Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)
möchte, meint Katja, dass es jetzt gleich Essen gäbe und ordnet Händewaschen an. «Aber flotti Karotti», scheucht sie ihre Kinder.
Damit es um des lieben Weihnachtsfriedens willen keine Verzögerungen gibt, begleite ich die Jungs ins Bad. «Die Plätzchen streichen wir später an», verspreche ich auf dem Weg durch den Flur.
Daraufhin verläuft die Säuberungsaktion höchst friedlich. Meine wilden Enkel sind wie zwei kleine Engelchen, die aufgeregt über die Farbe der Piratenschiffe diskutieren.
Eric wünscht sich viele rote Schiffe. «Eine gaaanz große Piralotte, damit die doofe Jasmin Angst bekommt.»
«Eine Piratenflotte?», enträtsle ich die Wortschöpfung.
«Weiß schon, Oma, sowie ganz viele Schiffe. Ein, zwei Trillionen», fügt er noch hinzu.
Jan möchte die Schwerter golden anmalen, damit sie zu Zauberschwertern werden und er die Kindergartenfreunde besiegen kann.
«Wir werden es auf jeden Fall versuchen», antworte ich indirekt. «Aber jetzt schnell, bevor das Essen kalt wird.»
Es gibt Kartoffelsalat und Wiener Würstchen. Das Traditionsgericht der Familie Amberger, das an Heiligabend immer auf den Tisch kam. Katja hat das kulinarische Wettrennen bis Heiligabend in den letzten Jahren aber professionalisiert. Kartoffelsalat und Würstchen reichen heute höchstens noch für den dritten Adventssonntag. Habe ich schon erwähnt, wie Katjas zweiter Vorname lautet? Konsequenz!
Gegessen wird am großen Esstisch. Der alte rustikale Holztisch stand früher in unserer großen Wohnküche und bildet jetzt die Trennung zwischen Katjas offener Küche und dem Wohnzimmer.
Während ich mit den Kindern im Bad war, hat Bernd den Tisch gedeckt. Wie ich sehe, aber nur für fünf Personen.
«Es fehlt noch ein Teller für Madeleine», bemerke ich, als er die Gläser verteilt.
«Psst!», flüstert Bernd, als wäre der Name ein Tabu.
«Sie kommt nicht!», ertönt Katjas ärgerliche Stimme vom Herd. «Meine Schwester hat Besseres zu tun, als mit der Familie einen langweiligen Adventsabend zu verbringen.»
«Ein Praktikum ist eben kein gemütlicher Nebenjob mit garantiert freien Wochenenden», verteidige ich meine Jüngste. «Um Erfolg zu haben, muss man auch Überstunden machen, das müsstest du doch am besten verstehen.»
«Von wegen Praktikum», kontert Katja abfällig. «Fräulein Wohltätigkeit engagiert sich bei einem Weihnachtsbazar für Obdachlose.»
«Du solltest etwas Nachsicht üben, ist doch für eine gute Sache», sage ich, und Bernd nickt mir zu. «Vielleicht taucht sie später noch auf», füge ich hinzu, um die Stimmung zu entspannen.
Katja trägt wortlos den Kartoffelsalat auf.
Bernd betrachtet die Schüssel mit gerunzelter Stirn. «Der sieht … ähm … ganz anders aus … Irgendwie so blass.»
«Das ist Joghurtdressing statt Mayonnaise», verkündet Katja.
Ah, doch eine winzige Änderung. Im Stillen bitte ich um Entschuldigung. Vielleicht geschieht ja noch ein Weihnachtswunder, sie versöhnt sich mit ihrer Schwester, verzichtet auf die Coloradotanne und akzeptiert auch einen ganz normalen Baum.
«Nicht mal ein kleines bisschen Mayo?», hakt Bernd nach.
«Nein! So ist er weniger fett und leichter verdaulich.» Sie klopft liebevoll auf den Bauch ihres Mannes. «Meine süße Biotonne!»
«Papa is eine dicke Tonne», kichern die Jungs hinter vorgehaltenen Händen.
Begeistert stürzen sie sich auf die Würstchen, während Bernd die Kartoffelscheiben lustlos hin- und herschiebt.
Ich habe zwar auch keinen großen Hunger nach dem üppigen Imbiss mit Friedrich, aber eine kleine Portion geht immer. Außerdem hatte Katja die Arbeit, denn auch ein simpler Kartoffelsalat ist nicht in fünf Minuten zubereitet.
«Köstlich, der Michelin-Tester würde drei Sterne rausrücken müssen», lobe ich nach dem Probieren. «Und weniger kalorienreich ist nie verkehrt.» Ich überlege, ob die Gelegenheit günstig wäre, den Gänsebraten für den ersten Feiertag anzusprechen. Aber wie? Auf die Unterstützung meines Schwiegersohnes kann ich vermutlich nicht zählen, nachdem er schon die abgespeckte Kartoffelsalat-Variante moniert hat.
«Omaaa, isst der Weihnachtsmann auch Würstel mit seiner Elfenfamilie?», fragt Eric.
«Hmm … ganz bestimmt!», antworte ich kauend, und im selben Moment beschließe ich, erst das geplante Treffen mit der Hirsch-Familie anzusprechen. «Der Oberelfenkönig mit allen Elfen und den anderen fleißigen Helfern aus der Spielzeugwerkstatt ist natürlich auch eingeladen. Der
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