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Die Hassliste: Roman (German Edition)

Die Hassliste: Roman (German Edition)

Titel: Die Hassliste: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Brown
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wirklich gesagt hatte, doch in dieser Welt war ich nicht im Krankenhaus und mein Bein tat auch nicht weh.
    »Ich geh eine Schwester suchen«, sagte eine andere Stimme. Sie gehörte meinem Dad, das war leicht zu erkennen. Die Stimme klang angespannt, nervös, kurz angebunden, genau wie Dad. Auch er tauchte jetzt in meiner Vorstellung auf, im Hintergrund, er würde gleich nicht mehr zu sehen sein. Er tippte etwas in seinen PDA und hatte sein Handy zwischen Kopf und Schulter geklemmt. Gleich darauf war er verschwunden und es gab nur noch Frankie, der mich wieder anblickte.
    »Val«, sagte er. »Hallo, Val. Bist du wach?«
    Mein Fantasiebild verwandelte sich, jetzt war ich in meinem Zimmer, es war früh am Morgen und Frankieversuchte, mich zu wecken, weil wir etwas vorhatten, was Spaß machte, so wie früher, als Mom und Dad sich noch verstanden und wir kleine Kinder waren. Vielleicht wollten wir Ostereier suchen oder Weihnachtsgeschenke auspacken oder es gab Pfannkuchen zum Frühstück. Es gefiel mir hier an diesem Ort. Es gefiel mir sogar sehr gut. Warum sich meine Augenlider trotzdem zuckend wieder öffneten, weiß ich nicht. Ich war jedenfalls nicht einverstanden damit.
    Beim Augenaufschlagen sah ich Frankie, der am Ende vom Bett stand, irgendwo bei meinen Zehen. Allerdings war das hier nicht mein Bett, sondern ein seltsam fremdes, mit gestärkten, kratzigen weißen Bettlaken und einer braunen Decke, die mich an Haferflocken erinnerte. Frankies Haare lagen weich um seinen Kopf und ich brauchte einen Moment, um damit klarzukommen, denn ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich ihn zuletzt ohne seine Stacheln gesehen hatte. Es fiel mir schwer, das Gesicht von Frankie mit vierzehn Jahren zusammenzubringen mit Haaren, die eigentlich zu dem elfjährigen Frankie gehörten. Ich musste ein paarmal blinzeln, dann erst kapierte ich es.
    »Frankie«, setzte ich an, aber bevor ich weiterreden konnte, wurde ich von einem Schniefgeräusch zu meiner Rechten abgelenkt, das irgendwie feucht klang. Langsam drehte ich den Kopf. Da war meine Mom. Mit übereinandergeschlagenen Beinen saß sie auf einem pinkfarbenen Polsterstuhl und stützte einen Ellbogen auf ihr Knie. Sie hatte ein zerknäultes Papiertaschentuch in der Hand, mit dem sie andauernd ihre Nase wischte.
    Ich schielte zu ihr rüber. Es überraschte mich nicht,dass sie weinte, denn mir war klar: Was auch immer Schlimmes passiert sein mochte, ich war irgendwie darin verwickelt – obwohl ich immer noch nicht kapierte, warum ich in einem Bett aufwachte, das sich anscheinend in einem Krankenhaus befand, statt in meinem eigenen Bett auf den Anruf von Nick zu warten.
    Ich griff nach Moms Handgelenk (dem mit dem vollgerotzten Taschentuch). »Mom«, flüsterte ich. Mein Hals tat weh. »Mom«, wiederholte ich.
    Aber sie wich vor mir zurück. Es war nur eine kleine, sachte Bewegung, viel zu unauffällig für ein echtes Zurückzucken. Aber sie wich doch zurück, als wollte sie meine Berührung vermeiden. Als bräuchte sie Abstand zwischen uns. Es wirkte nicht so, als hätte sie Angst vor mir, sondern eher, als wollte sie nicht mit mir in Verbindung gebracht werden.
    »Du bist wach«, sagte sie. »Wie fühlst du dich?«
    Ich blickte an mir hinunter und rätselte, wieso ich mich wohl anders als okay fühlen sollte. Ich musterte mich genau. Alles schien noch da zu sein, wobei es zusätzlich noch ein paar Kabel gab, die normalerweise nicht zu meinem Körper gehörten. Mir war nicht klar, aus welchem Grund ich hier im Krankenhaus war, aber ich wusste, es musste etwas sein, das ich schon durchstehen würde. Irgendwas war nicht in Ordnung mit meinem Bein – so viel konnte ich aus dem dumpfen Pochen und Hämmern unter der Bettdecke ableiten. Aber mein Bein war noch da, also wusste ich, dass ich mir keine allzu großen Sorgen machen musste.
    »Mom«, sagte ich wieder. Gern hätte ich irgendwas anderes gesagt, irgendwas Wichtigeres, aber mir fiel nichtsein. Meine Kehle tat weh und kam mir vor wie zugeschwollen. Ich versuchte, mich zu räuspern, merkte aber, dass sie viel zu trocken dafür war, darum brachte ich nur ein kleines, quiekendes Geräusch heraus, von dem nichts besser wurde. »Was ist passiert?«
    Eine Krankenschwester in pinkfarbenem Kittel, die irgendwo hinter Mom herumschwirrte, ging zu einem kleinen Tisch und nahm eine Plastiktasse, aus der ein gebogener Strohhalm ragte. Sie reichte Mom die Tasse. Die betrachtete sie, als hätte sie so etwas noch nie zu Gesicht bekommen, dann

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