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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Helferinnen, »ich wasche Euer Schätzchen gerade, dann bekommt Ihr es in den Arm gelegt.«
    »Aber erst, nachdem Ihr selbst auch gesäubert seid«, fügte die Hebamme freundlich hinzu. »Danach lege ich Euch den Hoferben ins Ehebett. Und dann kann Euer Gemahl kommen und Euch danken. Und unser verehrter und geliebter König wird Euch persönlich seine Glückwünsche überbringen.«
    Längst hatte sich im Gebärzimmer unter den Frauen die Nachricht von der Anwesenheit des hohen Gastes verbreitet gehabt. Die Mägde waren angehalten, durch Verbrennen von wohlriechenden Kräutern die schlechte Luft zu verbessern.
    Griseldis wollte ihnen nun zur Hand gehen und machte sich daran, das kleine Fenster im Schlafgemach zu öffnen, um die vom Gewitter gereinigte Luft hereinströmen zu lassen. Umgehend fiel ihr eine ältere Frau aus dem Dorf in den Arm:
    »Um Himmels willen, haltet ein, liebe Dame! Das Fenster muss fest geschlossen bleiben, wegen der bösen Geister, die Mutter und Kind zu schaden versuchen«, rief sie dabei erschrocken aus.
    Der Glaube an diesen heidnischen Unsinn in einem christlichen Haus erheiterte Griseldis sehr. Derlei Aberglauben war sie zwar von den Tannhofener Bauern gewohnt, aber im Haushalt eines Edelmannes, wenngleich eines niedrigen, hätte sie anderes erwartet. Ohne sich ihr Erstaunen anmerken zu lassen, entschuldigte sie sich bei der jungen Mutter und ihren Helferinnen.
    Den gereinigten Gebärstuhl mit der großen Aussparung in der Sitzfläche schafften zwei Mägde in ein Nebengelass – für dieses Jahr sollte er ausgedient haben.
    Danach zogen die Hebamme und Frau Teudelinde einträchtig eine besonders feine Leinenbettwäsche über Kissen und Decken der Hofherrin. Die junge Mutter erhielt von Frau Gerlinde noch ein wunderschönes Nachtgewand angelegt, mit Stickereien versehen am Ausschnitt und an den Ärmeln. Zuletzt hatte es Frau Hiltrude in ihrer Hochzeitsnacht vor zwei Jahren getragen.
     
    Auch in der Wohnhalle war die Geburt des Kindes wohlwollend registriert worden, als dessen erster Protestschrei nach dem Klaps der Wehmutter auf sein winziges Hinterteil erfolgt war.
    »Oho, das scheint aber diesmal ein kräftigeres Geschöpf zu sein«, konstatierte Großvater Germund und lachte seinen Sohn an. »Bei deiner Tochter voriges Jahr klang es viel zaghafter.«
    Kaum waren Herrn Germunds Worte verklungen, rief eine Stimme vom hinteren Teil der Halle: »Der Hof hat einen gesunden Erben!«
    Die älteste Magd verschwand nach dieser Bekanntmachung wieder im Schlafgemach mit einem Krug Wein, vermischt mit Wasser. Die Hebamme würde noch etwas Mohnsaft dazugeben und dann diesen Schlummertrunk der Wöchnerin reichen. Hiltrude hatte es sich verdient, nach den Strapazen der Entbindung auszuruhen.
    Auch Frau Gerlinde würde sich nach getaner Arbeit einen Schluck Wein gönnen. Heute trat sie, im Gegensatz zu den übrigen Weibern, den Heimweg nicht mehr an: Sie blieb die erste Nacht nach der Geburt im Haus, um notfalls der Mutter helfend zur Seite stehen zu können. Nur bei armen Leuten musste sie sich gleich nach der Entbindung auf den Nachhauseweg machen.
    Griseldis rechnete mit einer ruhigen Nacht. Die junge Frau war gesund und kräftig; es war nicht einmal nötig gewesen, ihr ein Wehen förderndes Mittel zu verabreichen. Hiltrudes Körper war von sich aus in der Lage gewesen, das Kind auszutreiben.
    In der Halle hatten inzwischen König Heinrich und sein Gefolge mit dem glücklichen Vater und dem vor Stolz fast närrischen Großvater auf das Wohl des neuen Erdenbürgers getrunken. Der König erhob erneut seinen Becher und rief:
    »Nun habe ich einen Patensohn! Wenn es Euch genehm ist, werden wir den Knaben also Heinrich nennen.«
    Der Edelmann und sein Vater waren sehr geehrt: Wer bekam schon einen leibhaftigen König zum Paten? Nebenbei bemerkt war diese Ehre auch mit beträchtlichen finanziellen Zuwendungen für das Patenkind verbunden: Der Kleine hatte für sein Lebtag ausgesorgt.
    Der Großvater hatte es sich nicht nehmen lassen, eigenhändig Namen und Geburtsdatum seines ersten Enkelsohnes sowie die Anwesenheit König Heinrichs auf den hinteren Seiten im Register der kostbaren Familienbibel einzutragen. Der Alte hatte dadurch die endgültige Anerkennung dieses neuen Familienmitglieds durch seinen Sohn schon vorweggenommen.
    Bei den heidnischen Vorfahren war es üblich gewesen, dass der Vater über Leben und Tod des Säuglings entschied, indem er ihn symbolisch von der Erde aufhob oder liegen ließ. In

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