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Die haessliche Herzogin

Titel: Die haessliche Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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plötzlich mit kräftigen Fingern schmerzhaft scherzend ihr Gelenk, ließ sie lächelnd fahren.
    In Vicenza hatte sie mit dem Herrn della Scala eine kurze Unterredung. Der kluge, mächtige, energische Herr mochte die Herzogin gut leiden, man konnte mit ihr rasch und sachlich verhandeln. Sie sagte, die Episode mit dem kleinen Aldrigeto sei nun zu Ende; sie habe den Knaben in guter, freundlicher Erinnerung.
    Da sie ihn in solcher Erinnerung behalten wolle, möge Herr della Scala ihr die Gefälligkeit erweisen, dafür zu sorgen, daß jener verschwinde. Can Grande schaute sie mit klaren, braunen, gewölbten Augen aus dem starken, fleischigen Gesicht aufmerksam und verständnisvoll an, neigte sich höflich.
    Aus brütender, sommerlicher Versunkenheit tauchte Margarete empor in die frischere Luft der heimatlichen Berge. Man begrüßte sie ohne Schwung. Das Land litt. Die Münchner Regierung der Artusrunde, von den Launen der Agnes abenteuerlich hin und her gerissen, preßte experimentierend hier und dort an Tirol herum, machte das Land krank. Die Städte verfielen, der Bauer, zusammenbrechend, knurrte. »Die Maultasch macht uns kaputt«, hieß es. »Sie saugt uns das Blut aus. Jetzt, wo der Markgraf tot ist, erweist es sich klar, daß alles Gute von ihm kam, alles Schlechte von ihr .«
    Margarete, mit kräftiger Hand, riß die Zügel an.
    Rottete die schlimmsten Übelstände aus. Milderte den Vollzug der Vorschriften, die von München kamen.
    Das Volk atmete auf: »Ah, nun hat, endlich, Agnes von Flavon eingegriffen! Die schöne, gesegnete Agnes! Unser Engel, unsere Retterin.«
    In der Loggia von Schloß Schenna saß mit dem Schloßherrn Margarete. An den Wänden schritten die bunten Ritter, Garel vom Blühenden Tal, der Löwenritter. »Wie gut, daß Sie aufgewacht sind !« sagte Herr von Schenna. Hell und freundlich lagen die Berge, sich drängend, gewellt. Frischer Wind ging, Obst und Wein lag fast gereift, besonnt.
    »Warum haben Sie mich nicht früher geweckt ?« sagte Margarete.
    »Sie mußten durch diesen Sommer allein hindurch, Herzogin Margarete«, sagte Schenna.
    Der Frauenberger quäkte: »Wie schade, daß Sie schon Schluß gemacht haben, Herzogin Maultasch! Er war ein hübscher Junge, gelblichweiß, südlich. Und Ihnen so hemmungslos ergeben. Das findet sich nicht alle Tage. Was haben Sie hier? Arbeit, Dreck, Mist. Hätten Sie die Münchner Lausbuben ihren Fasching ruhig zu Ende hetzen lassen. Die wären schon von allein an ihrer Tollheit erstickt .«
    Die Herzogin fuhr beschwerlich in schneereichem Januar nach München, sich das Gewese der bayrischen Artusrunde an Ort und Stelle zu beschauen. Mit Mißtrauen, Zurückhaltung, starrer Höflichkeit wurde sie in der Hauptstadt empfangen. Meinhard, als sie fester zupacken, klare Auskunft von ihm haben wollte, drückte herum, blöde lächelnd, sagte, er regiere zusammen mit seinen ritterlichen Kameraden, stammelte etwas von Weiberregiment, warf sich schließlich in die Brust, ein paar Worte des Prinzen Friedrich von den aristokratischen Grundsätzen deklamierend, die an Stelle des jämmerlichen, krämerhaften, modernen Pöbelregimes gesetzt werden müßten. Sie hatte eine Unterredung mit dem Landshuter Prinzen. Der erklärte ihr schlank, kühl, höflich, hochmütig, seines Wissens sei Herzog Meinhard mündig. Es stehe bei ihm, wem er sein Siegel anvertrauen wolle. Ihr mütterlicher Rat werde stets gehört werden. Weiter kam sie nicht.
    Überall stieß sie auf Agnes. Ihre Farben, ihre Sitten, ihre Launen, Moden, Neigungen gaben dem Hof sein Gesicht, bestimmten die Regierung des Landes.
    Agnes machte der Herzogin den Besuch, den die Etikette verlangte. Schlank, schlicht saß sie vor der häßlichen, plumpen, geschminkten, prunkenden Margarete. Ihre tiefen blauen Augen lächelten höflich in selbstverständlichem Triumph in die erfüllten, dringlichen, drohenden der andern. Im Kamin brannte ein starkes Feuer, der Duft des verbrennenden Sandelholzes füllte den großen, dunkeln Raum.
    »Sie leben jetzt immer in Bayern, Gräfin Agnes ?« fragte Margarete.
    »Durchaus nicht, Frau Herzogin«, erwiderte Agnes, und ihre etwas scharfe Stimme stach grell ab von der warmen, dunkeln Margaretes. »Ich beabsichtige schon in den nächsten Wochen nach Taufers zu gehen. Nötig freilich ist meine Gegenwart nicht. Ich habe tüchtige Beamte; auch hat Herr von Frauenberg die Liebenswürdigkeit, sich der Verwaltung meiner Güter anzunehmen .«
    Die Herzogin betrachtete Agnes still und

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