Die haessliche Herzogin
aufmerksam. Sie war ein klein wenig voller geworden; aber ihre Haut war ganz glatt. Sie saß leicht und elastisch; der Hals stieg zart und ohne Falte aus dem dunkeln Kleid.
Die Verehrung all dieser Jugend war ihr offenbar ein feiner Jungbrunnen, besser als Bad und Schminke. So sicher und voll Sieg saß sie, daß kaum mehr Hohn um ihre schmalen Lippen war.
»Sie beschäftigen sich neuerdings viel mit Politik ?« fragte Margarete.
»Nein, gnädige Frau«, sagte Agnes, sie war sehr aufmerksam jetzt und auf der Lauer. »Der Herr Herzog und Prinz Friedrich fragen mich zuweilen um meine Meinung. Ich halte dann nicht zurück; warum auch sollte ich? Aber es ist die Meinung einer törichten Frau und will nicht mehr sein .« Sie sprach außerordentlich verbindlich.
»Ich halte Ihre Meinung nicht immer für die rechte, Gräfin Agnes«, sagte Margarete. »Ja, ganz ehrlich, ich bin überzeugt, daß sie dem Lande zuweilen schädlich ist. Ich will Ihnen etwas vorschlagen«, sagte sie heiter, fast scherzend. »Wie wäre es, wenn Sie Ihre Meinungen auf Bayern beschränkten ?«
Agnes erwiderte sehr angeregt, mit der gleichen, leichten, herzlichen Munterkeit wie Margarete. »Sie sind mein Souverän, gnädige Frau. Aber ist nicht auch Herzog Meinhard mein Souverän? Wenn er nun meine Meinung über eine tirolische Angelegenheit durchaus hören will? So freudig ich jedem Wunsch Eurer Durchlaucht folge, wenn der Fürst meine gewiß törichte Ansicht verlangt, darf ich sie ihm verweigern?
Und es kostet Sie doch gewiß nur einen Hauch, und mein albernes Gerede ist weggeblasen .«
Die beiden Damen schauten sich an, beide lächelten.
Der Sieg um die Lippen, in den Augen der Schönen war vielleicht um eine Spur satter geworden. Dann sprach man von anderem. Von den baulichen Veränderungen der Münchner Hofburg, von den Haarnetzen, die jetzt wieder aufkamen von Prag her. Margarete hatte ein schweres, goldenes Gewebe über ihre spröde, harte, gefärbte, kupferne Frisur gelegt. Agnes fuhr sich lässig über ihr starkes, leuchtendes Haar; sie konnte sich mit der neuen Mode nicht befreunden.
Kaiser Karl residierte in großem Prunk in Nürnberg.
Hielt Galatafel, Turnier. Empfing die Ratsherren der Stadt. Fremde Künstler, Gelehrte. Hatte mit ihnen lange, behaglich interessierte Gespräche. Ruhte fern seiner Hauptstadt von den Geschäften aus. Nahm teil an den großen Faschingsfesten, die die reiche Stadt zu Ehren der Römischen Majestät rüstete.
Der Bart des Kaisers, ein stumpfer Keil, begann sich stark zu verfärben, die Haut des hageren Gesichts wurde grau, zerknitterte. Aber lebhaft, schlau, sehr wach blickten über der etwas platten Nase die raschen Augen, der lange, knochige Körper war schnell, sicher.
Der Kaiser war sehr vergnügt. Er hatte zugewartet, bis er ganz fest in der Macht saß. Erst dann hatte er ein Kind gezeugt. Gott hatte seine abwägende Vorsicht gesegnet: es war ein Sohn geworden, ein schwerer, gesunder Knabe, dem er das Reich vererben konnte. Der beglückte Vater hatte das Gewicht des Kindes in lauterem Golde als Weihgeschenk nach Aachen gesandt; dann war er unter seinen Reliquien gekniet und hatte den Gebeinen verkündet: »Ich, Karl der Vierte, Römischer Kaiser, habe einen Sohn und Erben. Ihr lieben, verehrten Heiligen, ihr hocherlauchten Märtyrer! Betet für Wenzel, meinen Sohn !«
Heiter jetzt saß er in Nürnberg, freute sich seiner Dichter und Architekten, vermied Politik, sprach mit seinem Kanzler, dem vielerfahrenen, weltläufigen Theologen, leicht und frei über menschliche und göttliche Dinge, vermehrte seinen Besitz an Reliquien und sonstigen Kostbarkeiten, verlustierte sich an Schlittenfahrten, Mummenschanz, Turnier.
Unerwartet in diese unbeschwerten Tage brach die Herzogin Maultasch. Tief erstaunt waren der Kaiser und seine Herren. Margarete hatte, seitdem Karl sie in Schloß Tirol belagert, zu ihm nur kühle, sehr förmliche Beziehungen unterhalten. Ihre Ankunft, schrieb der Kanzler seinem Freund, dem Erzbischof von Magdeburg, sei eines der fünfzehn Wunderzeichen vor dem Jüngsten Tag. Er machte sich weidlich lustig über die deutsche Messalina, diese moderne Kriemhild, die da zu Hofe fahre, nachdem sie ihr Leben hindurch um ihrer eigenen Liebe und Hasses willen Land und Leute in Kummer und Elend gestürzt. Er schilderte, wie sie beim Turnier in der Loge saß, neben der schönen Prinzessin Hohenlohe, die plumpe Frau, bewarzt wie eine Kröte, dick wie ein Bierbrauer.
Der gutgelaunte Kaiser
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