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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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ohne Unterlass auf das Lager des Sultans nieder,
und wenn sie nicht bald ein Bad nehmen konnte, würde sie
schreien. Vier Wochen waren seit dem Aufbruch aus Bursa ins Land
gegangen, und noch immer war Bayezid seines Gegners nicht habhaft
geworden. Nachdem Olivera die Frucht mit den Zähnen geschält
hatte, biss sie genüsslich in sie hinein und ließ den
süßen Geschmack auf der Zunge zergehen. Vermutlich hatte
sich der Feigling Theodor in seine Festung in Monemvasia im Südosten
der Peloponnes zurückgezogen, in der sich Gerüchten zufolge
auch die Familie des byzantinischen Kaisers versteckte. Wenn das der
Fall war, würde Bayezid unverrichteter Dinge kehrtmachen und
sich mit den bisherigen Gebietsgewinnen zufriedengeben müssen.
Sie rümpfte die Nase und griff nach einer weiteren Traube. Aber
so wie sie ihn kannte, würde er versuchen, die Zitadelle
einzunehmen und mit wertvollen Geiseln zurückzukehren. Auch wenn
sich innerhalb der gewaltigen Mauern angeblich ein Kornfeld und
zahlreiche Zisternen befanden, die es den Bewohnern möglich
machten, einer Belagerung jahrelang zu trotzen. Sie verdrehte die
Augen und versuchte, den Gestank von Kameldung zu ignorieren. Wenn es
doch nur nicht so entsetzlich öde wäre! Da sie weder das
Zelt noch – wenn sie weiterzogen – ihre Sänfte
verlassen durfte, bekam sie so gut wie nichts von der Außenwelt
mit; und der Vorteil, dass sie Bayezid mehr oder weniger für
sich alleine hatte, war nur ein schwacher Trost. Oft war er nach den
wenig befriedigenden Geplänkeln des Tages missgelaunt und
lustlos. Sie zupfte an dem dünnen Stoff ihres Gewandes, um ein
wenig mehr Luft an ihre Haut zu lassen. Haut, die sich nach Duftölen,
Wasser und einer Massage sehnte. So wie sie stank, war es kein
Wunder, dass er sich immer häufiger von ihr fernhielt. Sobald
sie ihn zu Gesicht bekam, würde sie ihn darum bitten, ihr zu
erlauben, irgendwo ein Badehaus aufzusuchen. Wozu gehörten ihm
denn all die Städte, wenn diese nicht einmal sicher genug waren,
dass seine Gemahlin ein Hamam besuchen konnte? Sicherlich
sorgten die Wasserträger dafür, dass stets genug des kühlen
Nass vorhanden war, um die rituellen Waschungen zu vollziehen. Aber
diese lächerlichen Mengen reichten einfach nicht aus, um sich
frisch und wohlriechend zu fühlen! Geistesabwesend spielte sie
mit ihren Zehen und legte den Kopf zurück in die nach Holzfeuer
und Staub riechenden Kissen. Wie lange noch? Der einzige Lichtblick
am Horizont war, dass ihre monatliche Blutung seit mehr als einer
Woche überfällig war. Sollte ihr Traum endlich in Erfüllung
gehen, würde sie diese Prüfung Gottes auch noch länger
ertragen. Wenn es sich allerdings wieder um einen Irrtum handelte,
würde sie vermutlich bald den Verstand verlieren! Sie bedachte
die Zofe, die ihr am nächsten war – eine einheimische
Schönheit – mit einem finsteren Blick; woraufhin das
Mädchen sich hastig aus dem Hintergrund löste und begann,
ihr Kühlung zuzufächeln. Während die bewegte Luft den
Schweiß auf ihrem Körper trocknete, schloss Olivera die
Augen und sank in eine Art Dämmerzustand.
        An
das ununterbrochene Gebrüll der Soldaten gewöhnt, schrak
sie aus diesem erst auf, als sich die tiefen Stimmen mehrerer Männer
ihrer Unterkunft näherten. Eine davon – ein sonorer Bass –
gehörte ihrem Gemahl, eine andere erkannte sie als die eines der
Generäle. »Selbst wenn er Euch das verrät, was Ihr
hören wollt«, versetzte der Agha respektvoll, »würde
das bedeuten, dass wir uns für eine Belagerung rüsten
müssen. Und dazu fehlen uns die Männer.« Neugierig
schlüpfte Olivera in ihre Sandalen und schlich zum Eingang des
Zeltes, um durch einen Spalt nach draußen zu lugen. Keinen
Steinwurf von ihrem Standpunkt entfernt kauerte ein Gefangener,
dessen Hände hinter dem Rücken gefesselt waren, auf dem
Boden. »Dann müssen wir eben noch mehr Lehensreiter aus
den umliegenden Provinzen zusammenziehen«, erwiderte Bayezid
ungerührt und trat näher an den Gefangenen heran. Dieser –
an seiner Kleidung als Untergebener Theodors zu erkennen –
reckte trotzig das Kinn und spuckte dem Sultan vor die Füße.
»Ihr werdet meinen Herrn niemals besiegen!«, zischte er
und zuckte mit keiner Wimper, als ein Janitschare ihm den
Schwertknauf in den Rücken rammte. Eine kleinere Gestalt, die
bisher halb von den anderen Männern verdeckt worden war,
beobachtete die Szene mit ausdrucksloser Miene. Mehmet!, dachte
Olivera hasserfüllt. Diese kleine

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