Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number
Telefongesprächs in Auftrag gegeben, das das Opfer mit dem Täter geführt hat. Sergeant Wigg hat sich damit bereits befasst, die Ergebnisse werden wir noch heute durchgehen.«
»Natürlich nehmen wir uns auch die Stiefel vor, die heute entdeckt wurden, sobald sie im Labor sind. Das wär’s fürs Erste.« Die Beamtin tippte auf eine Taste an ihrem Computer. »Irgendwelche Fragen?«
»Ich hätte eine.« Rodriguez schnaufte. »Da ja angeregt wurde, die Beweisgegenstände in der Reihenfolge ihrer Bedeutung zu präsentieren, hat es mich gewundert, dass Sie den Gartenstuhl an erster Stelle genannt haben.«
»Nur so ein Gefühl, Sir. Wir können nicht wissen, wie das alles zusammenpasst, solange es nicht zusammenpasst. Im Moment lässt sich unmöglich sagen, welches Puzzleteil …«
»Aber Sie haben den Gartenstuhl zuerst angeführt. Warum?«
»Nach meinem Eindruck ist er das auffallendste Merkmal an diesem Fall.«
»Was soll das heißen?«
»Die planvolle Vorbereitung«, antwortete der Sergeant.
Offenbar hatte sie die Fähigkeit, auf die Fragen des Captain zu reagieren, als würden sie ihr schriftlich, ganz ohne das aufgeblasene Mienenspiel und den unverschämten Unterton gestellt. In diesem Fehlen von emotionaler Verstrickung und in der Immunität gegen kleinliche Provokationen lag eine seltsame Reinheit. Das fiel natürlich auf. Gurney war nicht entgangen, dass sich alle außer Rodriguez unbewusst nach vorn lehnten.
»Aber nicht nur die Vorbereitung«, fuhr sie fort, »sondern auch das Merkwürdige daran. Einen Gartenstuhl zu einem Mord mitnehmen. Sieben Zigaretten rauchen, ohne sie mit Fingern oder Lippen zu berühren. Eine Flasche zerbrechen, sie auswaschen und mitbringen, um auf einen Toten einzustechen. Ganz zu schweigen von den unmöglichen Fußabdrücken und dem spurlosen Verschwinden des Täters im Wald. Wie eine Art Mördergenie. Und es ist nicht nur irgendein Gartenstuhl, sondern einer, bei dem das halbe Geflecht ausgetauscht wurde. Warum? Weil er alles weiß haben wollte? Weil der Stuhl dann im Schnee weniger leicht zu erkennen war? Weil er gegen den Maleranzug aus Tyvek, den er vielleicht anhatte, weniger gut zu erkennen war? Aber wenn es ihm um Unsichtbarkeit ging, warum setzt er sich dann auf den Stuhl und raucht Zigaretten? Im Augenblick könnte ich keinen Grund nennen, aber es würde mich nicht überraschen, wenn sich der Stuhl als Schlüssel zu diesem Rätsel entpuppen würde.«
Rodriguez schüttelte den Kopf. »Der Schlüssel zur Aufklärung dieses Verbrechens ist Polizeidisziplin, geordnetes Vorgehen und Kommunikation.«
»Ich setze eher auf den Gartenstuhl.« Hardwick zwinkerte Wigg zu.
Im Gesicht des Captain zuckte es, aber bevor er etwas erwidern konnte, öffnete sich die Tür, und ein Mann mit einer blitzenden CD trat ein. »Was ist?«, fauchte Rodriguez.
»Sie haben angeordnet, dass ich alle Fingerabdruckergebnisse sofort vorbeibringen soll, Sir.«
»Und?«
»Da ist es drauf.« Er hielt die CD hoch. »Am besten schauen Sie sich das mal an. Sergeant Wigg, könnten Sie…?«
Vorsichtig streckte er ihr die CD hin. Sie legte sie in ihr Notebook ein und drückte zwei Tasten.
»Interessant«, bemerkte sie.
»Prekowski, würden Sie uns bitte erklären, was Sie da haben?«
»Krepowski, Sir.«
»Was?«
»Ich heiße Krepowski.«
»Na gut. Würden Sie uns jetzt bitte verraten, ob Sie Fingerabdrücke entdeckt haben?«
Der Mann räusperte sich. »Ja und nein.«
Rodriguez seufzte. »Sie meinen, sie sind so verwischt, dass wir nichts damit anfangen können?«
»Die sind weit mehr als nur verwischt«, antwortete Krepowski. »Eigentlich sind es gar keine richtigen Abdrücke.«
»Was dann?«
»Schlieren könnte man vielleicht sagen. Anscheinend hat der Typ das Hautfett an seinen Fingerspitzen als unsichtbare Tinte benutzt, um was zu schreiben.«
»Schreiben? Was schreiben?«
»Einzelne Wörter. Je eins auf der Rückseite der Gedichte, die er dem Opfer geschickt hat. Wir haben die
Wörter chemisch sichtbar gemacht, sie fotografiert und die Bilder auf die CD kopiert. Auf dem Monitor ist es ziemlich klar zu erkennen.«
Mit einem Anflug von Amüsement um die Lippen drehte Sergeant Wigg langsam ihr Laptop, bis der Monitor Rodriguez zugekehrt war. Das Foto zeigte die Rückseiten der Blätter mit den drei Gedichten in der Reihenfolge, wie sie das Opfer erhalten hatte. Auf jedem Bogen Papier prangte ein kurzes Wort in verschmierten Blockbuchstaben:
BLÖDE BÖSE BULLEN
24
Verbrechen
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