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Die Haushälterin

Die Haushälterin

Titel: Die Haushälterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Petersen
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stand auf, setzte mich ans Fenster und sah in den Himmel, zum Halbmond, der durch die dünne Schicht schwarzblauer Wolken schien. Sie ging in die Küche - der Boden dort knarzte lauter als der im Wohnzimmer - und drehte den Wasserhahn auf. Dann schneuzte sie sich und hustete wieder. Ich wußte, daß in der Küche keine Taschentücher waren, nur das spröde Haushaltspapier und die Putzlappen unter der Spüle. Ich schaltete das Licht ein, zog meine Hausschuhe an, nahm ein Päckchen Tempos aus der Schublade meines Nachtschranks und schlich die Treppe runter.
    Durch die halboffene Tür fiel Licht aus der Küche in den Flur. Ich sah an mir herab und dachte, daß ich besser den Bademantel über die Unterhose gezogen hätte. Wieder hustete Ada, diesmal kam das Geräusch aus dem Wohnzimmer. Ich schlich zur Küchentür und lugte um die Ecke.
    Am Herd stand mein Vater in einem Unterhemd und der Pyjamahose. Er starrte auf einen Topf mit kochendem Wasser, summte und schwang die Arme, als würde er dirigieren. Neben dem Herd stand unser alter Servierwagen mit einer Zuckerdose, der Milchkanne und einem Honigglas. Mein Vater humpelte zum Regal, nahm eine Tasse und einen Löffel, stellte die Tasse neben die Milch und steckte den Löffel in den Honig. Er ließ einen leisen Furz. Ich wollte zurück in mein Zimmer schleichen, aber plötzlich hustete Ada wieder, und mein Vater drehte sich um. Er sah mir direkt ins Gesicht.
    »Ah«, sagte er. »Auch einen Tee?«
    »Das hier«, flüsterte ich und hielt die Taschentücher hoch. »Ich wollte Ada das bringen.«
    »Du mußt nicht flüstern«, sagte er. »Alle sind wach. Hast du schlecht geträumt?«
    »Der Husten«, sagte ich.
    »Ja«, sagte mein Vater. »Sie hat, glaube ich, eine Sommergrippe. Geh ruhig und bring ihr die Tempos. Sie kann sie gut gebrauchen.«
    Ich ging ins Wohnzimmer. Ada lag auf der Couch, gehüllt in zwei Wolldecken, die Augen geschlossen, das Haar verklebt an den Wangen und ihrer Stirn. Sie atmete mit offenem Mund, und aus ihrer Brust kam ein leises Brodeln. Obwohl nach dem heißen Tag noch schwüle Luft im Wohnzimmer stand, trug sie einen Strickpullover und ein Halstuch. Ich kannte das Halstuch von früher; mein Vater hatte es meiner Mutter in München bei Loden-Frey gekauft. Der Pullover gehörte ihm selbst; er trug ihn im Winter zum Langlauf. Ich ging näher heran und raschelte mit der Tempo-Packung, bis ihr Gesichtsausdruck verriet, daß sie wußte, daß ich da war. Ich setzte mich auf den Boden und legte den Kopf auf ihren Arm, der warm und weich war und nach Eukalyptusbalsam roch.
    »Laß mich bitte«, sagte sie.
    Ich zog den Kopf zurück und stand auf.
    »Ich hab dir nur Tempos gebracht«, sagte ich.
    Sie öffnete ihre Augen und blinzelte in die Stehlampe, dann hob sie die Hand, hielt sie gegen das Licht und sah mich an.
    »Ach«, sagte sie. »Du bist es.«
    Der Servierwagen klirrte. Ada rieb sich mit einem Zipfel des Halstuchs den Schweiß von der Stirn. Mein Vater schob den Servierwagen neben die Couch und schenkte Tee ein. Er zitterte, obwohl er die Thermoskanne mit zwei Händen hielt.
    »Zucker oder Zitrone?«
    »Nichts«, sagte Ada.
    »Also Zitrone«, sagte mein Vater.
    Er preßte einen Zitronenschnitz über der Tasse aus.
    »Heiß«, sagte er. »Warten wir ein bißchen.«
    Er nahm mir das Päckchen aus der Hand und legte es auf Adas Brust.
    »Hier, fürs Naschen«, sagte er.
    Ada räusperte sich und drehte sich von uns weg. Mein Vater nahm das Thermometer, das vor der Couch auf dem Boden lag, hielt es ins Licht und strich mit den Fingern über Adas Ellenbogen.
    »Hast du noch mal gemessen?«
    Er führte das Thermometer zur Nase, roch und sah mich an.
    »Hat sie noch mal gemessen?«
    Ich zuckte die Schultern.
    »Ich weiß was«, sagte er. »Wadenwickel! Einen Moment. Bin gleich wieder da!« Er zog den Bund der Pyjamahose hoch und ging zurück in die Küche.
    Ich hätte gern gewußt, was sie in dem Moment dachte. Gleichzeitig fürchtete ich mich davor. Vielleicht versuchte sie, mit ihrem Körper eine geheime Sprache zu sprechen, wandte sich ab, um berührt zu werden, und hob unter der Decke ihr Knie, um mir zu signalisieren, daß ich bleiben sollte.
    Ich beugte mich vor und betrachtete ihren hellen Nacken, atmete laut und im gleichen Rhythmus wie sie, damit sie spürte, daß ich noch immer ein paar Zentimeter entfernt auf dem Parkettboden saß. Da waren zwei kleine Leberflecken, ein roter Kratzer und die Stelle, wo das Haar begann, wo es sich kräuselte und in

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