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Die Hebamme von Venedig

Die Hebamme von Venedig

Titel: Die Hebamme von Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberta Rich
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diesem erlauchten Mann, dass du ihm nicht helfen kannst. Sollen sie jemand anderen für den Tod seiner Frau verantwortlich machen, aber keine Jüdin.«
    Der Rabbi konnte nicht ermessen, was es bedeutete, eine Frau zu sein: Totgeburten und Kindbettfieber ertragen zu müssen, die Flügel des Todesengels über Wiegen und Geburtsstühlen rauschen zu hören. Hannah holte tief Luft und sagte: »Ich habe eine Gabe, Rabbi, und Gott will sicher, dass ich sie nutze.«
    »Ich verfluche den Tag, da du deine, deine …«, der Rabbi suchte nach dem richtigen Wort, »Vorrichtung zu mir gebracht und mich gebeten hast, meinen Brokhe, meinen Segen, darüber zu sprechen.«
    Hannah bedauerte es ebenfalls. Wenn sie ihre Erfindung doch nur für sich behalten hätte.
    »Er ist reich«, fuhr der Rabbi fort. »Ein Händler und ein Christ. Jeder Mann, jede Frau und jedes Kind in diesem Ghetto wird dafür büßen müssen, wenn dieses Kind unter deinen Händen stirbt.«
    »Ich kann sie schützen, wenn es, was Gott verhüten möge, Schwierigkeiten gibt. Ich bin Mitglied des Rates der Zehn und habe Freunde beim Inquisitionsgericht«, sagte der Conte zum Rabbi. Er gab sich alle Mühe, sie zu ermutigen. »Mache sie sich fertig, Hannah, und begleite sie mich im Schutz der Dunkelheit in meiner Gondel. Niemand außerhalb meines Hauses wird je von ihrer Hilfe erfahren.«
    Der Rabbi murmelte auf Jiddisch: »Hannah, du kennst die Welt nicht so, wie ich sie kenne. Es wird nicht gut ausgehen. Ja, jetzt will er dich und will dich beschützen. Er und sein stolzer Rat der Zehn. Aber glaubst du auch nur einen Moment lang, dass er noch einen Finger für dich rührt, wenn seine Frau stirbt?«
    Hannah versuchte zu schlucken, aber ihre Kehle war zu trocken. Der Conte hatte sich bei Nacht auf die Kanäle hinausgewagt, die Gefahr durch umherstreifende Räuberbanden in Kauf genommen, Vicente bestochen, damit er das Tor öffnete, und den Rabbi aus dem Bett geholt. Nur wenige Ehemänner würden das alles auf sich nehmen. Sie sah den Rabbi an, dessen schwarze Augen unter buschigen, nach oben zum kahlen Kopf hin zeigenden Brauen lagen und sie mit Unmut fixierten. Er stand da und versperrte die Tür wie jemand, der selbst für Gott, den Herrn, nicht zur Seite treten würde.
    Als Hannahs Schwester Jessica zum Christentum konvertiert war, hatte er der Familie befohlen, Schiwa zu sitzen, das war das traditionelle Trauerritual für die Verstorbenen, und nie wieder ihren Namen zu nennen. »Möge ihr Name ausgelöscht werden und mögen ihr die Zähne im Mund verfaulen«, sagte er. Hannah weinte, und ihr Vater verhängte den einzigen Spiegel der Familie. Der Rabbi hatte allen im Ghetto verboten, je wieder mit Jessica in Kontakt zu treten.
    Ihre Schwester lebte nur ein paar Kanäle entfernt. Hannah sah sie verschiedentlich abends auf dem Mercato di Rialto, wenn Jessica von einer Feier oder einem Kostümball nach Hause ging, gekleidet in edle, paillettenbesetzte Seide, mit einer Maske um die Augen, und jedes Mal senkte Hannah, dem Befehl des Rabbis folgend, den Kopf und wich ihr aus.
    Ein Jahr nach dem Auszug der Schwester war eine Hebammenhilfe völlig außer Atem ans Tor des Ghettos gekommen, um Hannah an Jessicas Wochenbett zu holen, doch der Rabbi hatte sie davongejagt.
    Nun wandte sich der Rabbi an den Conte: »Mit allem gebührenden Respekt, die Behörden können die Juden nicht wirklich beschützen, wenn die Priester Unruhe anfachen. Ihr und ich, wir müssen nicht lange nachdenken, wenn wir Beispiele dafür anführen wollen, zu Zeiten der Pest oder wenn ungläubige Piraten venezianische Schiffe überfallen …«
    Der Conte gab nicht zu erkennen, ob er dem Rabbi zugehört hatte. Er zog seinen Mantel aus und legte ihn auf den einzigen freien Platz im Zimmer, das Bett. Im ersten Moment dachte Hannah, er wolle sie darin einwickeln, auf die Schulter nehmen und durch die Nacht tragen.
    »Conte«, sagte Hannah. »Ich kann keine Wunder wirken und ich habe auch keine magischen Hände.«
    »Sie muss es versuchen«, antwortete er.
    Jacopo zog seinen Bruder am Arm. »Komm schon. Lass uns gehen. Wir sind Narren, wenn wir denken, dass uns eine Jüdin helfen würde. Heilige Mutter Maria, Paolo, ich gehe ohne dich, wenn es sein muss.« Er hielt sich ein Taschentuch vor die Nase. »Der Geruch in diesem Zimmer ist ekelhaft. Paolo, bring es zu einem Ende. Biete ihr Geld. Das ist das Einzige, was Juden verstehen.«
    Hannah hätte solche Bemerkungen gewohnt sein sollen, sie hatte sie oft genug

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