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Die Hand von drüben

Die Hand von drüben

Titel: Die Hand von drüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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der größten Willensanstrengung brachte Hero es fertig zu erwidern: «Nein, nein, nein... nein, danke. Es könnte der Kraft schaden... Ich weiß nicht, vielleicht trinke ich besser nichts.»
    «Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich einen trinke?»
    «Nein, nein, natürlich nicht», antwortete Hero und dachte: Mein Gott, wenn du von dem zurückgerissen worden bist, was du, wie ich glaube, vorhattest, dann brauchst du ihn mehr als ich.
    Constable ging zu einem kleinen Schrank, nahm eine Flasche Scotch und ein Glas heraus, füllte es und leerte es in einem Zuge, füllte es von neuem und kippte das zweite auf die gleiche Art hinunter. «Wollen Sie wirklich nichts trinken? Nein? Nun, vielleicht haben Sie recht, obwohl es mir manchmal fast so vorgekommen ist, als ob Mutter ein bißchen nach Alkohol stänke. Was schlagen Sie vor? Wie wollen Sie es, im Dunkeln, mit Musik?» Er blickte Hero fast begierig an.
    Wie das manchmal in gefährlichen Situationen geschieht, bekam Hero plötzlich einen klaren Kopf, und ohne auf den Schmerz zu achten, der ihn immer noch folterte, wurde er sich jäh zu seiner Beruhigung bewußt, daß er es war, der nahezu alle Karten in der Hand hatte. Constable würde seine Bedingungen annehmen und alles tun, was er vorschlug. Der Mann brannte darauf, wieder in Kontakt zu seinem Kind zu treten. Er war nicht mehr Constable, der scharfsinnige Intellektuelle. Er war der gleiche um sein Kind trauernde Vater, den Hero vor dem Kabinett hatte knien sehen und schamlos vor einer Gruppe von Teilnehmern stammeln hören.
    «Ja, im Dunkeln, glaube ich.» Er stellte einen Stuhl mit dem Rücken zu dem Glaskasten aus Ebenholz, in dem die Wachshand lag, und deutete auf die Ledercouch auf der anderen Seite. «Vielleicht nehmen Sie dort Platz.» Er betrachtete nachdenklich einen Augenblick den Stuhl und sagte dann: «Ich möchte gefesselt werden. Haben Sie einen Strick?»
    «Aber wofür, um Himmels willen?» erwiderte Constable. «Glauben Sie, ich traute Ihnen nicht?»
    Hero schob den Stuhl von dem Glaskasten fort, mehr in die Mitte des Zimmers. «Ich werde versuchen, mich in Trance zu versetzen, und darum wird es das beste sein, wenn ich gefesselt werde. Wenn ich in Trance bin, weiß ich nicht, was ich tue. Aber wenn ich mich nicht rühren kann, weiß ich, was auch immer geschieht, ich war es nicht.»
    Constable nickte. «Ganz wie Sie wollen.»
    Er verließ das Zimmer und ging in den kleinen Flur zur Treppe, die in die Küche führte.
    Hero hörte ihn rufen: «Jane, ich bin wieder da. Ich möchte nicht gestört werden.» Und eine Frauenstimme erklang: «Ach, Sam, ich dachte, du seist zum Laboratorium gefahren.» Und er antwortete: «Ich fahre vielleicht gar nicht hin.»
    Er kam mit einer Wäscheleine wieder. «Wird die genügen?»
    Hero war dankbar. Er hatte gefürchtet, Constable könnte ein Knäuel dünnen Bindfaden geholt haben. «Ja, die ist ausgezeichnet. Werden Sie mich festbinden?»
    Er setzte sich auf den Stuhl.
    Constable trat scheu näher. «Ich verstehe mich nicht sehr gut darauf», sagte er. «Immerhin habe ich gesehen, wie Tantchen Woodmanston Mutter gefesselt hat, und so wird es mir wohl auch gelingen.» Er machte es ganz geschickt.
    «Habe ich Sie nicht so fest eingeschnürt, daß Ihr Kreislauf stockt?»
    «Nein.»
    «Musik?»
    «Wenn möglich.»
    Constable holte ein kleines tragbares Radio, schaltete es ein und drehte an dem Knopf. Eine laute Musik erschallte. «W.Q.X.R.», sagte er. «Der einzige Sender, den es zu hören lohnt. Musik und nicht zuviel Geplapper. Hm, die     «Mir gefallen sie sehr. Zwei Tage lang wird mir die Melodie des dritten Satzes nicht aus dem Kopf gehen. Sie ist besonders schön.»
    «Soll ich das Licht ausmachen?»
    «Ja, bitte.»
    Constable ging zu dem Schalter neben der Tür und knipste das Licht aus. Da die Tür geschlossen war, die Jalousien heruntergelassen und die Vorhänge zugezogen, war es stockdunkel. Hero hörte, wie Constable sich zu der Couch zurücktastete und sich dort niederließ. Er sagte zu ihm: «Machen Sie unter keinen Umständen Licht, ehe ich es Ihnen sage. Ich muß Sie auch bitten, dort sitzen zu bleiben, wo Sie sitzen, und sich nicht zu bewegen. Denken Sie daran, ich bin darin noch ein Novize. Ich weiß nicht, was geschehen wird, noch auf welchem gefährlichen Boden ich mich vielleicht bewegen werde, und Sie wissen es auch nicht. Ich werde es so machen, wie ich es gestern abend gemacht habe, mich auf

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