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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Übergriffen der Besatzung
bewahrt hatte. Kaum hatte er von dem nächtlichen Überfall
und der Schändung seiner jüngsten und somit wertvollsten
Gefangenen erfahren, hatte er die Missetäter, ohne zu fackeln,
hinrichten und ihre Köpfe als Warnung an den Mast nageln lassen.
Noch immer übermannte Falk kaltes Grauen, wenn er an das
Geräusch der fallenden Axt dachte, die das Leben der Kerle
beendet hatte. »Das ist die Festung Güzelce Hisar «,
erklärte der Pirat, als sie sich dem Hafen von Gallipoli
näherten, in dem sich zahllose Kriegsschiffe drängten. An
der engsten Stelle der Dardanellen erbaut, ragte eine mächtige
Befestigungsanlage abweisend und bedrohlich in den wasserblauen
Himmel, an dem seit dem späten Vormittag dichte Wolken aufzogen.
»Von hier aus kontrolliert der Sultan den Bosporus und den
gesamten Orienthandel«, fuhr der Mann fort und deutete auf eine
Ruine am gegenüberliegenden Ufer. »Und das ist alles, was
der Kaiser von Konstantinopel ihm entgegensetzen kann!« Er
lachte geringschätzig. »Nicht mehr lange, und der mächtige
Bayezid Khan wird zuerst Konstantinopel und dann Venedig dem Erdboden
gleichmachen. Wenn ihr euch erst mal mit eurem Schicksal abgefunden
habt, werdet ihr stolz darauf sein, einem solchen Herrn dienen zu
dürfen«, prophezeite er, während das Schiff zwischen
den Sperrketten hindurchglitt. Doch das bezweifelte Falk. Gezwungen
ruhig verfolgte er, wie die Kogge auf eine Anlegestelle zusteuerte,
an der Turbanträger und Europäer bunt durcheinander
gemischt hin und her wieselten. Nach Auskunft des Seeräubers
standen viele italienische und griechische Schiffseigner in den
Diensten des Sultans, der hier, in Gallipoli, eine Flottenbasis mit
Marinearsenal hatte errichten lassen. »Ihr wisst gar nicht, was
für ein Glück ihr habt«, spottete der Kapitän
weiter, während sein Steuermann das Schiff geschickt zwischen
Beibooten und kleineren Schiffen hindurchmanövrierte. » Ihr werdet wenigstens nicht den Rest eurer Tage an eine Ruderbank
gekettet sein!«
        Er
stieß einen Pfiff aus und befahl den herbeieilenden Männern
etwas in seiner Sprache, woraufhin diese einen Ring um die Knaben
bildeten. Auf einen weiteren Befehl ihres Anführers hin zückten
sie ihre Dolche und fassten die Gefangenen angriffslustig ins Auge.
Vermutlich wünschte sich mehr als einer von ihnen sehnlich, das
Blut derjenigen zu vergießen, die ihren Kameraden den Tod
gebracht hatten. »Ich warne euch nur ein einziges Mal«,
drohte der Kapitän und warf seinen Männern einen
bedeutungsvollen Blick zu. »Wer einen Fluchtversuch unternimmt,
dem kann nicht einmal mehr Gott helfen!« »Was weiß
der denn schon von Gott«, zischte Antonio an Falks Seite. »Der
hat doch allenfalls ein Abkommen mit dem Leibhaftigen!« Ein
Tritt in den Allerwertesten ließ ihn für einen kurzen
Moment verstummen. Während er sich die Rückseite rieb,
murmelte er allerdings bereits wieder eine hässliche
Verwünschung. Doch als einer der Piraten drohend auf ihn zutrat,
presste er hastig die Lippen aufeinander. Dankbar darüber, dem
stickigen Bugkastell eine Weile entkommen zu sein, fügte Falk
sich in sein Schicksal und sah dabei zu, wie die Besatzung die Kogge
vertäute. Das Treiben im Hafen lenkte ihn wenigstens eine Zeit
lang von der Furcht ab, die zu einem ständigen Begleiter
geworden war, der sich immer dann unerwartet zu Wort meldete, wenn er
am wenigsten darauf vorbereitet war. Hinter ihnen legten allmählich
auch die anderen Schiffe aus ihrem Zug an, und schon bald wurden die
ersten Gefangenen unter lautstarkem Geschrei und Schlägen wie
Vieh die Laufstege hinabgeführt. Ob sein Onkel auch unter den
Unglücklichen war? Ungeachtet der missfälligen Blicke
reckte er sich auf die Zehenspitzen und kniff die Augen zusammen.
Aber egal, wie sehr er sich bemühte, er konnte weit und breit
kein Anzeichen von Otto entdecken. Der Knoten in seiner Brust
verhärtete sich. Vermutlich trieb der Leichnam des
Katzensteiners mit all den anderen unbeachtet im Meer. Ein anderer
Gedanke blitzte auf, der in seiner Hässlichkeit erschreckender
war, als die Vorstellung, dass der Ritter irgendwo erschlagen an Land
gespült worden war. Was, wenn Otto kein Opfer der Piraten war? Falk
erinnerte sich dumpf an die Nacht in Venedig, als Otto den Kapitän
der Kogge mit in die Schänke gebracht hatte. Damals hatte er
sich nichts dabei gedacht. Aber was, wenn der Ritter mit dem
Italiener irgendeine Schurkerei ausgeheckt hatte? Was, wenn

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