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Die Hand die damals meine hielt - Roman

Titel: Die Hand die damals meine hielt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie O Farrell
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Ted?«
    »Was ich da will?«, knurrt er. »Mit meinen Eltern reden, natürlich.«
    »Es ist schon ziemlich spät«, sagt Elina. »Vielleicht schlafen sie schon. Sollen wir nicht lieber bis morgen …«
    »Entweder ihr bringt mich hin«, sagt Ted, der klingt, als ob er den Tränen nah wäre, »oder ihr lasst mich aussteigen und ich nehme die U-Bahn.«
    »Okay«, antwortet Simmy beruhigend. »Okay. Wenn du unbedingt willst. Aber ich kann ja Elina und Jonah vorher noch schnell zu Hause absetzen.«
    »Ich bleibe bei Ted«, wirft Elina ein. »Kein Problem. Jonah schläft. Ich gehe mit dir«, sagt sie und legt Ted die Hand auf die Schulter.

    Als Simmy auf dem Myddleton Square anhält, ist Ted schon aus dem Auto gesprungen und zur Haustür seiner Eltern gestürmt, während Elina und Simmy noch mit ihren Sicherheitsgurten kämpfen. Elina schnallt Jonahs Sitz los.
    »Kommst du mit?«, fragt sie.
    Simmy dreht sich um, und sie sehen sich an. »Was meinst du?«, fragt er leise.
    »Es wäre vielleicht besser«, antwortet sie schnell.
    Er nimmt ihr den Kindersitz ab. Als sie zur Tür kommen, geht sie gerade auf, und ein Streifen Lichts fällt heraus auf den Bürgersteig. Teds Vater, der ein Whiskyglas in der Hand hält, sagt: »Du liebe Zeit. Hallo, alter Knabe. Wusste gar nicht, dass ihr kommt.«
    »Ich muss mit dir reden«, sagt Ted und schiebt sich an ihm vorbei.
    Elina setzt sich mit Simmy und Teds Vater an den Küchentisch. Ted läuft zwischen Hintertür und Fenster, Tisch und Herd hin und her.
    »Was ist denn eigentlich los?«, fragt Teds Vater und sieht sie der Reihe nach an.
    Elina räuspert sich; sie weiß nicht recht, was sie sagen soll. »Tja, also«, beginnt sie. »Wir waren in Lyme …«
    »Ich will eine Antwort von dir«, brüllt Ted quer durch die Küche, so laut und unvermittelt, dass Elina erschrocken herumfährt. Er hat seine Brieftasche in der Hand und kramt etwas daraus hervor - Geld? Eine Kreditkarte? Mit zwei wütenden Schritten ist er am Tisch und knallt seinem Vater etwas Weißes unter die Nase, ein Stück Papier oder Pappe. »Wer ist das?«
    Ein langes Schweigen setzt ein. Teds Vater wirft einen Blick auf das Papier und sieht schnell wieder weg. Er nimmt seine Zigaretten aus der Hemdtasche, schüttelt eine aus dem
Päckchen, steckt sie in den Mund und lehnt sich zur Seite, um das Feuerzeug aus seiner Gesäßtasche zu fummeln. Seine Hände zittern. Er hat das Feuerzeug erwischt und legt es platt auf den Tisch. Statt danach zu greifen und sich die Zigarette anzuzünden, greift er nach dem Papier, der Pappe, der Postkarte und hält sie sich vors Gesicht. Elina beugt sich neugierig vor. Es ist eine Schwarzweißaufnahme von einem Mann und einer Frau, die an einer Hauswand lehnen. Erst glaubt sie, dass sie das Foto noch nie gesehen hat, dann wird sie unsicher, und plötzlich wird ihr klar, dass es eine Aufnahme aus der John-Deakin-Ausstellung ist, zerknickt und verbogen, weil sie zusammengefaltet in Teds Brieftasche gesteckt hat. Elina macht schon den Mund auf, um etwas zu sagen, doch sie überlegt es sich anders.
    Teds Vater lässt die Karte sinken. Er lehnt sie bedachtsam an einen Salzstreuer. Erst jetzt zündet er sich die Zigarette an. Er nimmt einen Zug, stößt den Rauch aus, nimmt noch einen Zug.
    Und dann gibt er den unglaublichen Satz von sich: »Das ist deine Mutter.«
    »Meine Mutter?«
    »Deine richtige Mutter. Lexie Sinclair.« Er reibt sich mit dem Zeigefinger die Stirn. »So hieß sie.«
    Mit beiden Händen, die zu Fäusten geballt sind, stützt Ted sich auf die Tischkante. Er hat den Kopf gesenkt wie ein Bittsteller, wie jemand, der im Begriff ist, die heilige Kommunion zu empfangen. »Und würdest du mir vielleicht auch verraten«, sagt er mit belegter Stimme, »wer dann die Frau ist, die oben im Bett liegt?«
    Felix zieht heftig an seiner Zigarette. »Die Frau, die dich großgezogen hat. Seit du drei Jahre alt warst.«
    »Und du?«, fragt Ted. »Bist du mein Vater?«

    »Ja. Das steht außer Zweifel.«
    »Und ihr ist etwas zugestoßen. Meiner Mutter. In Lyme Regis.«
    Felix nickt. »Sie ist ertrunken.« Er zieht mit der Zigarette einen Kreis um seinen Kopf. »Ein Badeunfall. Du warst dabei. Das war ungefähr eine Woche nach deinem dritten Geburtstag.«
    »War es …? Warst du auch dabei?«
    »Nein. Ein … Freund von ihr war mit euch in Lyme Regis. Ich habe dich an dem Abend abgeholt. Ich habe dich hierhergebracht, und … und Margot hat sich um dich gekümmert.«
    Ted nimmt die Ansichtskarte

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