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Die haessliche Herzogin

Titel: Die haessliche Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Junge, gelblichweißes, leidenschaftliches Gesicht, kurze Nase unter raschen, großen, dunklen Augen, siebzehnjährig, hatte sie in Verona gesehen, dann in Vicenza, wo ihr Can Grande der Jüngere, der mächtigste Herr der Lombardei, feierlichen Empfang gerüstet. Der kleine Baron Aldrigeto war in den zerfleischenden, blutrünstigen Kämpfen der Castelbarcer als einziger Träger seines stolzen, reichen Namens übriggeblieben. Er selber hatte wütig in mehreren Scharmützeln mitgefochten. Jetzt waren die meisten seiner Festungen und Güter in den Händen der Gegner; er hatte sich an den Hof des großen Veronesers geflüchtet, fast drohend Hilfe, neuen Kampf verlangt. Er war der letzte Nachfahr seines uralten Hauses. War maßlos verwöhnt, jeder Wallung bis an die äußerste Grenze nachgebend. Die Frauen liebten sein hartes, gelblichweißes Knabengesicht.
    Er sah Margarete. Er sah sie an der Seite des großen della Scala die Stufen seines Palastes hinanschreiten zwischen ehrfürchtigen Gerüsteten und sich senkenden Fahnen, unter Glockengeläut, starr geschminkt, in mächtigem, stein-und goldübersätem Prunkkleid, abenteuerlich häßlich. Er spürte auf sich ihren langen, sonderbar leblosen Blick. Er hatte natürlich wie alle Welt die dumpfen, wilden Legenden gehört, die um sie gingen, wie sie, die Unersättliche, ihren ersten Mann vertrieben, ihren zweiten vergiftet, zahllose Liebhaber habe verschwinden lassen in grenzenloser Gier. Die deutsche Messalina hieß sie in Italien. Es schmeichelte ihm, daß sie ihn ansah. Ihn reizte ihre Macht, durch die er, vielleicht, seine Gegner erdrücken konnte. Ihn reizte das gefährliche Gerücht, das um sie ging. Er war jung, ein später Abkömmling eines uralten Geschlechts. Ihn reizte ihre Häßlichkeit.
    Zwei Sommermonate verbrachte die Herzogin an dem weiten See mit dem Knaben Aldrigeto. Es war brütend heiß, sie waren auch die Nächte fast immer im Freien. Sie hatte Zelte aufschlagen lassen auf einer kleinen Halbinsel am südöstlichen Ufer, unter den Trümmern lateinischer Villen, zwischen uralten Oliven. Sie lagen in Hängematten, unter Moskitonetzen. Schwärzlichblau, ehern lag der See.
    Es geschah das Seltsame, daß der wilde, gelblichweiße Knabe die Häßliche zu lieben begann. Er war schön, schlank, gelblichweiß wie die zerbrochenen Statuen, die da und dort unter den Ölbäumen herumstanden.
    Sie war ein großes, mächtiges, starres, zaubervolles, häßliches Götzenbild. Was waren die jungen, schlanken, heißen Mädchen, die schwerer atmeten, wenn er in ihre Nähe kam? Gänse waren sie, leer und dumm und albern waren sie, eine wie die andere. Die Herzogin war etwas ganz Besonderes, einmalig, voll von uraltem Wissen, die Herrin des Landes in den Bergen, eingesperrt in ihrer rätselvollen, machtvollen, einsamen Besonderheit. Er hängte alle seine Träume um sie herum. Längst war es nicht mehr Ehrgeiz, Eigennutz, Neugier, was ihn an sie band. Wenn er ihr vorschwärmte von dem großen Reich, das er zusammenschweißen wollte vom Po bis zur Donau, wenn sie dann langsam ihre traurige, starre, unsäglich häßliche Fratze ihm zuwandte, geschah es, daß er mitten im Wort abbrach, versank. Etwas in diesem Gesicht ergriff ihn panisch, überschauerte ihn, band ihn geheimnisvoll, unlöslich. So waren sie zusammen in dem brütenden Mittag, die Herzogin, ein großes, tristes, altes Sagentier aus einer versunkenen Zeit, umkrustet mit den Narben zahlloser Kämpfe, träge von endlosem Erleben, und der Knabe, palmenschlank und biegsam, der letzte, späte Enkel der ungeschlachten Eroberer, mit heißen, dunkeln Augen aus dem weißen Gesicht in eine Zukunft schauend, die für jene Vergangenheit war.
    Sie zerlegte einen Granatapfel. Der blutige Saft troff über ihre geschminkten Finger. Ihr weiter, wüster Mund nahm die glasklaren Kerne auf, sie zerspritzten unter ihren schrägen, großen, malmenden Zähnen.
    »Wie seltsam !« dachte sie. »Dieser Knabe schaut zu, und ihn ekelt nicht. Es scheint fast, er hält sich nicht aus Eigennutz zu mir. Ich bin alt geworden, leer, trocken, und jetzt kommt einer und liebt mich .« Sie dachte an Chretien de Laferte, sie strich mit ihrer plumpen Hand über Aldrigetos strahlend schwarzes Haar. Mit einer jähen Bewegung warf der Knabe den Kopf herum, biß sie in die Hand. Dann lachte er, nicht bösartig. Silbern standen die Oliven, dunstig im Mittag flirrten die stillen, trägen, seligen Ufer des Sees.
    In Tirol indes, während die Herzogin in Italien

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