Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
Vom Netzwerk:
sichtlich aufgebracht seine beiden Vertrauten Berchtold und Griseldis.
    »Glauben sie und ihr vortrefflicher Abt, der diese Dinge toleriert, sie befänden sich in einem Hurenhaus? Wie mir berichtet wurde, gehen Dirnen Tag und Nacht ungehindert im Kloster ein und aus – und vermutlich kommen sie nicht zum Beten!
    Im Gegenteil, gebetet wird dort so gut wie gar nicht mehr. Aber dafür hält der Abt angeblich jeden Mittag eine große Tafel mit erlesenen Leckerbissen. Sogar über die Fastenzeit haben sich die Prümer mit allerlei Schlemmereien hinweggesetzt.«
    »Ja, Herr, davon habe ich auch schon gehört«, erwiderte Vater Berchtold. »Schlimme Unsitten sollen im dortigen Kloster eingerissen sein. Viele reden davon. Es ist wahrhaftig eine Schande. GOTT wird den Abt und die Mönche gewiss dafür strafen.« Plötzlich zuckte er heftig zusammen: Er war nämlich an den Fußsohlen überaus empfindlich und Griseldis hatte ihn unbeabsichtigt gekitzelt.
    »Das wird unser HERR ganz sicher«, entgegnete König Heinrich temperamentvoll. »Aber das dauert mir ein bisschen zu lange.«
    »Wie meint Ihr das, Herr?«
    Auch Griseldis war neugierig geworden.
    »Ich weiß, dass GOTTES Mühlen zwar sicher, wenn auch im Allgemeinen langsam mahlen. Aber in Prüm darf es ruhig ein wenig schneller gehen. Ich werde in diesem verlotterten Eifelkloster für Zucht und Ordnung sorgen«, kündigte der König an und sprang ruhelos wieder auf.
    »Als Erstes sollen die Mönche einen anderen Abt erhalten. Der jetzige wird abgesetzt und darf sein Leben fortan als einfacher Pater in einem Nachbarkloster verbringen. Wenn er mag, kann er nach Rom gehen und sich beim Papst beschweren – aber da soll er dann auch gleich für immer bleiben.« Herr Heinrich machte eine entschiedene Handbewegung.
    »Der neue Klostervorsteher wird seine Mönche streng nach der Regel Ora et labora führen. Dann ist Schluss mit Wein, Weib und Gesang, mit Ausnahme von Kirchenliedern und Chorälen.«
    Der König marschierte mit wenigen Schritten in dem winzigen Raum hin und her.
    »Außerdem verlange ich eine genaue Auflistung sämtlicher Klostergüter. Wenn die Brüder so verschwenderisch leben konnten, verfügen sie über ein viel zu großes Vermögen. Ich werde mir einiges davon als Krongut nehmen und es soll nur zu ihrem Besten sein: Sie werden nicht mehr zum Müßiggang verführt, wenn sie für ihren Lebensunterhalt in Zukunft tüchtig arbeiten müssen.«
    Die Heilerin und Vater Berchtold verbissen sich das Lachen.
    »Oh je, Herr! Da werden die Prümer Klosterbrüder aber Augen machen. Vorbei ist’s mit der Fettlebe und adieu, ihr schönen Mägdelein«, sagte der Benediktiner belustigt kichernd. Er war froh, dass die Heilerin endlich aufgehört hatte, seine Zehen zu malträtieren.
    »Ganz recht«, entgegnete König Heinrich. »Die Herren haben sich freiwillig für das entsagungsvolle Leben hinter Klostermauern entschieden. Und jetzt möchten sie es ärger treiben als jeder sündige Laie. Sie geben damit der Bevölkerung ein sehr schlechtes Beispiel.«
    »Das ist leider wahr«, sagte Vater Berchtold und seufzte tief. »Nichts ist ansteckender als ein übles Vorbild. Immerhin haben Mönche das Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams abgelegt.«
    So schnell wie der König aufgetaucht war, war er auch wieder aus der Kammer verschwunden, um Befehl zu geben, sämtliche Vorbereitungen für den Ritt nach Prüm zu treffen.
    Ehe Berchtold wie gewohnt und ganz in Gedanken in seine Sandalen schlüpfen konnte, hatte sie ihm die junge Frau weggenommen und ihm stattdessen gefütterte Pelzstiefel hingestellt.
    »Das ist ab jetzt Eure winterliche Fußbekleidung, Pater«, lachte sie und half ihm in die ungewohnten Schuhe hinein. Der Mönch stand auf und lief probeweise ein paar Schritte in der Kammer umher.
    »Schön warm, aber sehr ungewohnt«, sagte er dann grinsend und bedankte sich bei der Frau des Kirchenbaumeisters, die ihm heute besonders hübsch erschien.
    Als sie gegangen war, stellte er sich die Frage, wie er selbst es denn eigentlich mit seinen Gelübden hielt.
    Sein Abt, dem er unbedingten Gehorsam schuldete, war weit weg, auf einer Insel in einem ›Gnadensee‹ genannten Teil des Kostritzer Sees. In jungen Jahren hatte er zugegebenermaßen einige Schwierigkeiten gehabt, sich ständig den Anordnungen des vorgesetzten Kirchenmannes unterzuordnen. Aber seit Langem war Heinrich sein Herr und diesem gehorchte er bedingungslos und ohne Mühen.
    Das Gelöbnis der Armut

Weitere Kostenlose Bücher