Die Heilerin des Kaisers
und Frau Kunigunde halten ihre Mahlzeiten ohne Pomp und Zeremoniell ab – außer es gilt, einen besonderen Gast zu ehren. Die umständliche Feierlichkeit mehrstündigen Tafelns mit vielen Gängen und großer Verschwendung ist beiden Königen zuwider«, so schrieb sie.
Aus Griseldis’ Bericht war deutlich ihre Genugtuung herauszuhören, als sie ihrem Mann Konrad von den Gepflogenheiten schrieb, von denen sich der König auch an anderen Orten nicht abbringen ließ. Der Baumeister war neugierig und ließ sich gern von ihren Begegnungen mit dem Königspaar erzählen. Dass Griseldis mittlerweile dem König unentbehrlich schien, erfüllte den ehrgeizigen Mann mit Stolz, wenngleich er ihre häufige Abwesenheit sehr bedauerte.
»Eigentlich ist es nur Frau Irmintraut, die sich über die wenig üppige Tafel des Königs beschwert«, fuhr Griseldis in ihrem Schreiben fort.
»Erst kürzlich hatte sie dem König vor dem gesamten Hofstaat vorgehalten, sie seien der ärmste Hof in ganz Europa, so bescheiden, wie es bei ihm zuginge. Aber Heinrich hat sich nicht provozieren lassen und es der Dame anheimgestellt, seine armselige Hofhaltung zu verlassen und sich eine großzügiger angelegte zu suchen. Er persönlich esse nur, um satt zu werden, beschied Herr Heinrich seine anspruchsvolle Verwandte.«
Als Konrad den Brief später in Bamberg las, erinnerte er sich daran, wie er einst Zeuge geworden war, als ausländische Gäste sich über einen hohen Reichsfürsten abfällig unterhielten. Dieser hatte es für guten Stil gehalten, sich am Tisch des Königs so vollzustopfen, bis ihm übel geworden war und er sich hatte übergeben müssen…
»Auch lehnen Heinrich und seine Gemahlin manche Leckerbissen wie Pfauenlebern oder Nachtigallenzungen ab«, schrieb Griseldis.
»Dazu habe GOTT diese beiden wunderbaren Vögel nicht geschaffen, so die Königin. Sie betonte vielmehr, dass wir uns im Falle des einen an der Schönheit seines Gefieders erfreuen und im Falle des anderen durch die Süße seines Gesanges betören lassen sollen.«
KAPITEL 37
A UF IHREM W EG zu einem Kranken, der sie durch einen Boten zu sich hatte bitten lassen, wurde Griseldis in Paderborn von einem fremden, gut gekleideten Herrn angehalten.
»Edle Frau«, begann der etwa fünfzigjährige Mann und zog seinen Hut vor ihr; aber die Heilerin hob abwehrend die Hand.
»Mein Mann ist nicht von Adel«, entgegnete sie, »und ich war es auch nie. Sagt einfach Frau Griseldis zu mir, Herr.«
»Wie Ihr wünscht, Frau Griseldis.«
Und dann erzählte er, ein französischer Landedelmann aus der Nähe von Chinon, ihr eine nahezu unglaubliche Geschichte. Als er geendet hatte und Griseldis stumm geblieben war, fragte er:
»Werdet Ihr die Güte haben und Euch beim König, bei dem Ihr jederzeit Gehör findet, für mein Anliegen verwenden? Ich wäre Euch sehr zu Dank verpflichtet.«
»Nun ja«, hatte die junge Frau gemurmelt, »ich werde Eurem Wunsch entsprechen, mache Euch aber wenig Hoffnung, dass Herr Heinrich darauf eingehen wird.«
Nach dem kärglichen Abendmahl – es war nämlich Fastenzeit – berichtete Griseldis König Heinrich, seiner Gemahlin und den übrigen Tischgenossen, die noch in der großen Halle der Paderborner Pfalz beisammensaßen, dass sie heute mit einem seltsamen Franzosen gesprochen habe.
»Eigentlich war weniger der Mann seltsam, als der Vorschlag, den er Euch durch mich unterbreiten lässt«, korrigierte sie sich. Alle lauschten gespannt.
»Der Edelmann berichtete mir von einer der heiligen Katharina geweihten Kapelle, die in einem Dorf, etwa zehn Meilen südlich von Tours, stehen soll. In dieser Kapelle hängen angeblich viele Schwerter, Dolche, Schilde und Lanzen, die heimgekehrte Krieger ihrer Schutzheiligen Katharina geweiht haben zum Dank für errungene Siege.
Aber das sei beileibe nicht alles: Hinter dem kleinen, schlichten Altar des Kirchleins befinde sich im Boden vergraben ein ganz besonderer Schatz.«
Die Heilerin König Heinrichs legte eine kunstvolle Pause ein, um die Spannung ihrer Zuhörer zu steigern. Wie gebannt hingen die Augen der Anwesenden an ihren Lippen.
»Und was soll das sein, Frau Griseldis?«, fragte erfüllt von weiblicher Neugierde die Königin, während Frau Irmintraut versuchte, Gleichgültigkeit vorzutäuschen. Es widerstrebte ihr von Herzen, dass »die Bauernmagd« wieder einmal im Mittelpunkt königlichen Interesses stand.
»Ein mit Zauberkräften ausgestattetes Schwert, das ein Engel dort
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