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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Schwester war erst sechs Jahre alt und hat am liebsten mit ihrer Holzpuppe gespielt«, antwortete er schlicht.
    Die Herren rings um den König ließen Rufe des Abscheus laut werden. Dadurch mutiger geworden, fuhr Wido fort: »Was sie mit ihr machten, obwohl sie so geweint hat, und was sie dabei redeten, war schon schlimm genug. Aber was dann geschah, das werde ich Euch Franken niemals verzeihen!«
    Die letzten Worte hatte der Knabe unter verzweifeltem Schluchzen hervorgestoßen. Seine Stimme versagte und er begann laut und heftig zu weinen.
    »Was geschah dann?«, begehrte Herr Heinrich zu wissen und man sah ihm seinen unbändigen Zorn und die tiefe Verachtung für die drei Kinderschänder deutlich an.
    »Ich werde es Euch zeigen, Herr. Ich habe die Leiche meiner Enkelin in einen Sack gesteckt, als die Männer fort waren. Sie soll auf unserem Dorffriedhof beerdigt werden. Ich kann sie Euch so zeigen, wie Eure Männer sie im Wald, einem Stück Aas gleich, liegen ließen. Ihr erlaubt, Herr?«
    Audo zog ein Bündel hervor und knotete den Rupfensack auf. Mit zittrigen Händen zerrte er an dessen grausigem Inhalt. Der Bruder Ruothilds weinte jetzt völlig haltlos, als der Alte die schrecklich zugerichtete Kindesleiche dem König präsentierte.
    Der missbrauchte Körper war in der Tat ein Bild des Jammers. Aber das Entsetzlichste war der Schaft einer Streitaxt, der auf obszöne Weise zwischen den kindlich mageren Schenkeln der Kleinen steckte…
    Von Gefühlen mannigfaltigster Art überwältigt wandte sich der König von dem grässlichen Anblick ab und bedeutete dem alten Mann, die Leiche des unglücklichen Kindes wieder zu verhüllen.
     
     

KAPITEL 65
     
    D ES K ÖNIGS S TIMME bebte: »Euch soll Genugtuung widerfahren. Ihr sollt nicht glauben, dass Heinrich der König von Bestien ist. Dieses Verbrechen kann durch die Sippen der drei unmenschlichen Mörder nicht genügend gesühnt werden. Daher will ich die Täter auf ewig aus meinen Augen und aus meinem Reich verbannen – ja, sogar von der Erde will ich sie tilgen!
    Hängt die viehischen Kerle am nächsten Baum auf! Im Angesicht von Großvater und Bruder ihres Opfers sollen sie ihr unwürdiges Leben beenden.«
    Ohne den demütigen Kniefall der Delinquenten und ihre flehentlichen Bitten um Gnade zu beachten, fuhr der König, welcher kreidebleich im Gesicht war, fort:
    »Möge dies für alle Zeiten ein abschreckendes Beispiel sein. Solange ich Euer König bin, glaube kein Mann mehr, er könne sich ungestraft an Frauen und Mädchen vergehen. Wozu haben wir die willigen Dirnen? Müssen es Kinder sein? Ausspeien möchte ich vor Ekel.
    Schweigt, Vater«, befahl er dann einem anwesenden Prediger, der sich anschickte, um Urteilsmilderung für die drei Mörder zu bitten. »Keiner erlaube sich, die Namen dieser Verruchten in meiner Gegenwart noch einmal auszusprechen.«
     
    Wie Griseldis jetzt erfuhr, war des Königs Urteil noch in derselben Stunde vollstreckt worden. Den Alten aber hatte Heinrich entlassen, nachdem er ihn reich beschenkt hatte. »Nicht um mich loszukaufen von der schweren Schuld, sondern um meinen guten Willen zu zeigen, mit deinem Volk in Frieden und Eintracht zu leben.«
    Dem jungen Wido hatte der König angeboten, bei ihm am Hof als Pferdeknecht zu bleiben. Aber der Knabe hatte abgelehnt.
    »Ich danke Euch, Herr König«, hatte der Zwölfjährige entgegnet, »aber ich werde mit Großvater Audo gehen. Ich muss ihm helfen, meine Mutter und die fünf Kinder, die sie jetzt noch hat, zu versorgen. Unser Vater ist vor einem halben Jahr tödlich verunglückt und ich muss ihr auf dem Hof bei der Arbeit unter die Arme greifen.«
    »Du bist ein guter Knabe. Ich hoffe, du findest wieder den Weg zum rechten Glauben an unseren HERRN, JESUS CHRISTUS und unsere heilige Mutter Kirche«, hatte Herr Heinrich gesagt und lächelnd die noch kindlich flaumige Wange des Wendenjungen getätschelt. Den Dolch des verhinderten kleinen Attentäters aber hatte König Heinrich sich als Andenken erbeten.
     
    Dies war der Sachverhalt, um den es bei dem Diskurs zwischen dem König und seinem Kanzler ging. Griseldis war aufgewühlt bis ins Innerste. Ihr Herz blutete vor Mitleid mit dem Kind; der Hass auf die gewissenlosen Täter und der Abscheu vor ihrer menschenverachtenden Gesinnung raubten ihr schier den Verstand.
    Am liebsten wäre sie dem König vor Dankbarkeit um den Hals gefallen. Welch ein Herrscher! Was für ein wahrhaft großer Mann! Unwillkürlich fühlte sie sich erinnert an

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