Die Heilerin des Kaisers
sie den Tapferen nennen, ist in aller Heimlichkeit ein neues Großreich entstanden. Es umfasst nicht nur Schlesien, sondern dazu Pommern und Preußen; und jetzt maßt er sich noch an, sich auch Böhmen einzuverleiben.«
Der König tat immer noch so, als hätte er gar nicht richtig zugehört.
»Am kommenden Ostersonntag, den 28. März 1008, den ich in Quedlinburg mit meiner Gemahlin zu feiern gedenke, habe ich eine ganz besondere Überraschung geplant«, fuhr er unbeirrt fort.
Der Kanzler und sein väterlicher Freund, Pater Berchtold, blickten gespannt auf Heinrich, dem plötzlich ein lausbubenhaftes Grinsen im Gesicht stand. Er rieb sich sogar vergnügt die Hände.
»Ja, ich habe einige Gäste zum Osterfest geladen, von denen ich mir kriegerische Unterstützung gegen Herzog Boleslaw erwarte.«
»GOTT segne Euch, Herr«, rief der Mönch aus, »militärische Hilfe können wir allemal gebrauchen.«
Graf Eberhard war ein wenig zurückhaltender.
»Um wen handelt es sich denn bei diesen zwar höchst willkommenen, wenn auch überraschenden Verbündeten, Herr?«, erkundigte er sich vorsichtig.
Griseldis spitzte die Ohren, damit ihr kein Wort entging. Der König schaute seine beiden Vertrauten treuherzig an und kniff verschwörerisch ein Auge zu.
»Es sind die Häuptlinge der Lijutitzen und Redarier«, flüsterte er dann.
In der Halle war es zunächst totenstill. Dann ertönte ein anerkennender Pfiff des Benediktiners und Graf Eberhard schlug sich begeistert auf den Schenkel. Der sonst so besonnene Kanzler brach in wieherndes Gelächter aus, in das Vater Berchtold und der König umgehend einstimmten. Alle drei Herren lachten buchstäblich Tränen.
»Das wird einschlagen wie Thors Hammer«, ächzte Herr Eberhard und erneut brachen die drei Männer in schallendes Gelächter aus, ohne an der Anspielung auf den Heidengott Anstoß zu nehmen.
»So ist es ja auch gedacht«, entgegnete König Heinrich und wischte sich die Lachtränen aus den Augen.
»Ihr seid wahrlich ein Fuchs, mein König«, sagte der Mönch grinsend. »Wenn die Häuptlinge tatsächlich nach Quedlinburg kommen und mit Euch einig werden sollten, habt Ihr die wichtigsten Bundesgenossen gegen den übermütigen Boleslaw gewonnen.«
»Das ist richtig«, fiel der Kanzler ein. »Diese beiden slawischen Stämme hassen ihren machtgierigen polnischen Nachbarn regelrecht. Aber alle redlichen Christenmenschen werden sich mit Entsetzen gegen das Bündnis aussprechen und Euch unbändig dafür tadeln.
Niemand wird billigen, dass Ihr Euch als christlicher Herrscher mit Heidenvölkern gemein macht und Verträge abschließt mit Ungetauften, die noch ihre Götzen in jeder Schlacht mitführen – und das gegen den so guten Christen Boleslaw.«
»Wobei der ›gute Christ Boleslaw‹ keinerlei Hemmungen hat, dem deutschen Reich heimtückisch in den Rücken zu fallen«, merkte Heinrich mit bitterem Sarkasmus an.
»So ist es, Herr«, rief der Kanzler. »Darum lasst Euch von den Protesten der Unwissenden nicht irremachen. Dieses Vertragsprojekt mit den Heiden ist wahrhaftig das Werk eines klugen Staatsmannes. Es könnte die Rettung vor Boleslaw, dem Tapferen, bedeuten.«
Ein wenig schockiert war die Heilerin schon, als sie sich die Konsequenzen dieses Schrittes ausmalte. Es war tatsächlich eine Ungeheuerlichkeit, die der König zu begehen im Begriffe war: die Zusammenarbeit mit gottlosen Heiden gegen einen christlichen Fürsten. Und wieder einmal war sie Zeugin der ausgesprochenen Gerissenheit Heinrichs.
›Die deutschen Bischöfe werden zu Recht Feuer speien, sobald sie davon Kenntnis erhalten‹, dachte sie ein wenig beklommen.
KAPITEL 27
D IE K ÖNIGIN SASS im Kreise ihrer weiblichen Gefolgschaft, zu der zum nicht geringen Missvergnügen ihrer Base auch Griseldis zählte, in einer Kemenate der Residenz zu Quedlinburg.
Sie stickten und webten, manche malten oder erledigten sonstige Handarbeiten. Da trat Frau Irmintraut, die nach ihrem fünfundzwanzigsten Geburtstag darum gebeten hatte, nicht mehr mit »Jungfer« angesprochen zu werden, zu ihrer Verwandten und schmeichelte dieser:
»Wunderschön seht Ihr wieder aus, liebste Schwester. Stolz und vornehm wie eine geborene Königin.«
»Danke, hebe Base«, gab Frau Kunigunde bescheiden zur Antwort. »An meiner Wiege hat mir das wahrlich keiner gesungen, dass ich einmal einen König zum Gemahl haben werde. Für mich, die Tochter eines unbedeutenden Grafen aus dem Ardennengau, war sicher nur ein Lehnsmann
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