Die Heilerin des Kaisers
schuldig deswegen und mein Gefühl der Minderwertigkeit wächst von Tag zu Tag.«
Die Königin war sehr traurig.
»Jeder einzelne Mond, der mir erneut meine Unfruchtbarkeit beweist, bezeugt mir meine Nutzlosigkeit als Eure Ehefrau.«
Kunigunde brach in Tränen aus. Sie warf sich auf ihr gemeinsames Lager und schluchzte hemmungslos. Heinrich legte sich neben sie, nahm sie in die Arme, wiegte sie wie ein kleines Kind und warf dabei seinem alten Berater Berchtold einen hilflosen Blick zu.
»Weint doch nicht so sehr, Liebste. Es zerreißt mir das Herz, wenn ich Euren Kummer sehe«, versuchte er die Königin zu beruhigen, aber sie ließ sich lange Zeit nicht trösten.
»Es kann doch nicht sein, dass ich so schwere Sünden auf meine Seele geladen habe, dass mich GOTT, der HERR, so hart bestraft«, brachte sie mühsam mit erstickter Stimme hervor.
»Gewiss nicht, Kunigunde. Ihr seid so rein wie frisch gefallener Schnee«, beeilte sich Heinrich seiner todunglücklichen Gattin zu versichern. »Wer weiß, vielleicht bin ich ja die Ursache unserer kinderlosen Ehe?«
»Das glaube ich nicht«, widersprach ihm die Königin. »In den meisten Fällen ist es die Frau. Nur sehr selten liegt die Schuld beim Manne – außer er hatte einen Unfall oder als Kind eine schwere Krankheit. So behaupten es jedenfalls meine Amme, Frau Luitgard, und meine Base Irmintraut. Aber das alles trifft auf Euch, meinen Gemahl, ja nicht zu.«
»Sei es, wie GOTT es will«, gab ihr der König zur Antwort. »Wir halten auf alle Fälle treu zusammen und lassen uns von niemandem unsere Gemeinschaft zerstören. Eine Trennung kommt für mich nicht in Betracht. Ich nehme doch an, dass auch Ihr, meine Liebste, keine Lust verspürt, in ein Kloster zu gehen, trotz Eurer Frömmigkeit?«
Beinahe ängstlich hatte Heinrich sich danach erkundigt. Aber Kunigunde konnte ihm diese Sorge auf der Stelle nehmen.
»Dazu liebe ich Euch viel zu sehr, mein Gemahl. Ich würde vor Sehnsucht nach Euch vergehen und wäre gewiss eine sehr unwürdige Braut Christi.«
Vater Berchtold konnte erkennen, dass sich ihr dabei trotz ihres Kummers ein Lächeln entrang. Der König atmete auf, weil es ihm geglückt war, das bedrückte Gemüt seiner Frau ein wenig aufgeheitert zu haben.
»Wir sind beide noch jung, Liebste. Wer weiß, vielleicht schenkt uns GOTT doch noch ein Kind, womöglich einen Sohn. Und wenn es nicht so kommt, werden wir gemeinsam eine Lösung finden.«
Von diesem Gespräch hatte der Benediktiner Griseldis in Andeutungen berichtet und Heinrichs Medica sah keine Veranlassung, dem König die Hoffnung zu nehmen.
»Unser Herrscher und Frau Kunigunde sind noch jung, kräftig und gesund – bis auf Herrn Heinrichs unglückliche Neigung zu Nieren-und Blasensteinen. Weshalb also sollten sie nicht Eltern werden können?«
Die Heilerin wurde nachdenklich und ihre Gedanken schweiften zu Meister Konrad und sich selbst. Auch sie warteten seit einiger Zeit sehnsüchtig auf Nachwuchs…
KAPITEL 35
G RISELDIS WAR GERADE dabei, sich den wehen Füßen Vater Berchtolds zu widmen. Da der Mönch darauf bestand, auch im tiefsten Winter nur mit Sandalen an den nackten Füßen herumzulaufen, hatte er dieses Jahr ernsthafte Schwierigkeiten bekommen.
»Die Frostbeulen und die rissige, aufgesprungene Haut habt Ihr Euch selber zuzuschreiben«, schimpfte ihn die Heilerin aus, während sie seine eiskalten Füße nach einem warmen Kamillenbad sorgfältig abtrocknete. Danach ging sie daran, die zentimeterdicke Hornhautschicht an den Fußsohlen mit einer Feile abzuraspeln, ehe sie diese mit einer Salbe aus Ringelblume, Kamille und Rosenöl einrieb.
In diesem Augenblick betrat König Heinrich das bescheidene Gemach des Paters. Dieser wollte sich aus Ehrfurcht erheben, aber der König winkte ab. Worauf Griseldis die Gelegenheit nützte und Herrn Heinrich unverzagt die blau gefrorenen Füße des Benediktiners zeigte. Der Herrscher untersagte dem Mönch daraufhin streng, sich im Winter jemals wieder barfüßig in Sandalen draußen aufzuhalten.
»Ich brauche Euch noch lange, Pater. Ihr versündigt Euch, wenn Ihr nicht darauf achtet, Eure Gesundheit sorgsam zu pflegen«, sagte er ihm eindringlich.
Dann setzte sich Herr Heinrich auf einen Hocker und rückte damit heraus, was ihm auf der Seele lag.
»Mit dem größten Missvergnügen habe ich von schlimmen Vorkommnissen im Kloster Prüm in der Eifel vernommen«, brummte er. »Was denken sich die Herren Mönche eigentlich?«, fragte er
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