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Die Hand von drüben

Die Hand von drüben

Titel: Die Hand von drüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Avenue bestellte er Porridge, Rühreier und eine große Kanne schwarzen Kaffee. Das Essen würde ihn aufmuntern, und der Kaffee, hoffte er, würde zusammen mit den Tabletten, die der Barmann ihm gegeben hatte, das seine tun. Sein Zahn meldete sich immer noch regelmäßig mit Hammerschlägen. Er versuchte, an die Arbeit zu denken, die vor ihm lag, aber immer wieder träumte er davon, auf Dr. Hofstetters Behandlungsstuhl zu sitzen und den ersten Stich der Novokainspritze zu spüren, der ihn betäuben und seiner Qual ein Ende machen würde.
    Was sollte er nur für Constable herbeizaubern? Er kannte unendlich viele Tricks, die Medien für ihre betrügerischen Demonstrationen benutzten, aber viele von ihnen verlangten eine gründliche Vorbereitung und waren außerdem für naive Gemüter bestimmt. Constable war bestimmt nicht dumm und hatte den Hokuspokus erst geglaubt, als man ihm einen Beweis geliefert hatte.
    Um zwanzig Minuten vor neun hatte Hero sein Frühstück verzehrt, zahlte, machte sich auf den Weg zur nächsten Untergrundbahnstation und stieg die Treppe hinunter. In drei Minuten erreichte er die Station 72. Street, in drei weiteren die Station 96. Street, wo er in die Bahn umstieg, die an allen Stationen hielt und gerade in den anderen Bahnsteig eingefahren war. Um zehn Minuten vor neun hatte sie die Station 103. Street erreicht. An der nächsten Haltestelle mußte er aussteigen, aber zwischen den Stationen 103. und 110. Street verlangsamte die Untergrundbahn, die bis dahin in schnellem Tempo gefahren war, plötzlich ihre Geschwindigkeit, kroch nur noch mühselig dahin und hielt dann an.
    Im ersten Augenblick dachte sich Hero nichts weiter dabei, denn so etwas passierte bei der Londoner Untergrundbahn auch hin und wieder, wenn der Zug aus irgendeinem Grunde in die nächste Station noch nicht einfahren konnte. Aber als er auf seiner Uhr sah, daß es eine Minute vor neun war und sie immer noch in dem dunklen Tunnel standen, begann er nervös zu werden. Die anderen Fahrgäste in dem Wagen saßen geduldig wie Schafe da, selbst als die Lichter zu zucken begannen, ausgingen und nach wenigen Minuten wieder angingen. Der unverkennbare Geruch von Rauch drang dann durch eins der offenen Fenster ein.
    Die Schiebetüren zwischen den Wagen wurden aufgerissen, und der Schaffner erschien. «Kein Grund zur Sorge, meine Herrschaften», sagte er, «auf der Gegenstrecke hat es Kurzschluß gegeben. Es wird etwa fünfzehn Minuten dauern, bis der Schaden behoben ist. Es hat nichts weiter zu bedeuten. Haben Sie keine Angst.»
    Er ging weiter, um es auch den Leuten in den anderen Wagen zu sagen. Von neuem gingen die Lampen aus, diesmal aber nicht wieder an. Eine trübe Notbeleuchtung wurde eingeschaltet.
    Hero dachte verzweifelt, was Professor Constable tun könnte, wenn er nicht pünktlich um neun bei ihm war. Und der Gedanke, hier unten gefangen zu sein und nichts tun zu können, ließ ihn fast seinen schmerzenden Zahn vergessen. Was würde geschehen, wenn Constable, müde des Wartens auf ihn und annehmend, daß er nicht kommen würde, sich auf den Weg zum russischen Konsulat gemacht hatte? Wieners Männer würden ihn verfolgen und verhaften. Hero begann vor Angst zu schwitzen, und er ging in den ersten Wagen des Zuges und fragte den Zugführer, der ihn aber mit nichts anderem trösten konnte als mit den Worten: «Ohne Strom können wir nicht fahren, Mister. Wenn sie den Strom wieder einschalten, geht’s weiter.»
    Um halb zehn gingen die Lampen plötzlich wieder an, und der Wagen begann zu vibrieren. Langsam fuhr der Zug in die Station 110. Street ein.
    Als Hero wieder oben auf der Straße war, war er zu erregt, um ein Taxi anzuhalten. Er hatte das Gefühl, daß ein Taxi anhalten, die Adresse nennen, das Aufgehaltenwerden an einer Verkehrsampel länger dauern würde, als wenn er zu Fuß ginge, und außerdem traute er Vehikeln nicht mehr. Im Laufschritt machte er sich auf den Weg. Auf seiner Uhr war es jetzt fünfundzwanzig Minuten vor zehn.
    Er war froh, daß es zum Fluß hin bergab ging, als er um die Ecke der 113. Street bog und Professor Constables weißes Haus mit dem Vorbau aus Granit in der Mitte des Blocks erblickte. Und zugleich sah er, daß sich die Tür des Hauses öffnete und Constable herauskam. Er trug in der einen Hand eine Aktentasche, die schwer zu sein schien. Ein Stück tiefer die Straße hinunter fuhr gerade ein Taxi vom Bordstein ab, als habe es soeben einen Fahrgast abgesetzt, und langsam

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