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Die Hand die damals meine hielt - Roman

Titel: Die Hand die damals meine hielt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie O Farrell
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Kinderzimmer«, hatte sie zu erklären versucht, doch ihre Stimme klang ihr selbst wie ein weinerliches Quengeln in den Ohren. In seinen Augen flammte Wut auf. Er hatte sich von der Wand abgestemmt und war bis auf wenige Zentimeter an sie herangetreten, so dicht, dass sie einen Augenblick lang dachte, er wollte sie schlagen. »Dieses Kind«, begann er so leise, dass es ihr Angst machte, »hat gerade seine Mutter verloren. Verstehst du das? Es war dabei, als seine Mutter ertrunken ist. Und du? Du kannst nur an dich denken. Du …« Er zögerte und wählte seine Worte mit Bedacht, so wie er es manchmal im Fernsehen tat, wenn er von einem besonders erschütternden Ereignis berichtete, von einer Flutkatastrophe, einer Hungersnot riesigen Ausmaßes oder dem Einsturz eines unersetzlichen Gebäudes. »… du widerst mich an.« Damit drehte er sich um und ging nach unten. Und sie hatte gewusst, dass sie es dabei hätte bewenden lassen müssen, dass sie nichts mehr hätte sagen dürfen, aber sie konnte sich nicht beherrschen, sie rief hinter ihm her: »Du regst dich doch nur deswegen auf, weil es um sie geht. Du kannst es nicht ertragen, dass sie tot ist. Du liebst sie. Du liebst sie, und mich - mich verachtest du. Du glaubst, das weiß ich nicht. Aber ich weiß es. Ich weiß es sehr wohl!«
    Am Fuß der Treppe drehte er sich zu ihr um. Und plötzlich sah sie im Schein der Dielenlampe, dass er geweint hatte. »Du hast recht«, sagte er leise. »In allen Punkten.« Er ging ins Arbeitszimmer und zog die Tür hinter sich zu.
    In der Küche steht Felix auf und geht zur Spüle. Er trinkt ein Glas Wasser; er lässt das Glas neben der Spüle stehen;
er geht zu seinem Sohn. Er legt ihm die Hand auf den Kopf. »Wollen wir anfangen, alter Knabe?«
    Das Kind rührt sich immer noch nicht. Margot ist sich nicht einmal sicher, ob es weiß, dass Felix vor ihm steht. Neben ihr stößt ihre Mutter einen Seufzer aus.
    »Mit unserem Lagerfeuer?«, fährt Felix fort. »Was sagst du dazu?«
    Er sagt gar nichts. Felix ist ratlos.
    Margot räuspert sich. »Soll Daddy schon mal vorgehen?«, fragt sie das Kind mit der spröden Stimme, die sie schon den ganzen langen Vormittag nicht loswird. »Und wenn du fertig bist, gehst du zu ihm raus. Wie findest du das?«
    Ted blinzelt, ein Mal, und Margot und Felix beugen sich vor, um sich seine Antwort ja nicht entgehen zu lassen. Doch es kommt keine.
    »Gute Idee«, sagt Felix, und er schlägt dabei Margots munteren Ton an - er scheint ansteckend zu sein. »So machen wir das. Ich gehe schon mal vor. Und du kannst mir durchs Fenster zuschauen.« Er zieht sich an der Terrassentür die Stiefel an und geht in den Garten. Gloria murmelt, sie müsse sich ein wenig hinlegen, und zieht sich in ihre Wohnung zurück.
    Und Margot ist mit dem Jungen allein. Das in der Sonne glänzende Haar. Die schmalen Schultern unter dem am Kragen geflickten Hemd. Er hat den gleichen entschlossenen Zug um den Mund wie seine Mutter, die gleiche Nasenform, den gleichen leichten Überbiss. Margot wendet den Blick ab. Sie schlägt die Beine übereinander, zupft sich eine Fluse vom Pullover, bauscht ihre Haare noch einmal auf. Als sie wieder zu dem Jungen hinsieht, starrt er sie an, und die dunklen, offenen Augen sind so beunruhigend, so verstörend, dass sie beinahe zusammenzuckt.

    »Huch.« Sie gibt ein kurzes Lachen von sich und steht auf. Sie hält diesem Blick nicht aus, der dem seiner verdammten Mutter so ähnlich ist. Um sich nichts anmerken zu lassen, räumt sie den Teller mit den Würstchen ab. »Ich nehm das weg, ja?« Sie wirft das Essen in den Abfalleimer und stellt der Putzfrau den Teller in die Spüle. Dann fällt ihr etwas ein.
    Sie geht zum Tisch zurück und bückt sich zu dem Jungen. »Theodore«, sagt sie und schluckt krampfhaft. Sie versucht, nicht daran zu denken, dass er mit zweitem Namen Innes heißt - wie konnte diese Frau es wagen? Das verfluchte Weib soll in der Hölle schmoren. Doch sogleich schämt sie sich dieses Gedankens. »Hättest du Lust auf ein Eis? Hm? Wir haben Vanille da oder …«
    »Ich bin nicht Theodore«, sagt er, klar und deutlich. Seine Stimme ist rauer, als sie erwartet hat, tiefer.
    »Nein?«
    »Nein.« Er schüttelt den Kopf.
    »Wer bist du dann?«
    »Ich bin eine sehr scharfe Schere.«
    Margot blinzelt. Sie lässt sich diese Feststellung durch den Kopf gehen. Sie denkt ernsthaft darüber nach, aber sie fühlt sich außerstande, eine Antwort zu formulieren, die dazu passt. Eine Schere, hat er

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