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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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so aufgeregt, dass ihnen die Stimme versagte und man sie kaum verstehen konnte.
    Der König jedoch verlor dabei niemals die Geduld. Griseldis konnte nicht leugnen, dass sie Herrn Heinrich sehr bewunderte, wie er sich dieser ebenso lästigen wie anstrengenden, aber nichtsdestoweniger wichtigen Aufgabe widmete.
    »Fast immer geht es um endlose Rechtsstreitigkeiten oder nachbarschaftliche Händel, nicht allzu selten um familiäre Zwistigkeiten, die sich oft schon Jahre hinziehen. Ich als König soll nun binnen weniger Minuten souverän und unparteiisch ein Urteil fällen«, hatte sich der Herrscher erst neulich bei seiner Heilerin beklagt.
    »Umso besser, Herr Heinrich«, hatte diese gemeint, »dass Ihr mit einer raschen Auffassungsgabe und gesundem Menschenverstand gesegnet seid. Und Eure Kenntnisse in juristischen Angelegenheiten kommen Euch gewiss gleichfalls zugute.«
     
    Die Medica des Königs beobachtete nun, wie Heinrich auf dem Thronsessel saß, den Menschen zuhörte und Urteile sprach, Bitten gewährte oder versagte, lobte und tadelte, beförderte und degradierte, entschied, richtete, verurteilte und begnadigte.
    ›Wer denkt eigentlich an seine Schwierigkeiten, wer löst diese für ihn?‹ Diese Fragen drängten sich Griseldis geradezu auf.
    Da war zum Beispiel seine Kinderlosigkeit, die ihn zunehmend belastete: Sollte er nicht doch dem Rat vieler großer Herren folgen, den Papst um Auflösung seiner unfruchtbaren Ehe bitten, Kunigunde in ein Kloster schicken und eine neue Verbindung eingehen?
    Es war so gut wie sicher, dass seine Gemahlin dafür Verständnis hätte. Aber wer sagte denn, dass es an seinem Weibe lag, dass noch immer kein königlicher Spross in der Wiege lag? Als ganz junger Mann, noch vor seiner Heirat mit der schönen Lützelburgerin, hatte er etliche Geliebte besessen und keine war schwanger geworden. Legte das nicht deutlich Zeugnis ab von seinem Unvermögen?
     
    Andererseits war bekannt, dass die Frauen über gewisse Mittel verfügten, um eine Empfängnis zu verhüten oder gar eine ungewollte Schwangerschaft zu beenden. Von diesen Gedanken, die dem König schwer auf der Seele lasteten, wusste Griseldis durch den treuen Benediktiner, der sich diesbezüglich große Sorgen um seinen Herrn machte.
    »Herrn Heinrichs und Frau Kunigundes Kummer ist auch der meine«, hatte der alte Mönch erst heute Morgen geklagt. Aber auch Griseldis wusste keinen Rat – wie sollte sie auch? War sie doch noch nie von der Königin ins Vertrauen gezogen worden.
    »Für Gesundheit und Wohlergehen der Herrscherin sind allein die alte Amme Luitgard, die Hofärzte sowie Frau Irmintraut zuständig. Ich sehe keine Möglichkeit, mich Frau Kunigunde in irgendeiner Weise als Heilkundige anzudienen«, hatte Griseldis den Pater beschieden. »Nur Euch gegenüber, Vater Berchtold, kann ich betonen, dass ich bereits etlichen kinderlosen Frauen geholfen habe. Aber ich will mich der Königin keinesfalls aufdrängen.«
     
    Ein anderer Kummer, der dem König mit Sorge zusetzte, war der allgemeine Sittenverfall in den Reichsklöstern. »Ich werde nicht umhinkommen, Reformen in den Klöstern durchzuführen, damit die zuchtlosen Insassen nicht länger der Bevölkerung ein schlechtes Beispiel geben«, kündigte Heinrich im Anschluss an seine letzte Audienz an.
    Dann bedrückte den Herrscher noch ein erneuter Zwist mit Boleslaw Chrobry. Der polnische Herzog wollte einfach keinen Frieden halten, sondern, kaum hatte der König ihm den Rücken gekehrt, erneut Gebiete des Reichs an sich reißen.
    »Ich habe wahrlich Besseres zu tun, als immer wieder in den undurchdringlichen Wäldern des Ostens den Kampf mit ihm zu suchen, im Morast zu versinken, von Stechmücken ausgesaugt und schließlich von Boleslaw wie ein Tanzbär an der Nase herumgeführt zu werden«, hatte der König gegrollt.
    Zu allem Überfluss plagten Heinrich ständig wieder leichte Schmerzen in der Nierengegend. Er würde sich wohl wieder an seine Medica wenden müssen, damit diese ihm ihre heilkräftigen Hände auflegte, ehe Schlimmeres daraus wurde.
     
    Mit geröteten Wangen und der Zungenspitze zwischen den Zähnen saß Griseldis in ihrer Kammer und mühte sich mit einem Brief an ihren Mann Konrad ab. Vater Berchtold hatte ihr das Schönschreiben zwar beigebracht – kurz und schmucklos etwas zu notieren, das hatte sie bereits beherrscht –, aber immer noch bedurfte es ihrer ganzen Konzentration, wenn sie wichtige Zeilen zu Pergament bringen sollte.
    »Herr Heinrich

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