Die haessliche Herzogin
länglichen, blauen Augen waren oft und einverständnisvoll auf dem schlanken, schwarzen Friedrich, ihre schmalen, kühnen Lippen lächelten dem Abensberger zu, mit den langen, weißen Händen streichelte sie das Murmeltier Herzog Meinhards. Alle waren begeistert und beglückt.
*
»Darf ich Eurer Durchlaucht Bericht erstatten«, sagte der Frauenberger zu Margarete, »wie der Markgraf starb ?«
Margarete war sehr dick geworden. Schlaff hing, in wüsten Falten, von dem äffisch sich wulstenden Maul die Haut herunter; weiter oben war sie voll von Rissen und Warzen, die die Schminke nicht mehr verdecken konnte.
»Ja«, sagte der Frauenberger und feixte, »der Markgraf war vergnügt wie selten, als wir aufbrachen. Wir hatten getrunken, er und ich. Ich hielt mich immer bei ihm. Er fiel vom Pferd zur Seite. Er war nicht sehr entstellt. Es ist sonderbar, daß ihn in der Nähe Münchens der Schlag rührte. Ganz wie den Papa.«
Margarete erwiderte nichts. Ihre sonst so erfüllten Augen blickten starr und leer. »Na, na, Herzogin Maultasch«, quäkte Konrad, »wir werden es mit dem Meinhard nicht schwer haben. Ein bißchen scheu, aber ein guter Kerl. Der Niederbayer hetzt ihn auf, der Friedrich, der Schwarze, der dumme Junge. Abwarten!
Nicht bange werden. Einen Kuß hab ich wohl verdient«, grinste er. Aber wie der Atem seines breiten Mundes ihr näher kam, zuckte sie zurück, überschauert. »Na, dann nicht«, sagte er gemütlich.
Mit Herzog Rudolf von Österreich war auch der uralte Abt Johannes von Viktring nach München gekommen. Er war nun ganz wackelig geworden, ausgehöhlt, zitterig, hielt die meiste Zeit die Augen geschlossen, mummelte gelegentlich Unverständliches vor sich hin. Er streichelte Margarete, seine Haut war noch trockener als die ihre, er nannte sie: »Mein gutes Mädchen .«
Später ließ sie ihn zu sich bitten. Erzählte ihm von dem mattfarbenen Fläschchen, ihr Gespräch mit dem Frauenberger, Wort um Wort. Es war keine Beichte und mehr als eine Beichte. Er hockte da, verschrumpft, erloschen, sie wußte nicht, ob er verstand. Dies war auch gleichgültig; wichtig war nur, vor lebendigen Ohren zu reden. Doch als sie geendet, zitierte er einen antiken Klassiker: »Viel Furchtbares ist in der Welt, doch nichts furchtbarer als das menschliche Herz .«
Agnes wich dem Frauenberger aus, war kalt zu ihm, spöttisch. Er sagte behaglich: »Sie sind schlechter Laune, Gräfin? Mein Gesicht gefällt Ihnen nicht mehr ?«
Dann klopfte er sie auf die Schulter, grinste, quäkte: »Bist doch eine Gans, Agnes. Hältst dich an die Jungen, die Gecken. Glaubst, das alte Schiff ist leck. Bist eine gute, dumme Gans, Agnes .« Er tätschelte sie, tastete sie ab. Da sie sich ihm entzog, lachte er gemütlich, streckte sich aufs Polster, drehte sich um, gähnte lärmvoll.
Herzog Rudolf, der Habsburger, griff gierig nach den Dokumenten, die ihm sein Kanzler, der kluge Bischof von Gurk, bedeutsam feierlich überreichte. Er vertiefte sich in sie, las wiederholt, fieberisch glühte der sonst so ruhige, beherrschte Mann. Er streichelte die Papiere. Hörte auf die Erklärungen, die ihm der Kanzler, der juristisch ungewöhnlich gebildete Bischof, vortrug.
Von wie ungeheuern staatsrechtlichen Folgen die Auffindung dieser Dokumente sei. Er las nochmals. Küßte feierlich fromm die Pergamente, kniete nieder, betete.
Drückte dem Bischof, der gesammelt dastand und sich kein kleinstes Lächeln gestattete, voll heftigen, erregten Dankes die Hände.
Herzog Rudolf hatte von seinem Vater den harten Tatsachensinn geerbt, den klaren Blick für Realitäten, Möglichkeiten. Er wußte, daß Habsburg noch nicht stark genug war, die Verpflichtungen der Kaiserwürde zu tragen, ohne im Innersten Schaden zu nehmen. Die Wahrung des kaiserlichen Ansehens zwang zu Zersplitterung, sog am Mark. Wittelsbach und Luxemburg hatten es spüren müssen. Es gab nur eines: vorläufig auf diesen äußeren höchsten Glanz klug verzichten, sich aber im Innern so festigen, daß die Kaiserkrone schließlich wie von selbst Habsburg als dem Stärksten zufallen mußte. Dies war die Politik, die Albrecht mit so großem Erfolg vorgelebt hatte.
Rudolf sah klar und nüchtern, daß es für ihn einen andern Weg nicht gab. Eisern zwang er sich, dieses Maß zu halten. Aber er besaß nicht den ruhevollen Sinn seines Vaters, des Lahmen, der am Bewußtsein der realen Macht sein Genüge hatte. Ihn brannte es, daß ein anderer da war, der vor ihm saß, der sein Lehensherr war,
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