Die Heilerin des Kaisers
wusste das Mädchen überhaupt davon?
»Es ist erstaunlich, wie tapfer Ihr das aushaltet«, säuselte die junge Dame weiter. »Aber gesteht es frei heraus«, Gerberge senkte vertraulich ihre Stimme, aber jeder in der totenstillen Halle konnte sie hören, »ergreift Euch nicht gelegentlich ein unbändiger Widerwille und Hass gegen jene, an deren Stelle Ihr so gerne wäret?«
Griseldis atmete tief durch, um sich in wohlgesetzten Worten gegen diesen lächerlichen Angriff zur Wehr zu setzen, da erfolgte schon der nächste heimtückische Hammerschlag.
»Ich an Eurer statt würde den Hof Herrn Heinrichs meiden, um nicht so schrecklich leiden zu müssen. Und dass Ihr leidet, ist gewiss! Habe ich doch mit eigenen Augen Euren Blick gesehen, den Ihr unserem König zugeworfen habt, als Ihr Euch unbeobachtet wähntet.«
Wie ein unschuldiges Kind schaute die neue Hofdame daraufhin in die Runde. Als die dummdreiste Person geendet hatte, hörte man nur die Scheite im großen Kamin knistern.
›Oh Gott, wovon spricht das junge Ding überhaupt?‹
Griseldis war wie vor den Kopf geschlagen und die Worte der Erwiderung blieben ihr im Halse stecken. Natürlich liebte sie König Heinrich. Aber war das ein Unrecht? Ihre Gefühle waren rein schwesterlicher Natur, niemals hatte sie…
Da fiel ihr Blick auf die Base der Königin und an deren vor boshaftem Vergnügen funkelnden Augen erkannte sie, wer dahintersteckte. Ehe sie angemessen reagieren und sich verteidigen konnte, zeigte die Herrscherin Kunigunde einmal mehr, wie souverän sie auch Angriffe aus dem Hinterhalt zu parieren wusste.
»Ich bedauere außerordentlich, Mademoiselle, dass Euer Gemüt und Verstand so angegriffen zu sein scheinen, dass Ihr es fertigbringt, vor meinen Ohren und denen des Königs solch merkwürdige Dinge vorzubringen. Ihr traut einer Dame unseres Hofes, der mein Gemahl und ich zu überaus großem Dank verpflichtet sind, etwas zu, was mich stark an Eurer geistigen Gesundheit zweifeln lässt.«
Jungfer Gerberge sah aus, als wollte sie augenblicklich vor Scham im Boden versinken, aber ungerührt fuhr die Königin fort: »Ich schlage vor, dass Ihr Euch morgen wieder in Eure Heimat begebt, um sowohl Euer Gemüt gesunden wie Eure ausgesucht schlechten Manieren verbessern zu lassen. Ihr dürft Euch jetzt augenblicklich zurückziehen, Mademoiselle.«
»Aber, aber, Madame…«, stotterte die junge Gerberge, jedoch Frau Kunigunde hatte dem Spielmann Giacomo bereits ein Zeichen gegeben, ein Lied anzustimmen. Für die Herrscherin war der Vorfall erledigt.
Hilfe suchend sah die gedemütigte Hofdame, deren Dienst bei der Königin noch nicht einmal richtig begonnen hatte, zu ihrer Gönnerin, Frau Irmintraut.
Aber diese tat, als gingen sie die vernichtende Rüge von König Heinrichs Gemahlin und der brüske Hinauswurf der Kleinen nicht das Geringste an. Angeregt plauderte die Schöne mit ihrem Tischherrn, Wolfhart von Liebenzeil, ohne sich um Demoiselle Gerberge, die mittlerweile in Tränen ausgebrochen war, zu scheren. Wie ein geprügelter Hund schlich die Jungfer aus der Halle.
Der König begann umgehend, sich mit einigen Herren über Angelegenheiten des Reiches zu unterhalten. Es hatte den Anschein, als habe er den Vorfall überhaupt nicht bemerkt. Griseldis beobachtete, wie Vater Odo aufstand und der zurechtgewiesenen jungen Dame nachfolgte.
›Zweifellos wird er ihr das Geständnis entlocken, dass Frau Irmintraut sie zu diesem verbalen Angriff auf mich verleitet hat. Diese steht ihr natürlich nach diesem Reinfall nicht zur Seite und Gerberge muss erkennen, dass sie nur benützt worden ist.‹
Beinahe geriet die Heilerin in Versuchung, Mitleid mit dem törichten Mädchen zu empfinden.
Als der König mit einigen Gefolgsleuten zur Jagd ausreiten wollte, hielt ihn Graf Eberhard zurück. Dieser schien Griseldis sehr aufgeregt, ja beinahe verstört zu sein, was bei dem besonnenen Mann so gut wie nie vorkam.
Doch rasch sollte die Heilerin herausfinden, was den Bischof von Bamberg so erregte.
»Der Bursche hat immerhin versucht, Euch zu ermorden, Herr Heinrich«, rief Herr Eberhard empört aus. »Und Ihr wollt den Übeltäter einfach so davonkommen lassen? Ich glaube das einfach nicht!« Er fasste sich irritiert an den Kopf. Der König und einige Herren und Damen mit ihren Knechten standen im Hof der Pfalz Bamberg schon mit ihren Pferden bereit, aber Herrn Eberhard störte das nicht.
»Ich habe mir die Angelegenheit wohl überlegt, Kanzler«, widersprach
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