Die Heilerin des Kaisers
Buße getan.
Als nun die Vorwürfe gegen Frau Kunigunde auf dem Tisch lagen, wandte sich Vater Berchtold an Pater Gereon mit der Bitte, ob er in dieser fatalen Lage vielleicht klärend eingreifen könnte. Aber Heinrichs Beichtvater weigerte sich, indem er sich auf das Beichtgeheimnis und dessen unbedingte Unverletzlichkeit berief.
»Ich bedauere es sehr, aber Ihr werdet verstehen, dass meine Lippen versiegelt bleiben müssen – auch um den Preis, dass die edle Frau großes Ungemach dadurch erleidet.«
Dummerweise hatte auch die Kammerfrau der Königin Herrn Heinrich bei ihrem Leben schwören müssen, auf keinen Fall etwas über seine nächtlichen Besuche verlauten zu lassen. Die brave Frau weinte zwar, aber auch sie schwieg eisern.
Die Vorwürfe, eine Ehebrecherin zu sein, erschienen jenen, die sie vernahmen, zunehmend der reinen Wahrheit zu entsprechen. Hatten die angeblichen Zeugen doch den Buhlen Kunigundes »mit eigenen Augen« gesehen…
Für Heinrich mochten diese Behauptungen, es hätte sich um einen »verführerischen Jüngling« gehandelt, ja schmeichelhaft sein – er sah zwar noch gut aus, aber ein Jüngling war er schon lange nicht mehr. Er war vierzig Jahre alt und sein schmerzhaftes Leiden hatte im Laufe der Zeit tiefe Falten in sein Gesicht gegraben.
Die Königin wollte ihren Gemahl nicht behelligen. Entgegen dem dringlichen Rat Vater Berchtolds, sich sofort um Aufklärung an den König zu wenden, unterließ Frau Kunigunde dies aus verletztem Stolz.
Sie erwartete, dass ihr Gemahl von selbst darauf käme.
»Das ist ein grober Fehler, hohe Frau«, hatte der alte Mönch gemurrt. »Euer Gatte kann durch sein Eingeständnis, er sei der nächtliche Besucher gewesen, die leidige Geschichte ein für alle Male aus der Welt schaffen.
Pater Gereon könnte sein Beichtgeheimnis bewahren, Eure Kammerzofe ihr Versprechen halten und Ihr, Frau Kunigunde, stündet rein wie frisch gefallener Schnee vor aller Augen da. Ihr würdet alle diejenigen beschämen, die Schlechtes von Euch geglaubt und verbreitet haben«, hatte sich Pater Berchtold ereifert.
»Über Euren Gemahl würden die Bischöfe zwar die Nasen rümpfen, weil er sein Keuschheitsgelübde zum wiederholten Mal mit Euch gebrochen hat. Aber was wäre das gegen den ungeheuerlichen Vorwurf, den man gegen Euch erhebt?«
Ansgar Marenholt, sein Sohn Norbert sowie die Heilerin lauschten atemlos dem Bericht des Mainzer Kaufmanns.
»Leider konnte er die Königin nicht überzeugen«, fuhr der Mainzer fort und Griseldis seufzte tief. Sie ahnte Schreckliches.
»Frau Kunigunde rechnete damit, die Wogen würden sich von selber wieder glätten und der König würde, falls er davon erfuhr, freiwillig diesen Irrtum aufklären. Hier irrte die Königin.«
Mittlerweile hatten sich die Gerüchte längst verselbständigt und waren zur unleugbaren Tatsache geworden, welche die einen ehrlich bekümmert weiterverbreiteten, während es andere gab, die voll Häme den König als Hahnrei bezeichneten und scheinheilig »die Wiederherstellung seiner Ehre« verlangten.
KAPITEL 75
S EI ES NUN aus Fahrlässigkeit oder in dem Bewusstsein, den König absichtlich in die Irre führen zu wollen: Bei der Übermittlung der angeblichen Ehebrüche hatte sich, wie gesagt, ein verhängnisvoller Fehler eingeschlichen.
Die Liebesnächte waren um einen ganzen Monat verschoben worden auf einen Zeitpunkt, als Herr Heinrich nicht nur Bamberg, sondern sogar die Stadt Goslar längst verlassen und sich bereits in Quedlinburg aufgehalten hatte.
»In CHRISTI Namen, wie hat der König diese Nachricht denn nun aufgenommen?«, wollte Griseldis von Tannhofen wissen.
»Zunächst mit Unglauben, edle Frau, dann mit Verblüffung, zuletzt mit heftigem Zorn gegen die Verleumder seiner Gemahlin. Er hat Kunigundes Tugend vehement verteidigt und sich für ihre Ehre verbürgt. Er drohte allen mit schweren Strafen, die es fürderhin wagen sollten, den Ruf der Königin zu beflecken.«
»GOTT sei gelobt«, brach es aus Griseldis hervor und Herr Ansgar bekreuzigte sich erleichtert. Aber der Mainzer Handelsmann war noch nicht zu Ende.
Der Vorwurf der ehelichen Untreue seiner schönen Frau hatte dennoch unablässig am Herzen des Königs genagt. Er hatte Erkundigungen eingezogen und was er zu hören bekam, erschütterte ihn zutiefst. Heinrich war verwirrt und gekränkt gewesen. Und ganz allmählich hatte sich dieses Gefühl seiner Hilflosigkeit in Wut und Abscheu verwandelt.
Sein Kanzler, Bischof
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