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Die Haie vom Lotus-Garten

Die Haie vom Lotus-Garten

Titel: Die Haie vom Lotus-Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Handwerk der
Taschendiebe haben wir nicht gelernt. Versucht haben wir’s. Aber das ging
gleich in die Hose.“
    Beate war erschüttert. Sie
streichelte Küßchen so heftig, daß der Deckel zu knurren begann.
    „Warum geht ihr nicht zur
Polizei?“
    „Ich sagte es schon. Wir sind
erpreßbar. Wir stecken tief in einer Schuld.“
    „Wieso?“
    Michi fuhr jetzt die sechste
Runde um den Kaiserlichen-Exerzierplatz und heulte wie ein Wasserfall.
    „Weil wir blöd sind“, rief sie.
„Wir verdienen es nicht besser.“
    Gotti sagte: „Leider kann ich
da nicht widersprechen.“
    „Ich will’s wissen.“ Beate
hielt Küßchen die Schnauze zu, denn sein Knurren übertönte mittlerweile den
Motor.
    „In unserem Alter“, sagte Gotti,
„ist man noch so leicht verführbar. Die Unschuld der Jugend, nicht wahr? Man
will alles — und das sofort. Aber die Taschen sind leer. Da wird selbst ein
edler Charakter schwach — und denkt: Einmal mache ich’s. Den Junkies ist ja
doch nicht zu helfen. Nur einmal. Einmal fettes Geld für wenig Arbeit. Damit
man endlich mal den Bär aus dem Stall lassen kann. Und das Risiko schien nicht
groß zu sein.“
    „Wobei?“
    „Wir waren im Sommer in der
Türkei“, erklärte er. „Tolles Land. Und so gastfreundlich. Nur politisch ein
bißchen instabil. Aber man soll auch da die Hoffnung nicht aufgeben. Eigentlich
war alles Zucker. Mit der einzigen Einschränkung, daß sich Michi immer am
Baklava überfressen hat.“
    „Und du hast zuviel Moussaka
verputzt“, konterte sie.
    Beate wußte, daß es sich beim
Baklava um ein leckeres Strudelgebäck mit Walnüssen und Honig handelt und beim
Moussaka um Hackfleisch mit Auberginen.
    „Dann lernten wir den Mann
kennen“, sagte Gotti und leckte sich die Lippen. Offenbar dachte er an die
griechisch-türkische Küche.
    „Wie hieß er doch gleich?“
fragte Michi.
    „Habe ich vergessen.“
    „Ich auch.“
    „Am besten, man vergißt ihn,
diesen Mistkerl. Mit ihm fing alles Elend an.“
    „Ein Türke?“ fragte Beate.
    „Nein, ein Deutscher. Ich
glaube, er hieß Arnold. Jedenfalls tranken wir zusammen etliche Flaschen Wein
und kamen uns menschlich näher. Als unsere Vertraulichkeit schon fast
grenzenlos war, ließ er die Katze aus dem Sack. Augenzwinkernd fragte er uns,
ob wir ganz auf die Schnelle satte 50 000 verdienen wollten. Natürlich wollten
wir. Es gehe nur darum, ein bißchen zu schmuggeln. Ist ja ein Kavaliersdelikt,
nicht wahr? Er zwinkerte noch heftiger mit seinen Glubschern und erklärte, wir
müßten ein Paket — eigentlich nur ein Päckchen — hierher bringen. In das
Restaurant Lotus-Garten in der Rappelherz Straße.“
    „O Gott!“ sagte Beate.
    „Ja, hätten wir an den nur
gedacht. Aber wir dachten an die 50 000. Natürlich ahnten wir, daß es sich um
Rauschgift handelt. Aber das haben wir verdrängt. Arnold — oder wie er auch
heißt — gab uns ein verschnürtes Päckchen. Ich schätze mal, es wog zwei Kilo.
Außerdem war es ringsum so zugeklebt, daß wir den Inhalt nur ahnen konnten. Das
Päckchen roch nach nichts. Und Arnold schärfte uns ein, sorgsam damit
umzugehen. Denn im Falle eines Falles müßten wir für den Schaden aufkommen. Das
hätte uns stutzig machen müssen. Aber wir haben nur an das Geld gedacht.“
    „Und wie ging’s weiter?“
    „Wir haben das Päckchen im
Wagen versteckt. In diesem hier. Vor einem halben Jahr war er noch besser bei
Puste. Dann sind wir los. Arnold hat uns Glück gewünscht. Er selbst, sagte er,
könne als Kurier nicht mehr arbeiten. Weil er polizeibekannt wäre. Wir dagegen
sind unbescholten, sagten wir uns, und nicht an jedem Fahrzeug schnüffelt der
Drogenhund an der Grenze. Und so war’s auch. Wir hatten tatsächlich Glück. Wir
haben die Grenzen passiert, als gäbe es sie nicht. Einmal hatten wir
Schweißausbrüche, als ein Drogenhund, angeleint, unsere Rostlaube umrundet hat.
Aber er hat nichts gemerkt — trotz der mißtrauischen Blicke des Hundeführers.
Wir sind also unbehelligt wieder eingereist in die BRD.“
    Beate nickte. Sie lauschte mit
einem Gemisch aus Neugier und Entsetzen.
    „Wir kamen zurück in diese
unsere Stadt“, fuhr Gotti fort mit seinem Bericht, „stellten unseren Wagen bei
der Michi auf den Hof und packten alles aus, unsere sieben Sachen. Natürlich
auch das geheimnisvolle Päckchen. Das heißt, wir wollten es auspacken. Aber es
war nicht mehr da. Es war weg. Verschwunden. Hatte sich in Luft aufgelöst. Wie
durch Zauberei. Nein, nicht durch

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