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Die Hand von drüben

Die Hand von drüben

Titel: Die Hand von drüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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vermochte, ehe es zu spät war.
    Diese Überlegungen ließen ihn aus seinem Bett springen. Ihn fror, und seine Zähne klapperten. Er ärgerte sich, daß er sich in diese Lage hatte hineinmanövrieren lassen, ebenso wie über Dr. Fergusons ihm schmeichelnde Vermutung, daß er das Problem mit einer Handbewegung würde lösen können. Er grollte Dr. Ferguson auch, daß er Constable schützte. Es hätte längst etwas gegen ihn unternommen werden müssen. Hero verstand zwar die Einstellung des Akademikers der Situation gegenüber. Akademiker befaßten sich immer erst mit Kriegen, wenn sie Geschichte geworden waren. Wenn Constable vorhatte, abtrünnig zu werden oder seine Entdeckung an die Russen zu verraten, war er nicht besser als irgendein anderer Verräter und verdiente es, verhaftet und eingesperrt zu werden.
    Hero lachte plötzlich bitter auf. Er hatte sich bereits General Aug-stadts Gedankengänge zu eigen gemacht. Dennoch, es änderte nichts an dem Dilemma, daß er es jetzt erkannte. Es war ebenso wichtig für den Westen, daß Constable sein Werk für die Amerikaner vollendete, wie ihn davon abzuhalten, es an die Kommunisten zu verraten. Letztlich hatte Dr. Ferguson recht. Der Mann mußte durch eine Demonstration zur Vernunft gebracht werden, daß sein «Beweis» überhaupt kein Beweis war. Aber wieviel Zeit blieb dafür noch?
    Hero verlangte es, mit jemandem zu sprechen, und einen Augenblick lang dachte er daran, ein Transatlantikgespräch mit seiner Stiefschwester zu führen. Sie verstand nicht nur mit Kameras umzugehen, sondern hatte einen kühlen analytischen Verstand und liebte ihn sehr. Aber er widerstand der Versuchung, die, wie er wußte, nur seiner Panik entsprang, und statt dessen setzte er sich hin, um seine Nerven zu beruhigen, und schrieb ihr den versprochenen Brief.

    Liebste Meg,
    wenn Du erwartest, von der Fifth Avenue in New York, ihren Läden und ihren elegant angezogenen Frauen zu hören — pas ce soir, Joséphine. Ich habe bis jetzt nur das Innere mehrerer Büros und zweier Privathäuser gesehen, von denen das eine die mit den modernsten Geräten ausgestattete Höhle eines überaus scheußlichen Paars von Pseudospiritisten ist. Im übrigen begegnet man dort den üblichen Dummköpfen und Blödianen wie in jeder Séance, und das ist alles, was ich bisher von Amerika gesehen habe. Ach ja, in meinem Zimmer hier steht ein Farbfilm-Fernsehapparat, im Badezimmer ein Telefon, und die Zimmermädchen und Hausdiener tragen Funksprechgeräte.
    Die, mit denen ich zusammenarbeite, halten mich für einen sanften Irren oder eine neue Art von britischem Sonderling und sehen in meinem Eingreifen in diese Sache eine große Katastrophe. Sie können mit Geistern nichts anfangen oder mit jenen, die sie jagen, und ertragen mich im Augenblick wie ein idiotisches Kind, dem sich kaum helfen läßt.
    Aber inzwischen wirst Du gemerkt haben, daß ich mit etwas zu tun habe, das mir große Sorgen macht. Ich darf nicht einmal Dir darüber schreiben. Das Problem ist kurz: nicht nur das Unwahrscheinliche, sondern das potentiell Unmögliche binnen vierundzwanzig bis achtundvierzig Stunden zustande zu bringen. Man darf gar nicht darüber nachdenken, was geschieht, wenn es nicht gelingt. Das am wenigsten Schlimmste wäre dann noch, daß ich mit eingekniffenem Schwanz nach London zurückkehre, nachdem ich mich vor meinen amerikanischen Freunden blamiert habe, und dann platzt die Bombe. Nein, meine Liebe, Du kannst da nichts tun, als eine Krepprosette vorzubereiten, um meine Stirn zu schmücken, weil mein Verstand dahingegangen ist. Ich habe mir wieder und wieder meinen Kopf zermartert. Morgen werde ich Paul Cryder aufsuchen. Die El-liotts, die den Laden am Strand haben, haben mir von ihm erzählt. Er hat hier genauso einen Laden wie sie. Ich glaube zwar nicht, daß viel dabei herauskommen wird. Wenn man erst so weit ist, daß man nach Strohhalmen greift..., bekommt man... Strohhalme. Andererseits kann er mir vielleicht so Einfaches zeigen, daß ich mir dann noch mehr wie ein Trottel Vorkommen werde als jetzt, aber ein erleichterter. Denke nicht daran, herzukommen, Schwesterchen. Mit Kameras läßt sich hier nichts anfangen. Wie wünschte ich, es ließe sich etwas damit anfangen!
    Mit diesem sehnsüchtigen Gruß ziehe ich mich in mein Patentbett mit Traumschiffmatratze zurück. Herzlichst
    Sandro

    Nachdem er den Brief unterschrieben, in den Umschlag gesteckt und den zugeklebt hatte, fühlte sich Hero etwas besser. Selbst ein

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