Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition)
alles an Kapital los. Es ist wohl besser, wenn du jetzt gehst.“
Lars kämpfte mühsam die Tränen hinunter, dabei schüttelte er nachdrücklich den Kopf. „Ich bleibe bei dir. Und wenn du alles verloren hast, suche ich die anderen. Vielleicht wissen sie, wie wir dich befreien können.“
Mit einem leichten Lächeln auf den blassen Lippen sagte die weiße Frau: „Ach, es gibt noch mehr von euch hier? Wie schön!“
Lars knurrte die Frau an und zeigte dabei seine Zähne, als wolle er ihr einen Biss in den weißen, makellosen Hals androhen. „Keine Sorge, die werden nicht spielen, dafür sorge ich!“
„Dann haben sie hier nichts verloren.“ Das kleine Lächeln war wie weggewischt.
Die Karten für die nächste Runde wurden verteilt. Lars registrierte, dass Mike nach dem Aufnehmen der Karten plötzlich zusammenzuckte, dann sehr langsam und vorsichtig das Blatt vor sich legte. Lars hatte den Grund für Mikes Aufschrecken gesehen. Er hatte drei Damen bekommen. Einen Drilling! Ein ziemlich gutes Blatt! Lars versuchte Gleichmut zu bewahren und sich nichts anmerken zu lassen. Am besten ist es, wenn ich in seine Karten gar nicht mehr hinein sehe, dachte er. Dann kann ich durch mein Mienenspiel auch nicht verraten, wie gut sein Blatt ist.
Mike tauschte nach den Einsätzen zwei Karten. Mit bebenden Händen sah er sie ein, hob sie aber nur so leicht an, dass er selbst einen Blick darauf werfen konnte und Lars nicht. Mit gleichgültigem Blick, als habe sie Langeweile, sah ihn die weiße Frau an. „Nun?“
Mike räusperte sich, dann atmete er tief durch. Als er zu sprechen begann hörte Lars in der Stimme des Freundes das Zittern höchster Anspannung und Nervosität. „Ich möchte dir eine Wette besonderer Art vorschlagen, die es so in den Pokerregeln nicht gibt. Ich bin bereit, alles, was ich noch habe, auf mein Blatt zu setzen. Aber natürlich nur unter der Bedingung, dass du das ebenfalls tust.“
Die Häme und Bosheit kamen auf die Züge der Frau zurück. Mit Triumph in der Stimme sagte sie: „Du bist dir doch darüber im Klaren, dass du dann verloren hast, Kleiner, oder etwa nicht? Hältst du dein Blatt für so gut?“
„Ich halte es für noch besser“, entgegnete Mike, all seinen Mut zusammen nehmend. „Du siehst mein Blatt nur, wenn du auf diese Bedingung eingehst.“
Mit einem bösen Auflachen klatschte die Weiße die Hände zusammen. „Ich habe wieder einen neuen Gefangenen. Schade, diesmal hat es gar nicht lange gedauert. Kleiner, wenn du meinst, dass du gegen mein Blatt gewinnen kannst, dann bist du auf dem Holzweg!“
Und mit diesen Worten schob sie denn gesamten Bestand an Münzen, der vor ihr lag, in die Mitte des Spieltisches. Mit zitternden Fingern tat Mike es ihr gleich, wenn er auch nur viel weniger Münzen zu bewegen hatte. Das böse Lächeln blieb diesmal auf ihrem Gesicht, als sie verlangte: „Ich bin auf deine Bedingung eingegangen. Jetzt decke dein Blatt auf.“
Mike versuchte, das Beben seiner Hände zu unterdrücken. Es gelang ihm nicht. Er drehte drei seiner Karten um. Es waren die drei Damen, die Lars gesehen hatte.
Die weiße Frau lachte auf, das Puppengesicht zu einem üblen Entzücken verzerrt. Sie drehte ebenfalls drei Karten um: Es waren drei Asse! „Bis jetzt ist mein Blatt besser, Kleiner!“
Wie gebannt beobachtete Lars, wie Mike eine weitere Karte umdrehte: Es war die vierte Dame! Ein Vierling! Kaum zu schlagen! Lars spürte, wie sein Herz einen Satz machte.
„Ooooohhhh!“, machte die weiße Frau und legte eine gespielte Enttäuschung auf ihre Züge, die aber sofort wieder ihrer Bosheit wich. Auch sie drehte eine weitere Karte um. Lars spürte, wie sich sein Magen verkrampfte. Das darf doch nicht wahr sein!, schoss es ihm durch den Kopf. Sie hat das höhere Blatt! Mike hat verloren!
Die Frau hatte ebenfalls einen Vierling, vier Asse! Höher als vier Damen!
Wieder klatschte die Weiße in die Hände, lachte schrill und misstönend dabei, wollte nach den Münzen greifen.
„Halt!“, schrie Mike. „Noch gebe ich mich nicht geschlagen. Dreh deine fünfte Karte um!“
Die Weiße lachte so schrill und laut, dass es den beiden Jungen in den Ohren wehtat. „Aber gern, Kleiner, warum denn nicht?“ Sie drehte eine Sieben um.
Mikes Gesichtszüge zitterten vor Aufregung, wahrscheinlich aber auch vor Wut. „So, und jetzt ich! Sieh her!“ Mit bebenden Fingern drehte er seine fünfte Karte um. Es war ein Joker! Nun troff Mikes Stimme vor Häme. „Wenn ich den zu
Weitere Kostenlose Bücher