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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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oder meine Vorgehensweise zu rechtfertigen. Ich muss mich beeilen, Frau Luitgard, wenn ich die Königin retten will – und Ihr stört mich dabei. Bitte geht jetzt!«
    Woraufhin die bejahrte Amme beleidigt abzog.
    Nachdem sie sich gewissenhaft die Hände gesäubert hatte, trat Griseldis erneut ans Lager der halb bewusstlosen Herrscherin, entfernte die Zudecke, zog ihr langes Nachthemd hoch und spreizte vorsichtig deren Beine. Nachdem sie ihre Finger in den wunden Schoß geschoben hatte, tastete sie die Gebärmutter der Königin ab.
    Als sie die Hand zurückzog, quoll erneut ein Schwall Blut aus dem Geburtskanal. Griseldis wusste, dass sie der leise stöhnenden Frau ein starkes Wehenmittel verabreichen musste, um die Nachgeburt schleunigst aus der Gebärmutter zu lösen.
    »Das Wichtigste ist, die Blutung zum Stillstand zu bringen.« Sie suchte in ihrem Beutel nach den entsprechenden Kräutern, brühte sie zu einem Tee auf und flößte ihn der Todkranken ein. Innerhalb einer Viertelstunde setzten erneut kräftige Wehen ein, während Griseldis zusätzlich den Unterleib Kunigundes massierte. Bald gingen in großen Placken Gewebeteile und gestockte Blutklumpen ab. Der Blutfluss wurde nach kurzer Zeit deutlich geringer und nach dem Abgang der gesamten Nachgeburt hörte er ganz auf.
    Mit abgekochtem, warmem Wasser wusch die Heilerin Frau Kunigunde sanft, aber gründlich. Danach rieb sie die erschöpfte Königin mit belebendem Kiefernnadelöl ein.
    »Das duftet so herrlich nach Wald«, flüsterte die Kranke und ein mattes Lächeln zog über ihr schmales Gesicht mit den übergroßen Augen, die bereits einen deutlich lebendigeren Eindruck machten.
    Griseldis wickelte ihre von der Schwelle des Todes zurückgeholte Patientin in warme Tücher, nachdem sie ihr etliche Lagen weichen Mulls zwischen die Schenkel geschoben hatte. Weiters gab sie der Königin ein Gebräu aus Weißdorn-und Misteltropfen ein, um ihren Herzschlag zu kräftigen. Als Letztes verabreichte sie ihr einen Trank mit ein wenig Mohnsaft, um ihr zu einem langen, erholsamen Schlaf zu verhelfen. Mittlerweile hatte Frau Kunigunde wieder ein wenig Farbe im Gesicht.
    Zusammen mit Vater Berchtold, der überglücklich und zutiefst erleichtert war, würde sie den Rest dieser Schreckensnacht am Lager der Königin verbringen und ihren Heilschlaf bewachen.
    »Wenn Frau Kunigunde morgen erwacht, wird sie als Erstes eine kräftige Hühnersuppe mit Fleisch und Gemüse zur Stärkung zu sich nehmen«, gab die Heilerin einer Dienerin in Auftrag, ehe sie die dienstbaren Geister bis auf Weiteres entließ.
     
     

KAPITEL 23
     
    H ERRN H EINRICH WAR es gelungen, einen Waffenstillstand mit Boleslaw zu schließen, wobei er allerdings selbst nicht glaubte, dass dieser lange halten werde. Als er aus dem Osten zurückkehrte, war er von Herzen froh, sein Weib bei leidlich guter Gesundheit vorzufinden.
    Voll Dankbarkeit hatte der König Griseldis umarmt und auf beide Wangen geküsst, ehe er ihr ein wunderbares Angebot unterbreitete: »Ich erlaube Euch, in Italien auf eine richtige Medizinschule zu gehen, um dort alles zu erlernen, was nach dem heutigen Stande der Wissenschaft wichtig ist – so Ihr das wollt. Ihr allein dürft bestimmen, ob und wann Ihr diese weite Reise, natürlich mit Begleitschutz, antreten möchtet.«
    Dann hatte der König seine Medica vor versammeltem Hofstaat ausgezeichnet, indem er ihr eine wertvolle, mit kostbaren Edelsteinen besetzte Goldkette um den Hals legte.
    »Ein guter Engel hat mich veranlasst, Euch dieses Mal daheimzulassen. So konntet Ihr meine Gemahlin retten. Hätte ich nur an mich gedacht, wäre meine geliebte Königin wohl nicht mehr am Leben«, sagte der Herrscher mit Tränen in den Augen.
     
    Nach der Genesung der Königin wurde Griseldis regelrecht vom Hass ihrer Base verfolgt. Hatte Frau Irmintraut bisher nur bittere Verachtung und ätzenden Spott für sie übrig gehabt, so musste die Heilerin nun beinahe täglich unter der unbändigen Wut und tödlichen Eifersucht der königlichen Verwandten leiden.
    Die Feindseligkeiten waren unvermindert ausgebrochen, als Griseldis sich erlaubt hatte, Frau Irmintraut nach den Arzneien zu fragen, die diese der Königin während ihrer Schwangerschaft verabreicht hatte.
    Wie rasend war diese daraufhin auf die Heilerin losgegangen und hatte sie zornig beschimpft. »Infame Niedertracht und heimtückischen Verdacht« warf sie ihr vor sowie das unverschämte Bestreben, alles zu versuchen, damit sie die Gunst ihrer

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