Die Hand von drüben
womit er dem Engländer Gelegenheit gab, sich ihn genauer anzusehen. Wieder fiel ihm auf, daß er einen besonders starken Nacken und ein zerfetztes Ohr hatte. Bei einer Schlägerei würde dies ein rauher Kunde sein. Hero zweifelte nicht daran, daß im Dunkel des Raums, in dem die Séancen stattfanden, dieser Troglodyt nicht weit weg auf alles vorbereitet sein würde. Wenn jemand plötzlich eingriffe und die Séance störte, würde er es gewiß zu bereuen haben.
Nicht daß einer von denen, die schon in dem Salon versammelt waren, in den man Hero geführt hatte, jener Typ war, der gern Unruhe stiftete. Es waren ihrer elf, und Hero war der zwölfte.
Als er in der Tür erschien, kam Mr. Charles Woodmanston auf ihn zugetrippelt und zwitscherte wie eine aufgeregte Meise, während er sich mit dem Ellbogen den Weg durch die Gruppe zu ihm bahnte.
«Mein Lieber! Wie freue ich mich! Wie wunderbar, daß Sie kommen konnten! Ich bin so froh, daß es mir gelungen ist, es zu arrangieren. Ich hoffe, es wird zu einem Kontakt kommen. Ich bin so aufgeregt, als erwartete ich selber eine Botschaft. Erlauben Sie mir, Sie allen hier vorzustellen. Soviel ich weiß, ruht Mrs. Bessmer gerade. Sie werden Sie kennenlernen, wenn sie herunterkommt.»
Er zupfte Hero am Arm und führte ihn auf die anderen zu.
Hero lächelte innerlich, daß sowohl Hero als auch Fairweather den Geruch von gebratenen Zwiebeln, der immer noch in diesem Raum war, wahrnahmen.
Woodmanston rasselte die Namen herunter. Es waren Mr. und Mrs. James Rimbaud, Mr. und Mrs. Harold Clark, Mr. Holworthy, Miss Agathey, Miss Forthby, Mrs. Hennessy und Mr. Weitzenkorn. Bis auf ihren amerikanischen Akzent hätten es ebensogut Spiritisten aus London, Birmingham oder Leeds sein können. In der einen oder anderen Weise waren sie alle schwache Menschen, deren Gesichter und Haltung verrieten, daß sie mit der Wirklichkeit des Lebens und des Todes nicht fertig zu werden vermochten und die Art von Täuschungen brauchten, die man in einem Séanceraum findet.
Hero schätzte sie schnell ab. Sie waren echt.
Die beiden verheirateten Paare waren wegen einer Mutter und Schwester hier. Weitzenkorn war ein einsamer, kahlköpfiger kleiner Mann in den Sechzigern, der seine Frau verloren hatte. Die beiden fürchterlichen Witwen weigerten sich, ihre dahingeschiedenen Männer in Frieden ruhen zu lassen. Miss Agathey, die schon über achtzig war, wurde von dem Geist ihres Bruders beraten, der immer für sie gesorgt, sich um ihre Geschäfte gekümmert hatte und das seit seinem Tode offenbar weiter tat, wobei er sicherlich, glaubte Hero, seine Zustimmung zu jeder Spende gab, die sie geneigt war, der Kirche des Heiligen Ozons zu geben. Die andere alte Jungfer war Miss Forthby, und Hero konnte nicht sofort feststellen, was sie herführte oder welchen Kontakt sie suchte. Es wurde aber klar, als Arnold Bessmer den Salon betrat, in langem Gehrock und einem runden weißen Kragen, wie ihn Pfarrer tragen. Der Grund war natürlich Bessmer.
Er schüttelte allen salbungsvoll die Hand und richtete an jeden mit seiner tiefen Orgelstimme ein paar passende Worte. «Freund Holworthy... Sie sind gekommen, um Ihre verewigte Gattin wieder einmal zu besuchen... Wir haben Sie in der letzten Séance sehr vermißt, Mrs. Hennessy, und ebenso Ihren Mann... Ach, meine liebe Miss Forthby, bezaubernd wie immer... Freund Weitzen-korn, ich hoffe, wir werden heute abend etwas für Sie haben.»
Seine im Zimmer umherschweifenden Augen erblickten Hero, der neben Woodmanston stand und ihn überragte. Er ging auf ihn zu und nahm Heros Hand in seine beiden. «Lieber neuer Freund Fair-weather, ich hoffe, wir werden Ihnen helfen können. Ich fühle, wir werden es. Ich habe gebetet. Sarah spürt heute abend den magnetischen Strom stark. Sie wird gleich hiersein.»
Bessmer erhob seine Stimme und sagte zu allen gewandt: «Sind Sie innerlich vorbereitet? Sind Sie im Stande der Gnade? Denken Sie liebevoll an Ihre Geliebten. Rufen Sie sie. Bereiten Sie sich darauf vor, sich auf die Ewigkeit einzustellen.»
Hero hatte den starken, unfehlbaren Eindruck, daß die Botschaften von Mary Constable, jene raffinierten schrittweise vorgehenden Versuchungen, nicht Arnold Bessmers Werk waren. Der Mann war gerissen und zweifellos gefährlich, aber es war die grobe, unver-schleierte Gerissenheit eines Jahrmarktswahrsagers, der aus einer Kristallkugel oder der Hand die Zukunft liest und gelernt hat, in einer Sekunde eine Menge oder einen einzelnen richtig
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