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Die haessliche Herzogin

Titel: Die haessliche Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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er löste sogar mit Opfern die Pfänder aus, die dieser noch in Händen hatte. Auch die gewalttätige Art, mit der des Markgrafen Statthalter Konrad von Teck Geld und Gut an sich zu bringen pflegte, diese Konfiskationen und Hinrichtungen gingen dem stillen, höflichen Florentiner sehr wider den Strich. Geld verdienen, gewiß, Geld, wenn es nicht gestohlen ist, kommt von Gott. Säumige Schuldner nicht schonen, verfallene Pfänder eintreiben, selbstverständlich. Aber alles mit Manier, höflich, in guten Formen. Gefängnis, Kopf ab – pfui, das tut man nicht, das schickt sich nicht.
    Am meisten aber war Messer Artese erbittert über die Bevorzugung des Juden Mendel Hirsch. Was? Ihm, dem stillen, bescheidenen, gebildeten lateinischen Herrn und guten Christen zog man den stinkenden, zappelnden, gurgelnden, frechen, aufdringlichen Juden vor, den widerwärtigen Höllenbraten? War es nicht genug, daß dieses pestilenzialische, gottverfluchte Volk, das unsern lieben Herrn und Heiland gemartert und gekreuzigt hat, die deutschen und die italienischen Städte verseuchte? Mußte ihnen die unselige Maultasch auch noch das Land in den Bergen hinwerfen, daß sie hineinkrochen wie Würmer, alles anfraßen, nicht mehr wegzubringen waren? Da saßen sie nun, das ekle Geziefer, waren überall zur Stelle, drängten jedermann ungerufen ihr Geld auf und erdreisteten sich, das elende, erbärmliche Gesindel, niedrigere Zinsen zu verlangen als er, der hochangesehene, ehrsame, bei allen Fürsten und Herren wohlgelittene Florentiner Bürger! Das Gesicht des sonst so sanften, gesitteten, beherrschten Mannes verzog sich zu einer Fratze maßlosen Wütens.
    Agnes hörte ihm still zu. Sie hörte alles, schrieb es in ihr Gedächtnis, bewahrte es wohl auf, war außerordentlich liebenswürdig zu Messer Artese. Der fing sich wieder ein, entschuldigte sich viele Male, glitt ins Dunkle.
    Nach dem Abkommen mit König Karl bestritt niemand mehr Margarete und dem Markgrafen den sicheren Besitz von Tirol. Durch den Tod seines Vaters, des Kaisers, war Ludwig in mannigfache, schwierige Erbstreitigkeiten mit seinen Brüdern gekommen.
    Schließlich einigte er sich dahin, daß er aus diesem Erbe Oberbayern tatsächlich, von der Markgrafschaft Brandenburg aber nur den Titel und die Kurwürde behielt. Der Sorge um Brandenburg ledig, regierte er in seinem gesicherten Tirol; seine Macht reichte von Görz bis ins Burgundische, von der Lombardei bis an die Donau. Er nannte sich Markgraf zu Brandenburg und zu Lausitz, des Heiligen Römischen Reichs Oberster Kämmerer, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog in Bayern und in Kärnten, Graf zu Tirol und zu Görz, Vogt der Gotteshäuser Agley, Trient und Brixen.
    Margarete war zu ihm von herzlichem, fast mütterlichem Einverständnis. Es war ihr Gewißheit geworden, Gott hatte ihr alle fraulichen Reize genommen, daß sie all ihre Fraulichkeit in ihre Regentschaft senken müsse. Solche Erkenntnis hatte sie befriedet. Sie lag ganz in Ruhe wie windstilles Wasser. In ihren Entscheidungen war eine große, gerade Selbstverständlichkeit. Die Frau und die Regentin war eines. Was sie riet, was sie tat, war nie erklügelt, umwegig. Es war von einer geraden, gewachsenen, warmen Mütterlichkeit, die oft nicht dem Buchstaben, der Regel entsprach, aber stets ihren inneren wohltätigen Sinn hatte.
    Es war ein schwieriges, steiniges Regiment, das sie zu führen hatte. Immer wieder Krieg: mit dem Luxemburger, den Bischöfen, den lombardischen Städten, den aufsässigen Baronen. Immer wieder das sorglich Aufgebaute niedergerissen, verheert. Dazu Erdbeben, Überschwemmungen, Feuersbrünste, Seuchen, die Heuschreckenplage. Die Finanzen durch die ständigen militärischen Ausgaben übel zerrüttet. Es war nicht leicht, unter diesen Widernissen das Land blühen zu machen. Aber ihre starke, Vertrauen atmende und gebende Fraulichkeit strömte ein in das Land, hielt es hoch, gab ihm immer neuen Schuß und Saft. Sie schuf Ausgleich, befreite Städte, die durch Krieg und Brand gelitten hatten, von den Abgaben, zwang trotz ihrem Murren die störrischen Barone, wenigstens einen Teil ihrer Steuern zu zahlen. Dies alles geschah mit einer gewissen natürlichen Gesetzmäßigkeit, ohne Geschrei und Gewalt.
    Hatte sie schwierigere Finanzfragen zu regeln, so zog sie den Juden Mendel Hirsch zu Rate. Flink erschien er in seinem braunen Rock, dick, zappelnd, betulich, hörte Margarete zu, wiegte den Kopf, lächelte, sagte, das sei ganz einfach, gurgelte in vielen

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