Die Heilerin des Kaisers
Griseldis ruhig fest, aber die Base der Königin fauchte sie nur unbeherrscht an: »Ihr dummes Geschöpf, das weiß ich selber. Schert Euch zum Teufel! Ich brauche niemand, der sich an meinem Unglück weidet. Macht, dass Ihr verschwindet, verdammte Schnüfflerin!«
Die arg zerzauste und nur noch mit den Fetzen ihres einst so schönen, roten Seidenkleides bekleidete Irmintraut war völlig außer sich. Plötzlich fiel ihr Blick auf ihre Vertraute, die Hexe Maddalena. Wie eine Furie fuhr die gedemütigte Base der Königin der Alten mit ihren krallenartigen Fingernägeln ins Gesicht.
»Miststück! Warum bist du nicht rechtzeitig bei mir gewesen und hast mich vor diesem Untier beschützt?«, kreischte sie mit schriller Stimme, ehe sie haltlos zu weinen begann.
Griseldis konnte noch beobachten, wie die Spanierin ihrem Schützling ihre eigene, schwarze Sukkenîe um die freiliegenden, mit blauen Flecken übersäten Schultern legte und beruhigend auf die reichlich zerschrammte Dame einredete.
Die Heilerin sah zu, dass sie sich möglichst schnell aus Irmintrauts Reichweite entfernte. Wer konnte wissen, was der völlig außer sich Geratenen sonst noch einfiele…
›Jetzt weiß ich wenigstens ein für alle Mal, dass ich für immer eine Todfeindin habe.‹ Mit Bangen beschleunigte die junge Frau ihre Schritte, um möglichst schnell unter andere Menschen zu gelangen, obwohl ihr jetzt keineswegs nach einem fröhlichen Festgelage zumute war.
›Doch auch Frau Irmintraut muss vorsichtig sein, denn ich weiß etwas über sie, wovon sie gewiss keinen Wert darauf legt, dass es allgemein bekannt wird. Die Königin wäre jedenfalls entsetzt, wenn man ihr hinterbrächte, dass ihre Base sich wider alle guten Sitten mit einem ungetauften Wilden zu intimem Zusammensein verabredet und sich allein in dessen Zelt begeben hat.‹
Griseldis war neugierig, welche Ausrede die schlaue Irmintraut sich einfallen ließ, um das zerrissene Gewand, die Kratzer und blauen Flecken an Gesicht, Hals und Armen zu erklären…
KAPITEL 29
A LS DAS ANSTÖSSIGE Bündnis des Königs ruchbar wurde – die Neuigkeit machte in Windeseile die Runde –, herrschte große Empörung in den geistlichen Kreisen. Die Bischöfe, obgleich mehrheitlich Anhänger Heinrichs, waren schlichtweg entsetzt.
Das Königspaar blieb noch einige Tage im schönen Quedlinburg und Herr Willigis, der Erzbischof von Mainz und einer der treuesten Freunde Heinrichs, suchte sie in der dortigen Residenz auf.
»Immerhin ist Boleslaw Chrobry ein getaufter Christ und Ihr tut, Herr, als wäre er der Teufel höchstpersönlich, welchen Ihr mit dem Beelzebub, sprich diesen Heidenvölkern, auszutreiben wünscht«, gab der mächtige Kirchenfürst dem Herrscher zu bedenken.
»Ganz genau so verhält es sich, Herr Erzbischof«, beschied Heinrich kühl dem hohen geistlichen Herrn. »Oder wisst Ihr mir eine Lösung, die dauerhaften Erfolg verspricht, uns diesen raffgierigen Polenherzog vom Hals zu halten?«
Worauf der Kirchenfürst betreten schwieg.
Mittlerweile waren die Königin mit ihren Damen sowie Vater Berchtold längst wieder in Bamberg, wo sich Frau Irmintraut der Pflege ihrer spanischen Dienerin überließ.
Kunigunde, die über ihr lädiertes Aussehen ernsthaft besorgt gewesen war, hatte sie vorgegaukelt, sie wäre bei einem Spaziergang im Wald über eine Baumwurzel gestolpert, als sie vor einem »großen, wilden Tier« davongelaufen sei…
Vater Berchtold, der von Griseldis über das wahre Geschehen informiert worden war, hatte lauthals aufgelacht. Auf den unwilligen Blick der Königin ob seiner unsensiblen Wesensart hin, hatte er nur spöttisch gemeint:
»Mir hat ein Vögelchen gezwitschert, bei diesem wilden Tier habe es sich um ein ganz besonderes Geschöpf gehandelt: um eines von der Größe und dem Aussehen eines Bären – wohnhaft in einem bunten Zelt der Lijutitzen.«
»Mir scheint, Pater, Ihr habt heute etwas zu tief in den Metkrug geschaut«, gab die Base der Königin schlagfertig zurück.
Griseldis bewunderte diese Frau beinahe, wie rasch sie reagierte und es immer wieder verstand, ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen.
Dennoch war Frau Irmintraut erblasst; sie wusste genau, woher der vorlaute Klosterbruder seine Kenntnis bezogen hatte. Um größerem Ungemach vorzubeugen – womöglich ließ Kunigunde es sich einfallen nachzuhaken, was der Mönch damit gemeint hatte –, war sie gekonnt in Ohnmacht gefallen. Alle bemitleideten sie daraufhin und keiner
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