Die Heilerin des Kaisers
dankbar, dass er ihn als Schüler angenommen hatte.
»Im Geheimen träume ich davon, so berühmt zu werden wie der Baumeister Odo von Metz, der in Aachen für Kaiser Karl den Großen hat arbeiten dürfen«, hatte Konrad neulich zu später Stunde seiner Frau gestanden. Sie waren sich in dieser Nacht besonders nahe, da Griseldis ihn soeben mit der beglückenden Neuigkeit überrascht hatte, sie bekämen endlich bald ein Kind. Er war beinahe närrisch gewesen vor Freude.
Umso wichtiger erschien ihm nun, sich in Bamberg als wahrer Meister der Kirchenbaukunst zu erweisen: Er, Meister Konrad, gebürtig in Köln, müsste nun bald für eine Familie Sorge tragen. Und er hatte es im Gefühl, dass König Heinrich noch viele interessante Aufträge für ihn parat hätte.
Auf Griseldis’ Frage, was ihm eigentlich an seiner Arbeit so gut gefiele, hatte Konrad ihr eine ehrliche Antwort gegeben:
»Zuerst die Gewissheit, etwas zur Ehre GOTTES gestalten zu dürfen, sowie die Genugtuung, ein schönes und zweckmäßiges Bauwerk vollendet zu sehen. Dann schätze ich sicherlich meine privilegierte Position: Sobald ich Anordnungen erteile, beeilt sich eine ganze Schar von Männern, meine Befehle auszuführen. Ich bin gewissermaßen der König auf meiner Baustelle.
Nach meinem Willen verändert sich der bauliche Fortgang des Gebäudes. Ich allein entscheide, an welcher Stelle des Bauwerks die Arbeiten aufgenommen, unterbrochen, fortgeführt oder beendet werden.«
Danach hatten beide die halbe Nacht über ihr ungeborenes Kind gesprochen, hatten nach Namen gesucht für einen Knaben und für ein Mädchen und Pläne geschmiedet für ein weiteres Anwachsen ihrer kleinen Familie. Und dann dankten sie GOTT, dem HERRN, für seine Güte, sie dieses bevorzugte Leben führen zu lassen.
Konrad hatte sein Weib danach zärtlich in den Arm genommen und geküsst, ehe er in tiefen Schlummer gesunken war.
Dabei entging ihm, dass Griseldis noch lange wach gelegen hatte. Ihre Müdigkeit war auf einmal verflogen; die dumpfe Vorahnung einer unglücklichen Wende hatte sie urplötzlich erschreckt und ihr die Ruhe geraubt…
Als sich Meister Konrad von der Arbeit seiner Männer auf dem Turm zu überzeugen anschickte, kam es zur gleichen Zeit im Hof der Residenz zu Bamberg zu einer erneuten unerfreulichen Auseinandersetzung zwischen Vater Berchtold und Frau Irmintraut. Der Benediktiner hatte sich gerade mit Griseldis über ein bestimmtes Kraut unterhalten, von dem beide nicht so genau wussten, ob es vielleicht bei Steinleiden heilsame Wirkung zeigen könnte. Da war zufällig die Base der Königin des Weges gekommen und vehement und mit allen Anzeichen der Verärgerung auf den Mönch losgegangen.
»Warum könnt Ihr es zulassen, dass sich überall im Land die Mär zu verbreiten beginnt, das Königspaar lebe in einer sogenannten ›Josephsehe‹? Das ist lächerlich und entspricht nicht der Wahrheit«, fuhr Irmintraut ihn an. »Und ich wage stark zu bezweifeln, ob die Verbreitung dieser Lügengeschichte das Ansehen des Königs im Volke stärkt. Die Leute haben ein sehr gesundes Empfinden dafür, was normal ist – und dazu gehört in ihren Augen ein Herrscher, der ein ganzer Mann ist und der das auch beweist.
Die Menschen im Land wollen keinen duckmäuserischen Kirchenknecht«, fuhr die Dame temperamentvoll fort, »der sich aus irregeleitetem Glaubenseifer freiwillig zum Eunuchen macht. Euren keuschen Heinrich-Joseph könnt Ihr meinetwegen in ein Kloster verbannen, aber auf einem deutschen Königsthron hat er nach ihrem Geschmack nichts zu suchen.«
Griseldis überraschte die abfällige Art, mit welcher die Base der Königin ihre Kritik vorbrachte; Vater Berchtold hingegen war schlicht entsetzt.
»Das ist blanker Hochverrat, was Ihr da sagt«, stotterte er fassungslos.
Gewiss, auch er hatte neuerdings verstärkt das Raunen vernommen, welches andeutete, Heinrich und seine Gemahlin hätten nach ihrer Hochzeit ein Gelübde abgelegt, sich nur wie Bruder und Schwester zu begegnen und ihre Keuschheit zu bewahren. Und dies, weil sie GOTT, den sie über alles liebten, ein Opfer bringen wollten.
Auch dem König selbst war das Gerücht zu Ohren gekommen und er war darüber sehr verärgert gewesen. Als einige der Bischöfe versucht hatten, ihm die alberne Nachrede schmackhaft zu machen: »Das Volk wird Euch und Eure Königin deshalb als Heilige verehren«, war Heinrich höchst unheilig explodiert und hatte unwillig ausgerufen:
»Darauf lege ich keinen Wert, Ihr
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