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Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)

Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)

Titel: Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Bluhm
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ich auf das Schlimmste vorbereitet bin. «Es wird ein gaaanz tolles Fest.»
    Katja stellt eine Flasche Mineralwasser und ein Glas auf den Tisch. «Noch haben wir nicht mal einen Baum», sagt sie warnend mit einem Seitenblick auf Bernd, der wieder im Sessel lümmelt.
    «Und wie nennst du das, was auf dem Balkon steht?», wehrt er sich mit ruhiger Stimme.
    «Das hässlichste Monstrum der …»
    «Moment», gehe ich dazwischen, bevor sie sich an die Gurgel springen. «Darf ich das Streitobjekt mal begutachten?»
    Katja verschränkt abweisend die Arme. «Egal wie lange oder liebevoll du die Krücke auch betrachtest. Schöner wird sie dadurch nicht.»
    Bernd erhebt sich umständlich und öffnet mir dann die Tür zu der vom Wohnzimmer abgehenden überdachten Loggia. Wettergeschützt lehnt der Baum in der Ecke des länglichen Balkons.
    «Und, was ist das für eine Tanne? Ich meine, welche Sorte», frage ich meinen Schwiegersohn, der das Nadelgewächs jetzt an der Spitze anpackt, um es aufrecht zu präsentieren.
    Es ist zwar bereits dunkel, doch durchs Fenster fällt ausreichend Licht, um beurteilen zu können, dass es sich um einen ganz normalen Christbaum handelt. Jedenfalls, was ich darunter verstehe.
    «Eine Tanne halt», antwortet er achselzuckend und stellt das Gewächs wieder ins Eck. «Ich glaube, der Verkäufer hat
Nordmann
gesagt. Die würden besonders lange halten, nicht nadeln und ließen sich am sechsten Januar prima durchs Fenster entsorgen. Fand ich ein gutes Argument. Wie auch immer, es ist ein prächtiger Weihnachtsbaum, der eine Stange Geld gekostet hat. Dafür hätten wir locker in einem Fünf-Sterne-Restaurant essen können.»
    «Ausgerechnet
du
möchtest ein überteuertes Restaurant besuchen, wo man höchstens daumennagelgroße Portionen auf dem Teller hat?» Katja steht plötzlich hinter mir. «Und der …» Sie zeigt mit spitzen Fingern auf das arme Bäumchen. «Ist erstens viel zu klein, denn ein richtiger Christbaum reicht bis zur Decke. Und zweitens lasse ich keine Nordmanntannen in mein Wohnzimmer! So einen Allerweltsbaum, den jeder hat.» Sie redet sich in Rage. «Mit etwas gutem Willen lasse ich die Krücke als Edelfichte durchgehen. Der Verkäufer hatte keinen blassen Schimmer von Weihnachtsbäumen. Coloradotannen sind etwas ganz Besonderes. Sie wachsen pyramidenförmig, haben lange silberne Nadeln und duften nach Zitrone. Im Übrigen hast du mir immer noch nicht verraten, welches Schlitzohr dir dieses … dieses Dingsda aufgeschwatzt hat.»
    «Unten, auf der Theresienwiese», antwortet Bernd grummelnd, während er uns zurück ins Zimmer schiebt und die Balkontür wieder schließt. «Aber ich kapiere nicht, was du für einen Bohei machst. Die Dinger sehen doch alle gleich aus. Wir hängen einfach eine Überdosis Kugeln und den andern Schmuck dran, und gut is.»
    Katja ignoriert seine Argumente. «Nicht
wo
, sondern
wer
ihn dir verkauft hat, würde ich gern wissen. War es vielleicht ein arabischer Wüstenprinz, der unsere Bräuche nicht kennt und natürlich auch keine Ahnung hat, wie eine Coloradotanne aussieht? Dann rede ich mit ihm, vielleicht tauscht er den Baum um.»
    Bernd murmelt etwas vor sich hin, das sich wie «Kann mich nicht erinnern, wie der Typ aussah» anhört, und das Thema ist damit beendet. Vorerst.
    Ich setze mich wieder aufs Sofa zu Jan und Eric, die noch immer Udo Jürgens lauschen.
    «Oma, malsst du jezz Pläzzchen mit uns an?», zischelt Jan durch die niedliche Zahnlücke.
    Was Katja wohl dazu gesagt hat?, frage ich mich, stelle die Frage aber ganz sicher nicht laut.
    «Gaaanzz bunt und gaaanz viele Perlen, wir wollen doch gewinnen.»
    Katja fährt herum. «Die sind noch unglasiert?! Ich dachte, das habt ihr heute Vormittag erledigt.»
    «Na ja … Die Zeit verging so rasend schnell, dann hat Jan den Zahn verloren und auf einmal warst du schon da, um die Jungs abzuholen.»
    Katja hört mir gar nicht richtig zu, verlässt das Wohnzimmer und kommt kurz darauf mit den zwei Plätzchendosen zurück. Sie stellt sie auf den Couchtisch und nimmt die Deckel ab. «Der Zahn war doch schon seit Tagen locker, irgendwann musste er ja rausfallen …» Sie wirft mir einen verzweifelten Blick zu. «Mama, wie sollen wir das nur alles schaffen?»
    «Wie,
alles
?», frage ich nach. «Was hattest du denn heute noch vor? Ich dachte, es gibt Abendessen, und wir unterhalten uns ein bisschen.»
    «Noch mal Eimer-Christmas!», kräht Eric am Ende des Liedes.
    Als Jan die CD erneut abspielen

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