Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
Vom Netzwerk:
»lieben Schwester« verliere.
    Griseldis war zu Tode erschrocken, als ihr der abgrundtiefe Hass bewusst wurde, dem sie von nun an ausgesetzt sein würde. Verstört hatte sie auf verteidigende Worte verzichtet und stattdessen fluchtartig ihre Wohnung aufgesucht.
    Aber da wartete bereits die nächste böse Überraschung auf sie. Alles, was sie an lieb gewordenen Gegenständen gesammelt und sorgfältig auf Regalbrettern angeordnet hatte, war zerstört. Der Raum sah aus, als hätten darin die Vandalen gehaust.
    Ihre ohnehin nicht sehr reichhaltige Garderobe war größtenteils zerschnitten und zerrissen. Ihre Salbentiegel und Flaschen mit Kräutersäften lagen zerbrochen am Boden, die getrockneten Heilpflanzen waren zerrupft und im ganzen Raum verstreut worden.
    Den entsetzlichsten Fund aber machte Griseldis erst nach einer Weile: Ihr Lieblingstier, ein zugelaufenes Mischlingshündchen mit schwarzem Fell, von ihr »Nero« geheißen, lag mit durchschnittener Kehle unter dem Tisch. Schluchzend war die junge Frau über der Hundeleiche zusammengebrochen.
    »Was hat das arme Tier denn Böses getan?«, rief sie klagend aus. »Wie kann ein Mensch nur so gemein sein und einem unschuldigen Geschöpf völlig grundlos das Leben nehmen?«
    Aber Griseldis hatte die Warnung verstanden. Nie mehr würde sie ein Wort an die Base der Königin richten. In Zukunft mied sie, sofern es möglich war, sogar die Nähe der Herrscherin. Und wurde sie in den Kreis der Hofdamen beordert, war sie bestrebt, sich möglichst im Hintergrund zu halten.
    Griseldis war verzweifelt und zu ihrem Leidwesen konnte ihr dieses Mal auch der gute Vater Berchtold nicht helfen.
    ›Das Schlimmste ist, dass wir keinen stichhaltigen Beweis in Händen halten, um der Königin Irmintrauts wahres Gesicht aufzudecken‹, dachte sie. ›Sie hat alle aus der Dienerschaft eingeschüchtert. Niemand gibt zu, irgendetwas gesehen oder gehört zu haben: Alle haben Angst vor Frau Irmintraut und ihrer unheimlichen spanischen Hexe.‹
    Mehrere Tage lang hatte Griseldis gegen den drängenden Wunsch angekämpft, einfach alles stehen und Hegen zu lassen und nach Tannhofen heimzukehren. Doch schließlich hatte ihr Pflichtbewusstsein überwogen und ihre unabdingbare Treue zum König, den sie nicht feige im Stich lassen konnte.
     
    Die Unruhe am Hof, die seit der Fehlgeburt der Königin geherrscht hatte, legte sich allmählich. Nach außen hin war Frau Irmintraut wieder versöhnt mit der Heilerin Griseldis: Die Herrscherin hatte inständig darum gebeten und beide Frauen hatten sich vor den Augen Kunigundes die Hände reichen müssen.
    Da ging auf einmal das Gerücht um, die Medica sei angeblich eine Hexe – erst ganz im Geheimen, dann immer lauter und schließlich unüberhörbar. Dass sie so oft Herrn Heinrich durch Handauflegen von seinen Kolikattacken geheilt hatte und die Königin wider Erwarten bei dem Kindsabgang nicht verblutet war, hielt man Griseldis beileibe nicht zugute.
    Es wurde vielmehr behauptet, sie solle ihre Erfolge nur durch verbotene Magie zustande gebracht haben. Auch ihre Studien der ausländischen Bücher legte man ihr negativ aus. Das war doch zweifelsohne heidnisches Teufelszeug! Woher sollte eine Dirne vom Land auf einmal die Gelehrtensprachen Lateinisch und Altgriechisch beherrschen?
    Noch sprach man nur von »weißer Magie«, womit Hexen Gutes bewirkten; aber es war abzusehen, wann die Ersten hinter vorgehaltener Hand behaupten würden, Griseldis befleißige sich ebenso der unlauteren Methoden der »schwarzen Magie«.
    Auf Ersuchen Vater Berchtolds griff der König energisch zu ihrer Verteidigung ein.
    »Ich vertraue Euch jederzeit mein Leben an, Medica Griseldis«, verkündete der Herrscher in Gegenwart der Höflinge und etlicher anwesender Kirchenfürsten. Woraufhin die Anwesenden dieser Frau vom Dorf, die sie bisher entweder gar nicht beachtet oder auf die sie mehr oder weniger verächtlich herabgesehen hatten, huldvoll zunickten.
    »Ich befinde mich tief in Eurer Schuld, meine Liebe«, fügte die Königin hinzu, wozu Frau Irmintraut, dieser Ausbund an Falschheit, Griseldis mit erzwungenem Lächeln Beifall klatschte.
    So schienen die Dinge wieder im Lot zu sein. Aber in all den Jahren und solange Frau Irmintraut noch lebte, sollte die Heilerin nie wieder an Kunigundes Krankenlager gerufen werden.
     
    Seit einigen Nächten schlief Griseldis sehr schlecht. In Kürze jährte sich der Tod ihrer Eltern Frowein und Dietlinde zum zweiten Mal.
    Nach außen hin hatte

Weitere Kostenlose Bücher