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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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es dem Benediktiner sagen, damit es schließlich auch der König erfuhr. Sie hatte das absurde Erlebnis im Kellergewölbe der Regensburger Residenz keineswegs vergessen…
     
    Griseldis hoffte, dass das Osterfest bald vorüberginge: In Bamberg wartete Meister Konrad ungeduldig auf sie, des Königs Kirchenbaumeister und ihr Liebster.
    ›Wir sind viel zu oft und zu lange getrennt‹, dachte sie sehnsüchtig. Gleich darauf schalt sie sich eine eigensüchtige Person. Wie oft waren denn Herr Heinrich und seine Gemahlin nicht zusammen? Und hatte sie auch nur einmal die Königin jammern gehört?
    ›Ich sollte mich schämen und stattdessen froh und zufrieden sein mit meinem Schicksal, das es wahrlich gut mit mir gemeint hat. Genauso gut könnte ich jetzt unter der Fuchtel meiner hochmütigen Schwägerin leiden oder mich den unerträglichen Launen eines griesgrämigen Gatten beugen müssen. Nie mehr will ich mein Los beklagen‹, nahm sie sich vor.
     
    Die Königin und ihr Gemahl Heinrich, der Feste, vor allem die kirchlichen, über alles liebte, begingen das heilige Osterfest in Quedlinburg mit großem Pomp. Den Teilnehmern fielen beinahe die Augen aus dem Kopf – nur ein winziger Kreis war eingeweiht –, als die Oberhäuptlinge der Lijutitzen und Redarier mit ihrem pittoresken Anhang auftauchten.
    Ihre Umhänge aus Wolfsfell reichten bis zum Boden und trotz des schon recht warmen, sonnigen Frühlingswetters trugen sie Fuchspelzmützen, die ihre Ohren bedeckten. Von ihren Gesichtern sah man nicht allzu viel, da gewaltige Schnauz-und Kinnbärte die breitflächigen Züge der heidnischen Slawen verbargen. Aber da sie häufig lachten, sah man ihre Goldzähne blitzen und ihre lebhaften, blauen Augen unter den dichten, blonden Brauen funkelten.
    Sie versprachen dem deutschen König im Kampf gegen den polnischen Ruhestörer Boleslaw Heeresfolge. Im Gegenzug dazu würde König Heinrich auf die Missionierung ihrer heidnischen Gebiete verzichten. Der Vertrag wurde feierlich besiegelt und danach beging man gemeinsam mit den Gästen ein ganz besonderes Fest.
    Um die Häuptlinge zu beeindrucken, ließ man es an nichts fehlen. Knechte drehten die riesigen Spieße, die man im Freien über Glutbecken aufgestellt hatte, und ließen frisch geschlachtete Mastochsen und junge Hammel langsam über dem Feuer rösten. Daneben hatte man große Grillroste über die glühenden Kohlen gelegt, auf denen Hühner und Gänse brutzelten.
    Der Duft des kräftig gewürzten Fleisches zog über die bunte Zeltstadt, die die Dienerschaft des Königs auf der riesigen Wiese vor der Pfalz zu Quedlinburg aufgebaut hatte. Kräftige Kerle rollten zahlreiche schwere Wein-, Bier-und Metfässer herbei, bockten sie auf und zapften sie alsbald an.
    Griseldis, die übrigen Hofdamen Kunigundes und die Herren des Königs, die gerade dienstfrei hatten, spazierten auf schmalen Wegen an den Zelten der Gäste vorüber. Die meisten strebten den turmähnlichen, mit farbenfrohen Decken behängten und an der Spitze mit goldenen Knäufen versehenen Behausungen der heidnischen Bundesgenossen König Heinrichs zu.
    Die Ritter des Königs waren vor allem an den Waffen der Fremden interessiert. Sie begutachteten die bereitwillig präsentierten, spiegelblank polierten Schwerter, die scharf geschliffenen Dolche, die Lanzen und sorgfältig bearbeiteten Speerspitzen sowie die kunstvoll geschnitzten Bögen samt den gefiederten Pfeilen.
    Die Heilerin ging langsam inmitten einer kleinen Gruppe junger Damen. Die muntere Schar bestaunte die mit Perlen bestickten Zeltplanen und die vor jedem Eingang positionierten hölzernen Götterfiguren, die von den Besitzern zum Schutz vor schlechten, in ihren Augen vermutlich christlichen Einflüssen aufgestellt worden waren.
    Die heidnischen Krieger, die sich vor den Zelten herumdrückten, ihre Kleider und Waffen reinigten oder ihre Pferde striegelten, grinsten die hübschen Hofdamen in ihren Feiertagsgewändern freundlich an, aber die meisten Frauen senkten, wie es Brauch war bei der Annäherung fremder Männer, sittsam die Augen. Rasch trippelten die Damen der Königin in ihren seidenen Pantöffelchen weiter.
    »Ach, lasst uns doch besser umkehren«, schlug da die Jüngste unter ihnen vor. »Vielleicht vermisst uns die hohe Herrin schon.«
    Griseldis, die am weitesten vorausgegangen war, hörte den Einwand des kleinen Edelfräuleins nicht und ihr entging, dass die Gruppe kehrtmachte. Sie hatte in der Nähe einen kleinen Bach rauschen hören und ihrer

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