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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Erinnerung daran vollzog ein christlicher Mann die Anerkenntnis seiner Vaterschaft, indem er das Neugeborene auf den Arm nahm. Herr Gerold würde den Brauch sofort nachholen, sobald ihm die Wehmutter den Zutritt ins Schlafgemach erlaubte.
    Auf eine Nachfrage des Königs hin erklärte Herr Germund seine Fertigkeit im Schreiben mit dem zwei Jahre dauernden Besuch eines Benediktinerklosters in der Nähe Würzburgs, als er noch ein Knabe gewesen war. Sein Vater hätte sich gewünscht, er möge eine geistliche Laufbahn einschlagen.
    »Aber es ist nach dem Willen des HERRN doch anders gekommen«, sagte der alte Mann lächelnd. Der König fühlte sich an seinen eigenen Werdegang erinnert – hätte doch einst auch er die Weihen erhalten sollen.
    Eine Magd huschte mit einer zugedeckten Schüssel an ihnen vorbei nach draußen. Sobald die Wehen eingesetzt hatten, war ein Knecht damit beauftragt worden, hinter den Stallungen der Kühe und Pferde ein Loch im Küchengarten zu graben. Da hinein würde man nun die abgetrennte Nabelschnur sowie die Nachgeburt geben und mit Erde bedecken – möglichst tief, damit nicht Dämonen sie in der Nacht ausgruben und ihren Schabernack damit trieben.
    ›Trotz des Christentums hat sich noch eine ganze Menge an abergläubischem Brauchtum erhalten‹, dachte Griseldis und verbarg erneut ein Lächeln: Es würden wohl eher Ratten oder die eigenen Hofhunde sein, die man dadurch hinderte, die Nachgeburt zu verzehren.
    Plötzlich öffnete sich weit die Tür zu Frau Hiltrudes Kammer und Frau Gerlinde verkündete feierlich:
    »Tretet ein, König Heinrich, und Ihr, Herr Gerold und Herr Germund, sowie alle anderen edlen Herren und Damen. Begrüßt den Sohn und Erben vom Germundshof und beglückwünscht seine Mutter Hiltrude.«
    »Nein, nein, dem Vater gebührt in diesem Falle allemal der Vortritt zu Weib und Kind«, sagte der König, als Herr Gerold an der Schlafkammertür Anstalten machte zurückzutreten. »In diesem Falle gilt nicht die höfische Sitte.«
    Wie dann Herr Heinrich das Wickelkind, wohl verpackt in einem Steckkissen, aus dem nur das Köpfchen mit den rotgoldenen Löckchen hervorlugte, auf den Armen hielt, strahlte Frau Hiltrude vor Stolz und Freude.
    Als Griseldis den König so sah, wie er das fremde Kind mit aller Behutsamkeit wiegte, dachte sie bei sich, dass Heinrich ebenfalls einen solch prächtigen Sohn verdient hätte, und das Herz wurde ihr schwer dabei. Es war eigenartig, dass die so gesund wirkende Königin noch kein Kind zur Welt gebracht hatte.
    Sollte etwa doch der alberne Zauber mit der Wachspuppe und den Pfeilen und Nadeln seine Wirkung tun? Griseldis schüttelte energisch den Kopf. Das war einfach unmöglich.
    Wieder einmal bedauerte sie es, dass Frau Kunigunde sich nicht an sie, die Heilerin ihres Gemahls, um Hilfe wandte. Bereits mehrmals hatte sie erfolgreich Frauen, die einfach nicht Mutter werden wollten, zu Nachwuchs verholfen. Die Königin verließ sich gänzlich auf die Hofärzte sowie die Ratschläge ihrer alten Amme Luitgard – und ließ sich natürlich manches von ihrer lieben Schwester Irmintraut einflüstern.
     
    Der sonst so lebhafte König war von diesem Ausflug sehr still in die Residenz nach Bamberg zurückgekehrt.
    »Was ist Euch, Herr?«, fragte ihn seine Gemahlin, als sich Herr Heinrich in ihrem Gemach umkleidete. Zuvor hatte er sich in der Badstube von Staub und Schweiß gereinigt.
    »Ihr wirkt so nachdenklich und – ja, fast ein wenig traurig, will mir scheinen. Wollt Ihr Euch mir anvertrauen, Heinrich?«
    Vater Berchtold, welcher der Königin Gesellschaft geleistet hatte, konnte beobachten, wie sein Herr ihr einen forschenden Blick zuwarf, in ihren Augen konnte er aber nichts als Zuneigung und Hingabe lesen.
    ›Kunigunde ist voll Güte und Rechtschaffenheit‹, dachte der alte Mönch. ›Niemals würde Heinrich sie verletzen. Es gibt für alles eine Lösung. Und der König wird mit GOTTES Hilfe eine finden, die seiner Frau nicht wehtut und die es ihm gestattet, weiter an der Seite dieses prachtvollen Weibes zu leben.‹
    Berchtold wusste von Griseldis, was sich im Hause dieses fränkischen Edelmanns ereignet hatte, und er ahnte, welche Gedanken den König beschäftigten.
    Heinrich erzählte seiner Gemahlin, dass er nun einen wundervollen Patensohn habe.
    »Jetzt verstehe ich Eure Nachdenklichkeit, Heinrich. Ihr habt gewiss daran gedacht, wie schade es ist, dass Ihr, als der höchste Herr im Lande, noch keinen Nachkommen habt. Ich fühle mich so

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