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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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wollen?«
    »Ich verzichte auf einen Glauben, wenn das derselbe ist, dem auch diese Ungeheuer angehören! Und was Euch anbetrifft, Herr Heinrich, so seid Ihr, über den ich zwar nur Gutes gehört habe, doch der König dieser abscheulichen Kreaturen. Und dafür wollte ich Euch büßen lassen!«
    Erstaunt wandte sich Heinrich an den Großvater des kindlichen Attentäters.
    »Erfreulich, Audo, dass mich dein Enkel nicht mehr duzt, als wäre ich ein Bauer, aber zu begreifen vermag ich ihn trotzdem nicht. Was faselt dein Enkelsohn da von Ungeheuern und verabscheuungswürdigen Kreaturen?«
    »Der elende Mordbube will sich nur herausreden«, ereiferte sich jetzt der Knappe, ein noch jüngerer Mann aus niedrigem Adel. »Ihr solltet gar nicht auf ihn hören, Herr. Aufhängen muss man ihn, den feigen Hund, und Schluss!«
    »Gemach, gemach«, entgegnete der König ein wenig unwillig. »Ich sagte eben, ich möchte die Beweggründe des Knaben verstehen. Weshalb hat er sein junges Leben riskiert, um mich zu töten?«
    »Alle Wenden, ob noch Heiden oder schon Christen, sind ehrlose Feiglinge und hinterhältige Tröpfe, Herr. Das weiß man doch«, meldete sich nun ein anderer der umstehenden Knappen des Königs zu Wort. Aber Heinrich fasste den Sprecher mit einem wütenden Blick scharf ins Auge und der junge Mann hielt betreten seinen Mund.
    »Ich weiß das nicht. Im Gegenteil, ich kenne den Stamm der Wenden, der seit alter Zeit mit den Franken lebt, nur als fleißige, friedliebende und ehrliche Leute, die nur leider noch nicht alle zum richtigen Glauben gefunden haben.
    Und nun möchte ich endlich wissen, Knabe, was dich zu dieser aberwitzigen Tat bewogen hat«, wandte sich der Herrscher an den Jungen. Der aber schwieg beharrlich.
    »Darf ich für Wido, meinen Tochtersohn, sprechen, Herr?«, fragte leise der Alte. »Mein Enkel ist arg verstört, weil er noch nicht wusste, wozu Menschen fähig sind. Ekel und Scham verschließen ihm den Mund. Ich habe das Gleiche miterlebt, Herr, und ich kann Euch berichten.«
    »So sprecht, alter Mann.« König Heinrich ließ sich vor seinem Zelt auf einem aufgeklappten Feldhocker nieder, um in aller Ruhe der Schilderung des weißhaarigen Wenden Gehör zu schenken.
    »Wido wurde genau wie ich alter, unnützer Mann Zeuge eines grausigen Verbrechens«, begann der in ein grobes Leinenhemd und wollene, knielange Beinlinge gekleidete Bauer; er rang verzweifelt die Hände. »Ich war zu alt und Wido noch zu jung, um das Schlimme zu verhindern. Und so geschah es. Vor unseren Augen. Wir konnten beide nur hilflos aus unserem Versteck zusehen und uns still verborgen halten, sonst hätten uns diese Bestien ebenfalls getötet.«
    Ein Schluchzen entrang sich unvermittelt der schmalen Brust des Greises. Der Alte wischte sich mit seinem dünnen, grauen Zopf über die verweinten Augen und mit zittrigem Finger deutete er dann auf jenen Knappen Heinrichs, der gerade gegen seinen Enkel so gewütet hatte.
    »Dieser Mann, Herr, hat Widos kleine Schwester Ruothild ermordet, nachdem er sie mehrmals und abwechselnd mit jenem Mann«, erneut zeigte sein von Gicht gekrümmter Finger auf einen der Dienstmänner Heinrichs, »und mit diesem«, er wies auf einen dritten, »auf das Grausamste geschändet hatte.«
    »Das hast du ebenfalls miterlebt, Knabe?«, wandte sich der König fassungslos an den kleinen Angreifer.
    »Ja, Herr«, gab dieser beinahe unhörbar zur Antwort.
    »Das sind unverschämte Lügen, Herr Heinrich«, schrie der erste Angeschuldigte und sein Kamerad schloss sich wütend an:
    »Eine ausgesprochene Frechheit! Die kleine Hexe hat es gern getan! Geradezu provoziert hat sie uns dazu.«
    Und der Dritte fügte empört hinzu: »Es hat ihr ganz ohne jeden Zweifel Vergnügen bereitet!«
    »Meine Enkeltochter war keine Hure, das schwöre ich bei GOTT«, rief der Großvater nun zornig. »Herr, sie war ein braves, unschuldiges kleines Mädchen. Ich habe mit Wido in unserem kleinen Waldstück abseits der dorfzugehörigen Allmende auf einer Lichtung Heu gemacht und Ruothild wollte in dem Wäldchen Pilze sammeln. Sie blieb stets in Rufweite. Da haben diese Unholde sie überfallen, abwechselnd geschändet und anschließend wie eine Ratte erschlagen.«
    »Verstehst du, was dein Großvater damit sagen will?«, fragte der König den Knaben, der zu den Ausführungen des Alten genickt hatte.
    »Ja, Herr. Ich habe gesehen, was die drei Kerle mit Ruothild taten: das, was der Hengst mit der rossigen Stute macht. Aber meine kleine

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