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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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gönnte, dessen war sie sich keineswegs sicher.
    ›Rottraut hat mit Sicherheit angenommen, dass der angebliche Ruf des Herzogs an seinen Hof nur eine Ausrede von mir gewesen ist, um in die Stadt und damit weg von daheim zu kommen. Vielleicht denkt sie sogar, ich verdiene mir meinen Lebensunterhalt als Venusdienerin‹, mutmaßte Griseldis.
    Ihre Arbeit brachte Griseldis mit vielen unterschiedlichen Menschen zusammen, die sie aufsuchten und Hoffnung in ihre Heilkunst setzten. Und da es sich herumgesprochen hatte, dass sie die Armen umsonst behandelte, musste sie sich über Langeweile nicht beklagen.
    Die junge Frau brachte vorwiegend pflanzliche Substanzen zur Anwendung, die sie trefflich zu verarbeiten und wohl zu dosieren verstand. Darüber hinaus besaß sie die Gabe, Krankheiten frühzeitig zu erkennen – oft noch, ehe die Betroffenen selbst etwas davon bemerkten.
    Dazu war Griseldis von GOTT das Geschenk der heilenden Hände mit in die Wiege gelegt worden. Durch Auflegen ihrer Handflächen auf die erkrankten Körperteile gelangen ihr im Laufe der Zeit auch bei aussichtslos erscheinenden Leiden sensationelle Heilungen. Nach solchen Behandlungen war sie jedes Mal eine Weile erschöpft und wie ausgelaugt.
    »Es scheint so, als würde durch meine Hände meine eigene Lebenskraft in den Körper des jeweiligen Kranken fließen, um ihn zu kräftigen und ihm die nötige Stärke zu verleihen, mit welcher er die Krankheit besiegen kann. Dadurch fühle ich mich selbst hinterher geschwächt und ich brauche eine gewisse Zeitspanne, um meine Kräfte erneut zu sammeln«, hatte sie ihrem Mann Konrad anvertraut. Dieser bewunderte sie für ihr Können grenzenlos.
    Auch Vater Berchtold hatte des Öfteren von ihrer Heilkunst profitiert. Erst neulich hatte Griseldis ihn von einem hartnäckigen Husten befreit, der seinen gesamten Brustkorb erschüttert und bis in die Spitzen seiner Lunge wehgetan hatte.
    Nach den schrecklichen Kolikattacken König Heinrichs dauerte es für gewöhnlich ein paar Tage, bis die Heilerin die ihr innewohnende Energie wieder aufgebaut hatte.
    Was ihren Status als echte Medica bekräftigte, war ihr geschärftes Wahrnehmungsvermögen von Symptomen gewöhnlicher wie auch ausgefallener Leiden. In Fällen, bei denen die Leibärzte des Königs ratlos mit den Achseln zuckten, erkannte Griseldis meist die Ursache des Übels – nicht gerade zum Wohlgefallen der gelehrten Herren.
    Sie betrachteten die unliebsame Konkurrenz zumeist mit scheelen Augen. Nur aus Respekt vor dem Herrscher wagten sie es nicht, die junge Heilerin vom Hofleben auszuschließen.
    Neulich hatte der Leibbarbier Heinrichs über unerträgliche Schmerzen in der Brust geklagt, über Stiche wie mit einem Dolch, die es ihm kaum noch gestatteten, Atem zu holen. Er glaubte, jeden Augenblick müsse sein Herz zu schlagen aufhören. Dazu war er leichenblass vor Angst, weil er dachte, sein letztes Stündlein habe geschlagen.
    Die eilig herbeigerufenen königlichen Medici bestärkten ihn in seiner Vermutung und rieten als wichtigste Maßnahme, man möge einen Beichtiger holen. Danach würde man weitersehen.
    Vater Berchtold hatte vom Zustand des Barbiers erfahren und kurzerhand die Heilerin herbeigeholt. Griseldis erkannte auf den ersten Blick, dass das Herz des noch jungen Mannes keineswegs angegriffen war: Die Ursache von Schmerz und Atemnot war vielmehr ein eingeklemmter Nerv in der verrenkten Schulter des Barbiers.
    Durch zwei energische Handgriffe, die den Leibbarbier zwar aufbrüllen ließen wie einen mit der Axt gefällten Stier, hatte sie den Mann von seinem angeblich lebensbedrohlichen Leiden befreit. Den Geistlichen, der seine letzte Beichte anhören sollte, schickte man unverrichteter Dinge fort. Stattdessen umarmte der Geheilte Griseldis und führte einen regelrechten Freudentanz mit ihr auf.
    Die Leibärzte des Königs jedoch waren grün geworden vor Neid.
    Sie musste allerdings zugeben, dass auch sie gelegentlich nur durch Zufall auf die Heilmöglichkeit mancher Krankheit stieß. Die erste Begebenheit dieser Art würde sie niemals vergessen…
     
     

KAPITEL 38
     
    A LS JUNGES M ÄDCHEN in Tannhofen war sie einst zu einem ohnmächtigen Mann gerufen worden. Es handelte sich um einen jungen, kräftigen Bauern, dem man äußerlich nicht ansehen konnte, was eine solche Schwäche gerechtfertigt hätte. Sein Weib, das erst vor Kurzem auf den Hof gekommen war, hatte Griseldis von einer unerklärlichen, starken Müdigkeit ihres Mannes

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