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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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alten Jungfer befinden. Hümas
Gesang durchschnitt ihr Grübeln. Wie gebannt starrten die
Hofdame und die übrigen Schülerinnen die Inderin an, als
diese mühelos die Tonleiter erklomm und selbst die schwierigsten
Modulationen meisterte. »Vollkommen«, hauchte die
Lehrerin ergriffen, als das Mädchen verstummte. »Beispiellos!«
Überrascht von dem plötzlichen Ende des Liedes, schlug
Sapphira ein weiteres Mal auf die Schellentrommel und errötete,
als die Köpfe der anderen zu ihr herumschnellten. Wunderbar!,
dachte sie verdrossen. Ich kann nicht singen, ich kann nicht tanzen,
und zur Musikerin tauge ich auch nicht. Wenn es der Wunsch des Sultans war, dass seine zukünftigen
Bettgefährtinnen Meisterinnen dieser Künste waren, dann
sollte sie ihr Verlangen besser beerdigen.
        Zu
ihrer grenzenlosen Erleichterung verlief der Rest des Unterrichtes
mit krächzenden Vorträgen ihrer Gefährtinnen, die Hüma
ebenso eifersüchtig beäugten wie Sapphira es zu vermeiden
versuchte. Als die Lehrerin sie schließlich entließ, war
die junge Frau fast froh, zurück in die Kälte des Hofes zu
treten. Inzwischen hatte sich zwar der Nebel verzogen, aber von der
Sonne war nach wie vor weit und breit keine Spur zu entdecken.
Stattdessen trieb ein frischer Wind die tief hängenden Wolken
gen Süden, wo sie sich an dem Höhenzug aufstauten.
Sicherlich würde es bald wieder anfangen zu regnen, dachte sie
und wich einem Schwarm schwer bewaffneter Männer aus, die
irgendeinen Würdenträger begleiteten. Seit der Rückkehr
des Sultans glich der Palast mehr einem Bienenstock denn je. Mit
langen Schritten fegte sie an Dienern und Wachen vorbei und atmete
auf, als sie den einzigen Ort im Palast erreichte, an dem sie sich
wohl und – vor allem – nicht wie ein hoffnungsloser Fall
fühlte. Auf dem schnellsten Wege entledigte sie sich der
überflüssigen Schichten warmer Kleidung und griff nach dem
Wachstafelbuch, das ihre Aufzeichnungen enthielt. Beim Verlassen der
Apotheke nickte sie Gülbahar zu, die mit einem Neugeborenen auf
dem Arm auf und ab ging. Die Antwort war ein kühler Blick und
ein gezwungenes Lächeln, das Sapphira traurig zur Kenntnis nahm.
Seit Gülbahars Geliebter mit dem Sultan aus Griechenland
zurückgekehrt war, wanderte die Freundin auf einem Grat, dessen
Brüchigkeit Sapphira ihr immer und immer wieder vor Augen
führte. Aber ihre Warnungen stießen auf taube Ohren. Wenn
sich die Kluft zwischen ihnen weiter vergrößerte, würde
Gülbahar ihr vermutlich bald ganz aus dem Weg gehen, dachte die
junge Frau und seufzte leise. Was auch immer sie sagte, schien die
Freundin als ein Ergebnis von Neid, Eifersucht oder Missgunst
aufzufassen. Nun, es war ihr Leben, das sie leichtfertig aufs Spiel
setzte! Da sich seit dem »Fund« der Janitscharenmütze
keine weiteren Vorfälle ereignet hatten, ging Sapphira davon
aus, dass mit der taubstummen Jariye tatsächlich die
Verräterin entlarvt worden war. Aber wenn ihre Vermutung
stimmte, dann war es nur eine Frage der Zeit, bis Maria Olivera
Despina eine neue Helferin fand. Sie stopfte eine widerspenstige
Strähne zurück unter das Tuch auf ihrem Kopf. Unbewusst
presste sie die Lippen aufeinander, als sie sich daran erinnerte, wie
die Jariye ihrem
Drängen schließlich nachgegeben und ihre Herrin mit einem
Nicken verraten hatte. Zuerst war sie Sapphiras bohrenden Fragen
tagelang ausgewichen, indem sie kurzerhand die Augen geschlossen
hatte. Doch irgendwann hatte die Scham die Oberhand gewonnen.
        »Sie
wird einfach einer anderen Sklavin befehlen, die Schmutzarbeit für
sie zu erledigen«, hatte Sapphira Gülbahar gewarnt. Aber
die Freundin hatte lediglich die Achseln gezuckt. »Ich bin kein
Ziel mehr«, hatte sie stur behauptet. »Vergiss nicht,
dass die Valide mich
vom Unterricht ausgeschlossen hat, obwohl die Tabibe für mich gelogen hat.«
»Du bist eine Närrin!«, hatte Sapphira gezischt und
die Gefährtin zornig stehen lassen. Und genau das ist sie auch,
dachte sie, als Gülbahar mit dem Säugling im Reich der
Hebamme verschwand. Wenn erneut auch nur der Schatten eines
Verdachtes auf sie fiel, dann würde selbst die Tabibe sie nicht mehr vor dem
sicheren Tod bewahren können. Mit einem Seufzen betrat sie den
Hauptteil des Darüssifas und begann ihre tägliche
Runde. Langsam aber sicher fügten sich die Bruchstücke
ihres Wissens zu einem bunten Teppich zusammen, der zwar an manchen
Stellen noch Löcher aufwies, aber von Tag zu Tag dichter wurde.
Sowohl das Ansetzen

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