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Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)

Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)

Titel: Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Bluhm
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erwidere ich seinen Toast.

15. Dezember, Sonntagabend,
3. Advent, noch 8,25 Tage bis Weihnachten

    Katja wohnt mit ihrer Familie auf der Schwanthaler Höhe in einer Vierzimmerneubauwohnung, etwa eine halbe Stunde Fußweg von mir entfernt. Im Sommer ist das ein gemütlicher Spaziergang über den Goetheplatz und die Theresienwiese. Nach dem kalorienlastigen Nachmittag wäre etwas Bewegung zwar nötig, aber ich nehme ein Taxi, denn ich bin spät dran. Und Katja hasst Unpünktlichkeit.
    Weit nach der vereinbarten Zeit klingle ich bei meiner Tochter.
    «Na endlich!», empfängt sie mich in einer seltsamen Mischung aus Besorgnis und Verärgerung. «Ich dachte schon, wir müssen dich als vermisst melden.»
    «Ich freue mich auch, dich zu sehen.» Ich umarme mein besorgtes Kind, die in Jeans, einem rot-weiß-getupften Fleecehemd und der Weihnachtsmannschürze heute tatsächlich wie ein Teenager aussieht. «Es ist alles in Ordnung.»
    Sie schnüffelt an mir. «Mama, du hast getrunken!», stellt sie dann schockiert fest.
    «Nur einen Fingerhut voll Glühwein!», gluckse ich überdreht. «Mit Friedrich Hirsch von der Apotheke. Du erinnerst dich doch sicher an ihn und Solveig, oder?» Ich schäle mich aus dem Mantel, den sie mir abnimmt und an die Garderobe hängt.
    «Du hattest ein Rendezvous mit dem alten Hirsch?», scherzt sie auf dem Weg ins Wohnzimmer. «Hast du deshalb nicht bemerkt, wie die Zeit vergeht?»
    «Kein Rendezvous! Wir haben uns zufällig vor dem Friedhof getroffen, wo sich auch das Grab seiner Frau befindet», erkläre ich mit fester Stimme.
    «So, so …» Katja öffnet die Tür, und als die Jungs auf mich zustürmen, bleibt mir jede weitere Diskussion erspart.
    «Oma, hör mal.» Eric zerrt an meinem Kleid. «Papa hat eine lustige CD von Udens.»
    «Udo Jürgens», berichtigt Bernd, der in bequemen Jogginghosen und blauem Pulli im Sessel lümmelt.
    Mein dunkelblonder Schwiegersohn trägt eine Hornbrille, die ihm einen intellektuellen Touch verleiht. Er wirkt damit wie ein Lehrer oder Professor. Einer, der hauptsächlich am Schreibtisch arbeitet, wie sein Bauchansatz verrät. Aber er gehört zur sympathischen Lieblingslehrer-Fraktion, von der man gerne unterrichtet worden wäre. Bernd lehrt Musik und Philosophie am Gymnasium und wird von seinen Schülern umschwärmt. Ich mochte ihn von der ersten Begegnung an, und es stört mich auch nicht, dass aus der angestrebten Universitätskarriere nichts geworden ist. Zielstrebigkeit ist nun mal nicht sein Ding. Das überlässt er gerne seiner Frau. Auch wenn es oft Streit deswegen gibt, halte ich die beiden für das ideale Paar. Auf meine hektische Tochter wirkt Bernds Phlegma angenehm ausgleichend.
    Mein Schwiegersohn erhebt sich zur Begrüßung und umarmt mich kumpelhaft. «Servus, Ursel … Die Oma möchte sich bestimmt erst mal setzen und ausruhen», wendet er sich dann an die Jungs.
    Ich nehme auf der Dreisitzer-Couch Platz, klemme mir eines der Kissen in den Rücken und strecke die Beine aus. Das Treffen mit Friedrich und der Besuch auf dem rosa Weihnachtsmarkt waren wunderschön, aber ein bisschen anstrengend. Und der Packengel-Job ist auch kein Erholungsurlaub. Aufatmend lasse ich meinen Blick durch das weihnachtlich dekorierte Wohnzimmer schweifen. Auf dem halbhohen Couchtisch liegt eine rote Sternenmuster-Decke, darüber schwebt ein Adventskranz an breiten roten Bändern, geschmückt mit dicken roten Kerzen und goldenen Glaskugeln. An den Fenstern blinken Eiskristalle aus glitzernder Klebefolie, davor baumeln selbstgebastelte Strohsterne und im Bücherregal qualmen drei Räucherwichtel. Auch die Weihnachtskarten ihrer Freunde hat Katja im Regal verteilt und die zahlreichen gerahmten Familienfotos mit kleinen Kugeln geschmückt. Vor dem ihres Vaters brennt eine Extrakerze. Sehr stimmungsvoll, das muss ich zugeben.
    Eric setzt sich an meine Seite. «Omaaa, waaahann hast du denn genuuuhug ausgeruuuhut?»
    «Jetzt», sage ich. «Dann lasst mal hören, ihr Lausejungs.»
    Die Kinder sausen um die Wette zur Hi-Fi-Anlage, die im mittleren Fach des Bücherregals untergebracht ist. Wenige Sekunden danach erklingt Udo Jürgens’ Stimme, der ein Lied in seltsamem Kauderwelsch zum Besten gibt.
    «When the snow falls wunderbar,
    and the children happy are …»
    «Christmas is im Eimer!», krähen Eric und Jan den Refrain dann fröhlich mit.
    «Wie bei uns, gell Oma?», fragt Eric mich, nachdem die letzten Takte verklungen sind.
    «Ach was», winke ich ab, obwohl

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