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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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der Soldat ihm einen Hieb mit der Peitsche
und zitierte zwei der Bewaffneten zu sich. Im Handumdrehen hatten
diese den zusammengekauerten Jungen wieder aufgerichtet und
entkleidet, sodass der Osmane ihn in Augenschein nehmen konnte. Mit
kritisch gerunzelter Stirn untersuchte er Arme, Brust und Rücken
des Venezianers, griff ihm in den Mund und zwang ihn, ihm in die
Augen zu sehen. Offensichtlich zufrieden, trat er an den nächsten
Gefangenen heran, der die gleiche Prozedur über sich ergehen
lassen musste. Als die Reihe schließlich an Falk kam, schnappte
der Mann nach dem Kruzifix am seinem Hals, ließ es jedoch
sofort wieder fahren, als habe er sich daran verbrannt. Widerwillig
ertrug der junge Mann, dass ihn der Soldat ebenfalls betastete, seine
Muskeln prüfte und seine Hände begutachtete, bevor er
schließlich anerkennend nickte. Nachdem auch der letzte Junge
für tauglich befunden worden war, löste der Türke
einen prallen Beutel von seinem Gürtel und warf ihn dem Kapitän
vor die Füße.
        Ohne
abzuwarten, bis dieser das Geld gezählt hatte, knurrte er seinen
Männern einen Befehl zu, und kurz darauf befanden sich Falk und
seine sechs Gefährten auf festem Boden. Wie eine Schar Gänse
trotteten sie ihrem neuen Herrn hinterher, bis sie etwa eine halbe
Meile weiter östlich ein bauchiges Schiff erreichten, zu dem aus
allen Himmelsrichtungen junge Männer und Knaben strömten.
Einige von diesen schienen ebenfalls Gefangene zu sein, doch ein
Großteil der Burschen trug bereits rote Uniformen. An Deck
angelangt, machte Falk eine Gruppe kaum achtjähriger Kinder aus,
die sich mit furchtsam aufgerissenen Augen aneinanderdrängten
und bei jedem lauten Geräusch zusammenzuckten. Etwas weiter
heckwärts prahlten einige ältere Kerle mit ihren Waffen,
ließen diese allerdings hastig verschwinden, sobald der
Anführer seine Aufmerksamkeit auf sie richtete. »Stellt
euch dort drüben auf«, herrschte der Türke sie an und
deutete auf die Steuerbordseite, wo bereits andere Jungen warteten.
»Ihr stinkt!« Mit dieser Feststellung stolzierte er davon
und überließ Falk und seine Gefährten einer Handvoll
junger Soldaten, die sie wortlos dazu aufforderten, ihre
zerschlissenen Kleider auszuziehen. Da die Hitze trotz des bewölkten
Himmels immer unerträglicher wurde, war Falk beinahe froh, als
ihn kurz darauf ein Wasserschwall traf und ihm jemand einen Schwamm
und ein Stück Seife zuwarf. Nur mit einer weiten Unterhose
bekleidet schäumte er sich von oben bis unten ein und steckte
den Kopf in einen Eimer, bevor er sich mit dem Inhalt abspülte.
Wäre er nicht von Furcht erfüllt gewesen, hätte er die
Erfrischung genossen. So jedoch schrak er zusammen, als ein barscher
Befehl erscholl, und einer der Türken auf einen Stapel blauer
Hosen, weißer Hemden und roter Jacken zeigte. »Zieht das
an!«, wies der etwa Zwanzigjährige sie auf Latein an. »Das
ist die Uniform der Janitscharen. Vom heutigen Tag an gehört ihr
zur Armee des Sultans.« Während ein plötzlicher
Kälteschauer seinen Körper überzog, erkannte Falk,
dass die Farbe der Jacke den gleichen Blutton hatte wie die
echsenhäutigen Dämonen, die in zermürbender
Regelmäßigkeit durch seine Albträume jagten.

Kapitel 41
     
    Ulm,
Hochsommer 1400
     
    Schwarz und
bedrohlich schob sich die Gewitterfront über Ulm von Norden her
heran. Da die Schwäbische Alb und das Donautal seit Beginn des
Monats August unter einer anhaltenden Dürre litten, wanderte
nicht nur Lutz Metzlers Blick hoffnungsvoll zum Himmel. Viele der
Bauern hatten ihre Felder wegen des langen Winters erst spät mit
Sommergetreide bestellt, sodass die Trockenheit für sie eine
Katastrophe darstellte. Wenn es endlich regnen würde, dachte
Lutz, dann ließ vielleicht auch irgendwann diese elende,
bleierne Hitze nach. Prustend fuhr er sich mit dem Ärmel seiner
Schecke über die Stirn und rammte die Heugabel in den
ausgedörrten Boden der Koppel. Weil ihn die Sorge um Falk
beinahe auffraß, hatte er in den vergangenen Wochen immer mehr
Aufgaben übernommen, für die eigentlich das Gesinde
zuständig war, auch wenn die harte Arbeit die Unruhe in seinem
Inneren nicht auszulöschen vermochte. Wenigstens konnten ihn die
körperlichen Mühen von den Vorahnungen ablenken, die ihn
immer öfter quälten. Hätte er den Jungen doch nur von
dieser Eselei abgehalten! Mit einem Seufzer überschlug er, wie
lange er noch brauchen würde, um das frisch gemähte Gras
auf den Karren zu verladen. Als Verwalter

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