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Die Hassliste: Roman (German Edition)

Die Hassliste: Roman (German Edition)

Titel: Die Hassliste: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Brown
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nicht sterben – als er geschossen hat, meine ich. Ich habe echt darum gebetet, dass er mich nicht umbringt. Aber jetzt wünsche ich mir manchmal, er hätte es doch getan. Wenn ich irgendwo in der Öffentlichkeit bin, höre ich die Leute dauernd über mich reden. Oft glauben sie, ich könnte sie nicht verstehen, und dann kommen so Sachen wie: ›Was für ein Jammer! Sie war doch so ein hübsches Mädchen.‹ War. Wie etwas, das vorbei ist, weißt du? Dabei ist Hübschsein wirklich nicht das Wichtigste auf der Welt. Aber   …« Sie verstummte wieder, doch sie musste den Rest des Satzes gar nicht laut aussprechen. Ich wusste auch so, was sie dachte: Hübschsein ist nicht alles, aber Hässlichsein manchmal schon.
    Ich konnte nichts darauf erwidern. Sie hatte so geradeheraus über alles geredet – so mutig. Ich blickte auf meine Jeans. An der Hüfte war ein winziger Riss. Ich bohrte meinen Finger hinein.
    »Weißt du«, sagte sie, »ich kann mich nicht an alles erinnern, was an diesem Tag passiert ist. Aber ich weiß sicher, dass du nichts damit zu tun hattest. Das hab ich auch der Polizei gesagt. Ich bin irgendwann selbst mit Jessica ins Polizeirevier gegangen und so. Meine Eltern waren stinksauer. Ich glaube, sie wollten einfach irgendwen, dem sie die Schuld in die Schuhe schieben konnten, jemand Lebendigen. Dauernd haben sie auf mich eingeredet, ich wüsste nicht so viel, wie ich zu wissen glaube. Es könnten Sachen passiert sein, die ich einfach vergessen hätte, und so weiter. Aber ich wusste, dass du nicht geschossen hast. Ich hab gesehen, wie du hinter ihm hergerannt bist und versucht hast, ihn zu stoppen. Ich hab auch gesehen, wie du dich zu Christy Bruter runtergebeugt hast, um ihr zu helfen.«
    Ich grub mit dem Finger in dem Loch in meiner Jeans herum. Ginny schloss die Augen wieder, als wäre sie total entkräftet.
    »Danke«, sagte ich. Unendlich leise. Und mehr zu dem Loch in meiner Jeans als zu ihr. »Es tut mir so leid. Ich meine, es tut mir wirklich wahnsinnig leid, was dir passiert ist. Und auch wenn das wohl nicht weiter wichtig ist – ich finde dich immer noch hübsch.«
    »Danke«, sagte sie. Still lag sie auf ihrem Kissen und ihr Atem wurde weich und kam bald ganz regelmäßig, als sie langsam in den Schlaf wegglitt.
    Mein Blick landete auf einer Zeitung auf dem Stuhl, aufdem Ginnys Mutter gesessen hatte. Eine Schlagzeile schrie mir regelrecht entgegen:
     
    SELBSTMORDVERSUCH EINES AMOKLAUF-OPFERS
    SCHULDIREKTOR BETONT WEITERHIN DIE UNGEBROCHEN POSITIVE ENTWICKLUNG IN DER SCHÜLERSCHAFT
     
    Der Artikel stammte natürlich wieder von Angela Dash. Auf einmal kam mir eine Idee. Ich beugte mich vor, schnappte mir die Zeitung und faltete sie zu einem kleinen Rechteck zusammen, das ich mir in die Tasche meiner Jeans stopfte.
    »Ich sollte jetzt gehen, damit du schlafen kannst«, sagte ich. »Außerdem gibt es da etwas, das ich erledigen muss. Ich komm später wieder«, fügte ich verlegen hinzu.
    »Ja, das wär gut«, antwortete Ginny, ohne die Augen zu öffnen, während ich mich zur Tür hinaus machte.

 
    »Ich finde, du solltest das tun«, sagte Dr.   Hieler, während er in der winzigen Küche in seinem Büro eine halbe Tasse Kaffee in den Ausguss kippte.
    Nachdem ich das Krankenhaus verlassen hatte, war ich die Straße hinunter direkt bis zu seiner Praxis gelaufen. Zum einen, weil ich keine Ahnung hatte, wohin ich sonst hätte gehen können, zum andern, weil mir klar war, dass ich mit jemandem reden musste. Und tatsächlich hatte er gerade ein paar Minuten Zeit für mich, während er alles bereit machte für den nächsten Termin. Ich lief ihm quer durchs Büro hinterher und sah zu, wie er übrig gebliebene Getränkedosen von Patienten einsammelte und die Unterlagen auf seinem Schreibtisch ordnete.
    »Schreib was darüber. Es muss ja weiß Gott keine Entschuldigung sein oder so. Schreib einfach irgendwas auf, das rüberbringt, wie dein Jahrgang in deinen Augen wirklich ist.«
    »Ein Gedicht oder so?«
    »Ein Gedicht wär eine gute Idee. Egal, einfach irgendwas.« Er klappte eine Mappe zu und legte sie beiseite.
    »Und dann schlage ich vor, dass ich dieses Gedicht, oder was auch immer es wird, bei der Abschlussfeier vorlese?«
    »Jawohl, genau so meine ich’s.« Mit der hohlen Hand schob er ein Häufchen zerkrümelter Kartoffelchips von seinem Schreibtisch in den Abfalleimer darunter.
    »Ich.«
    »Du.«
    »Aber schließlich bin ich doch die Todesschwester, das Mädchen, das alle gehasst hat. Das

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