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Die Haie vom Lotus-Garten

Die Haie vom Lotus-Garten

Titel: Die Haie vom Lotus-Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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verbieten, Gotti. Sie will reden. Sie hat Vertrauen zu mir. Wir
kennen uns seit einer Ewigkeit. Also, was ist euer Problem?“
    Michi holte tief Luft. Gotti
hatte sich ergeben und hielt jetzt die Luft an.
    Michi wischte sich übers
Gesicht. „Wir sind Räuber“, sagte sie, „Räuber und Diebe. Wir machen Menschen
bewußtlos mit einem Narkosemittel, mit K.o.-Tropfen. Dann plündern wir sie auf
eine besondere Weise aus.“
    In die Stille, nur belebt von
den Sterbenslauten des Motors, sagte Beate: „Das glaube ich nicht, Michi. Ihr
wollt mich verkohlen. Ihr... nein, dazu kenne ich euch schon zu lange. Ihr
macht so was nicht.“
    „Doch“, beharrte Michi, „wir
überfallen heimtückisch und um uns zu bereichern die sogenannten
Plastik-Geld-Zahler, nämlich die Kreditkarten-Inhaber, von denen es ungefähr
sechs Millionen bei uns...“
    „Fünfzehn!“ fiel ihr Gotti ins
Wort. „Inzwischen sind es 15 Millionen in der Bundesrepublik Deutschland. Und
es werden jedes Jahr mehr. Egal, ob einer Geld hat oder nicht. Hauptsache, er
hat ein Konto. Das ist — wirtschaftsmäßig gesehen — die Voraussetzung, um
Schulden zu machen. Tja, um diese Kreditkarten geht’s uns.“
    Michi stöhnte auf. „Es sind
harmlose Menschen. Arglose Menschen. Sie ahnen nicht, was mit ihnen geschieht.
Bewußtlos setzen wir sie aus — wie den alten Mann, der übrigens Sittersdorf
heißt und eine junge Ehefrau hat. Sagt er. Wenn die Opfer ihre fünf Sinne
wieder einfangen, stellen sie beruhigt fest, daß ihnen nichts fehlt. Deshalb
laufen auch sicherlich nicht alle zur Polizei, sondern nur die, denen unser
Mittel nachhaltig Übelkeit bereitet. Mit Sodbrennen und Erbrechen.“
    „Und wie macht ihr das mit den
Kreditkarten?“ fragte Beate entgeistert.
    „Wir kopieren die Daten. Machen
eine Kopie der Unterschrift“, erklärte Gotti, jetzt ebenfalls zum Geständnis
bereit. „Das alles liefern wir ab bei unserem Auftraggeber, einer
internationalen Verbrecherbande. Die Ganoven haben das technische Zubehör, um
neue Kreditkarten herzustellen. Fälschungen. Das beklaute Opfer ahnt davon
nichts. Aber die Haie — so nennen sich die Verbrecher — verfügen nun über die
Karte, und einer von ihnen hat auch die Unterschrift ein bißchen geübt. Ganz
genau muß das gar nicht sein. Kein Geschäftsinhaber sieht sorgfältig hin. Und
die Unterschriften fallen ja auch oft verschieden aus bei ein- und derselben
Person. Etwas Rheuma in den Fingern, ein Tennisellbogen, zu eng sitzender
Trauring, überanstrengte Armmuskeln, eingeschlafene Daumen oder eine vergessene
Lesebrille — und schon sieht die Unterschrift anders aus. Ist logisch, nicht
wahr?“
    Beate nickte. „Und dann kaufen
die Verbrecher mit der gefälschten Karte ein?“
    „Exakt. Aber nicht dort, wo das
beklaute Opfer lebt, sondern im Ausland. Teuerstes Zeug. Große Mengen. Was zu
kriegen ist. Weil es im Ausland geschieht, vergeht mindestens ein Monat, bevor
die Belastungen auf dem Konto des Opfers verbucht werden. Die Verbrecher haben
also Zeit. Und dann die Katastrophe. Plötzlich stellt der Karten- und
Kontoinhaber fest: Da werde ich ja um Hunderttausende zur Kasse gebeten — für
Käufe, die ich gar nicht getätigt habe. Aber seine Karte wurde verwendet, seine
Unterschrift ist es — scheinbar. Natürlich läßt er nun die Karte sperren, und
künftig geht nichts mehr. Aber der Schaden ist entstanden, und die
verbrecherischen Käufer, an die sich niemand mehr erinnert, lachen sich ins
Fäustchen.“
    „Wahnsinn!“ rief Beate. „Das
ist ja... kriminell. Warum macht ihr so was?“

    „Weil man uns dazu zwingt“,
Michi begann wieder zu weinen und fuhr schon zum vierten Mal rund um den
Kaiserlichen-Exerzierplatz, der demnächst umbenannt werden soll in
Schleifer-Platz. Michi hatte die Orientierung verloren.
    „Die Verbrecher... die Haie...
zwingen euch?“ Beate wurde zusehends entsetzter. „Aber wieso?“
    „Es ist Erpressung“, erwiderte
Gotti düster.
    „Seelische Erpressung?“
    „Das auch.“
    „Womit erpressen die euch?“
    „Mit unserer Schuld.“
    „Was heißt das?“
    „Wir haben uns schuldig
gemacht. Und wir schulden ihnen... äh... noch 209 000 Mark. Tja, für die Daten
einer jeden abgekupferten Kreditkarte werden uns 250 Mark angerechnet. Wir
müssen also noch 836 000 Kreditkarten-Infos liefern. Dann sind wir schuldenfrei
— und die Haie lassen uns aus ihren Klauen. Noch 836 000 K.o.-Tropfen-Betäubungen
— denn anders kommt man an die Karten nicht ran. Das edle

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