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Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition)

Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition)

Titel: Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. H. T. Osenger
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fragte sich, welcher Kummer die Jungen bedrücken mochte.
     
    Als nächstes radelten sie ziellos durch Rosellen und fragten Passanten nach einem Ortsteil Schlicherum, den sie suchen würden. Sie gaben sich dabei als Ortsfremde aus. Sie wurden mehrmals auf Bettikum verwiesen, einmal auf Derikum, aber von Schlicherum hatte noch nie jemand etwas gehört. Mit der Zeit wurde die Situation für Lars und Mike immer unwirklicher. Als sie allein auf der Straße waren sagte Mike mit Verzweiflung in der Stimme: „Also, ich glaube wir sollten uns schon mal beim Pastor für die Nacht anmelden, damit er sich darauf einstellen kann, dass er Gäste hat.“
    Lars widersprach: „Nein, ich esse bei ihm, aber schlafen würde ich lieber in unserem Zelt. Aber lass uns noch mal alles von vorne durchgehen. Ich schlage vor, wir fahren zum Haus vom verrückten Lubronski. Da ist der ganze Zirkus losgegangen. Vielleicht ist einfach alles wieder wie vorher, wenn wir dorthin zurückradeln. Vielleicht passiert ein Wunder.“
    „Vielleicht, vielleicht, vielleicht“, murmelte Mike unzufrieden. Aber er wendete ebenfalls sein Rad.
    Es hatte sich nichts verändert. Die Landstraße war zu beiden Seiten leer. Einzig das Haus aus dunkelroten Backsteinen stand einsam in der Ferne. Lars stoppte an einer Stelle.
    „Ich glaube, hier müsste der Römerweg abgegangen sein.“ Er wies mit der Hand auf eine Stelle weiter vorn. „Und dort die Hahnenstraße.“
    Mikes Nerven waren überreizt. Er reagierte unnötig heftig. „Woher willst du das denn wissen? Hier ist doch überhaupt nichts mehr zu erkennen. Hör doch auf, so einen Quatsch zu erzählen!“
    Sofort brüllte Lars zurück: „Hör du auf, mich so anzuschnauzen. Ich kann auch nichts dafür, dass unser Zuhause weg ist.“
    Für einen kleinen Moment starrten die beiden sich feindselig an. Dann wurde ihnen plötzlich klar, dass es keinen Grund gab zu streiten. Im Gegenteil, sie waren Leidensgenossen und die einzigen, die sich gegenseitig Trost und Beistand geben konnten.
    „Schon gut“, sagte Mike kraftlos, „ich hab´s nicht so gemeint. Ich habe langsam die Nerven blank liegen.“
    „Ich doch auch“, echote Lars.
    Ohne ein weiteres Wort fuhren sie in Richtung des Backsteinhauses. Aber je näher sie ihm kamen, desto langsamer und kraftloser traten sie in die Pedale. Der Grund dafür war, dass vor dem Haus der Eigentümer und Bewohner stand. Dieser seltsame und nicht einzuschätzende Lubronski, der allen als verrückt oder zumindest als Sonderling, bei vielen gar als Verbrecher galt.
    „Warum peilt uns der Kerl so an?“, fragte Mike leise.
    Lars zuckte die Achseln. „Keine Ahnung!“
    „Wollen wir denn an seinem Haus stehen bleiben, solange er da ist?“
    Lars überlegte kurz, verminderte dabei die Geschwindigkeit, dann fuhr er wieder schneller. „Nein, lass uns vorbei fahren und später wieder zurückkommen.“
    Lubronski stand bewegungslos, eine düstere Erscheinung, auf den zwei Stufen, die zur Haustür hinauf führten. Er mochte Ende fünfzig oder Anfang sechzig sein, war nicht besonders groß, drahtig und hager, hatte einen eisgrauen Schnurrbart und angegrautes, ehemals schwarzes Haar, das immer wie eine Bürste kurz geschnitten war. Mit zusammengekniffenen Augen sah er den Jungen entgegen. So schien es zumindest.
    Die Jungen hatten zu diesem Mann eine zwiespältige Einstellung. Einerseits fanden sie ihn ganz schön cool, wenn er auf seinem Motorrad angeknattert kam. Die alte Harley und die dunklen abgeschabten Lederklamotten passten irgendwie zu ihm. Außerdem fanden sie Leute interessant, die außerhalb der braven und ordentlichen, bürgerlichen Gesellschaft standen. Über Lubronski wurde viel gemunkelt, so hieß es zum Beispiel, er sei am Verschwinden seiner Frau vor einigen Jahren nicht so ganz unschuldig gewesen, manche wollten sogar wissen, er habe sie umgebracht oder zumindest einen Mörder für diese Tat gedungen. Andere redeten im Brustton der Überzeugung, sie wüssten ganz genau, dass er seinen Lebensunterhalt durch Rauschgiftschmuggel verdiene. Dazu passte die Tatsache, dass dieser Mann immer wieder in unregelmäßigen Zeitabständen spurlos verschwand und plötzlich wieder auftauchte.
    Andererseits hatte Lubronski tatsächlich eine Ausstrahlung, die auf die Jungen unheimlich wirkte. Sie hatten schon einige Male in Erwägung gezogen, ihn auf seine Harley-Davidson anzusprechen, die immer wieder für Geräuschbelästigung sorgte. Sie hatten sich königlich amüsiert, wenn

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