stadt der Bankiers und Börsenleute. Der größte Teil des abendländischen Goldes floß in seine Kassen. Der Papst hing an dem Geld; er brachte es nicht über sich, es weiterzuverwerten. Er hätte Rom und Italien damit wiedererobern können. Aber er liebte sein Geld zu sehr, er konnte sich nicht davon trennen. Er saß in seinem Avignon, uralt, gnomenhaft klein, über seinen Schätzen, streichelte die Wechsel und Verschreibungen, ließ das Gold rieseln durch seine dürren Zwergenfinger.
    Verdarb sich der kluge, energische, rastlose Papst seine Politik durch seine Habgier, so litt die Diplomatie des Kaisers sowohl wie des Luxemburgers und des Kärntners an ihrer Leichtherzigkeit in Finanzdingen.
    Aufmerksam hörte Margarete zu, wenn ihr der Abt auseinandersetzte, wie klar und sicher ihr Großvater Meinhard seine Geldwirtschaft fundiert hatte. Trüb und stirnrunzelnd sah sie zu, wie ihrem gutmütigen Vater alle Einkünfte in der Hand zerrannen. Wie er, um ein Pfand vor dem Verfall zu retten, immer größere und wichtigere hingab.
    Auch ihre Stiefmutter, die blasse, scheue Beatrix von Savoyen, litt sehr unter der wilden Finanzwirtschaft König Heinrichs. Sie war von ihren tüchtigen Eltern her ein sparsames Haushalten gewöhnt, und so scheu und bescheiden sie sich sonst im Schatten hielt, lag sie schließlich ihrem Gatten ständig in den Ohren wegen seiner Verschwendung. Sie war kränklich; König Heinrich sah ergeben und voll wässerigen Kummers, daß er auch von ihr keinen Erben zu erwarten habe. Sie aber gab die Hoffnung nicht auf. Sie rechnete, sie sparte, ließ sich von ihrem Mann Zölle und Gefälle verschreiben, erreichte es sogar, zäh kämpfend, daß nach Abfindung des Messer Artese von Florenz die Einkünfte des Haller Salzbergwerks ihr übertragen wurden. Sie wurde hart, habgierig, knauserig, alles für ihren Sohn, auf den niemand mehr hoffte, nur sie.
    Oft beriet sie mit Margarete, wie man da und dort den übeln Finanzen aufhelfen könne. Trotzdem Margarete solches Bestreben willkommen war, sah sie säuerlich und mit Widerwillen auf ihre Stiefmutter. Wie dürftig sie war, wie unfürstlich verstaubt und trocken bei aller Jugend! Margarete gestand sich nicht ein, daß dies nicht der Hauptgrund war, aus dem sie ihre Stiefmutter nicht leiden mochte. Die war sanft und freundlich zu ihr, fühlte sich ihr schicksalhaft verwandt. Sie hatte keinen Sohn, jene, die Ärmste, war so häßlich.
    Beide hatte sie Gott in ihrem Weiblichsten gekränkt und verkümmert. Aber Margarete wollte nicht hinüber zu ihr, drückte ihre streichelnde Hand nicht wieder. Denn Beatrix stand zwischen ihr und der Herrschaft. Was sonst blieb ihr, der Häßlichen, als die Hoffnung auf Herrschaft? Genas aber Beatrix trotz allem eines Knaben, dann war auch dies Letzte dahin.
    König Heinrich duldete die Bevormundung durch seine Gattin lächelnd und mit scherzhaft sich auflehnendem Raunzen. Nur in einem duldete er keine Einrede, und dahin wagte sich auch Beatrix niemals: seine Freigebigkeit gegen die zahlreichen Frauen, die ihm gefielen, und gegen ihre Kinder blieb ohne Grenzen.
    Wie er seine natürlichen Brüder, Albrecht von Camian und Heinrich von Eschenloh, in hohen Ehren hielt und sie mit Titeln, Würden, Herrschaften reich begabte, so wuchsen auch auf allen seinen Schlössern und Gütern Kinder von ihm heran. Er war viel zu gutmütig, Beatrix einen Vorwurf zu machen. Immerhin tat es ihm wohl, sich zu sagen: es lag nicht an ihm, wenn er keinen Erben hatte; es war Pech, schlechter Stern. So ging der alte Lebemann stolz und gehoben durch das blonde, schwarze kleine Gewimmel seiner Kinder. Er tätschelte sie gerührt: »Das da hat meine Augen! Und der da meine Nase.« Von einem Großen: »Er geht gerade wie ich. Der holt sich noch viele Preise im Turnier !« Einen ganz kleinen

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