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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Onkels als
Beleidigung empfand. »Als Euer Neffe ist es nicht nur meine
Pflicht, es ist mir auch eine Ehre!« Der Katzensteiner Ritter
wirkte betreten. Mit einem schweren Ausatmen legte er den Kopf schief
und grübelte scheinbar angestrengt einige Augenblicke nach.
Schweigend richtete er den Blick auf einen Punkt in der Ferne,
während er offenbar Zwiesprache mit sich selbst hielt. »Es
ist mir furchtbar unangenehm«, murmelte er schließlich
und zog eine Hand voller Gulden aus der Tasche, die er jedoch flugs
wieder verschwinden ließ – als beschäme ihn die
profane Geste. »Aber ein solches Unterfangen lohnt sich kaum,
wenn man lediglich ein oder zwei Pferde kaufen kann.« Dass dann
kein einziger Pfennig mehr für Reise und Unterkunft übrig
sein würde, verschwieg er geflissentlich. »Auf der anderen
Seite kann ich nicht von Euch verlangen, dass Ihr mir das Geld dafür
auslegt.« Er holte tief Luft und blinzelte einige Male als
würden ihm die Augen brennen.
        »Ihr
seid Gast in meinem Haus«, stellte Falk bestimmt fest und
setzte eine männliche Miene auf. »Und es ist Teil meiner
Gastfreundschaft, Euch mit der Summe auszuhelfen, die Ihr
benötigt, damit diese Kauffahrt ein Erfolg wird.« Er wies
mit dem Kinn auf Ottos Tasche, in der die Münzen sich deutlich
unter dem Stoff abzeichneten. »Sagt mir, wie hoch der Betrag
ist, den Ihr zusätzlich benötigt, und ich weise mein
Bankhaus an, ihn bei Eurem Bancherius gutschreiben zu lassen.« »Nein!«, entfuhr es Otto,
bevor er sich zurückhalten konnte. Auf keinen Fall durfte dem
gierigen Florentiner auch nur ein Schilling in die Hände geraten! Denn dann war der Kredit genau
dort, wo er ihn nicht haben wollte. »Warum machen wir es nicht
so«, schlug er nach einigen weiteren Augenblicken des
Nachdenkens vor, »dass Ihr die gesamte Summe verwaltet und mir
an Ort und Stelle genau so viel zur Verfügung stellt, wie ich
benötige?« Damit stellte er sicher, dass der Bursche einen
ausreichend großen Batzen Gold und Silber mit auf eine Reise
nahm, von der er niemals zurückkehren würde. Ein
Sonnenstrahl fing sich in dem Kreuz am Hals seines Neffen, und der
Köder, den Otto im Laufe des Gespräches beinahe vergessen
hatte, fiel ihm wieder ein. »Und vielleicht, nur vielleicht«,
setzte er leise hinzu, »ist dann noch etwas übrig, um eine
Reliquie für meinen Bruder zu erstehen.« Er schlug hastig
die Augen nieder, um die Verachtung in seinem Blick vor dem Knaben zu
verbergen. »Eine Reliquie?«, biss Falk atemlos an. »Für
meinen Vater?« »Ja«, erwiderte Otto und tat als
müsse er sich eine Träne aus dem Augenwinkel wischen. »Es
gibt zahllose Möglichkeiten auf dem Weg.« Er hob die Hand,
um einige davon an den Fingern aufzuzählen. »Man sagt, die
Steine des Turms, in dem die Heilige Barbara eingesperrt war, wären
in ganz Griechenland verstreut«, setzte er hinzu. »Andere
erzählen von der Walkerstange, mit der der Heilige Jakobus
erschlagen wurde. Es soll auch möglich sein, einen Zahn der
Heiligen Appolonia oder einen Splitter des Kreuzes, an dem der
Heilige Andreas hingerichtet wurde, zu erstehen.« Falk riss die
Augen auf, und nur mühsam verkniff sich Otto ein lautes Lachen.
Mein Gott, man konnte ja beinahe dabei zusehen, wie der Stachel, den
er in der Seele des Burschen gepflanzt hatte, Widerhaken schlug!
»Eine Reliquie«, wiederholte Falk ehrfurchtsvoll. »Das
wäre die Rettung aus dem Fegefeuer!« Seine Lippen bebten,
während ein sehnsüchtiger Glanz in seine Augen trat.

    *******

    Zwei
Stockwerke über den Köpfen der beiden Männer stieß
Lutz einen Laut aus, der klang wie das Knurren eines Hundes. Wie um
alles in der Welt sollte er den Jungen nur davon abhalten, die
ungeheuerliche Torheit zu begehen, zu der sein hinterhältiger
Onkel ihn überreden wollte? Zornig, verzweifelt und traurig
zugleich raufte sich der alte Verwalter die grauen Locken, während
er das Gespräch der beiden verfolgte. Alles in Falks
Körperhaltung verriet die Begeisterung des jungen Mannes. Was
immer sein Onkel ihm erzählte, hatte zwei rote Flecken auf seine
Wangen gemalt, und der Glanz in seinen Augen war selbst aus dieser
Entfernung zu erkennen. Augenscheinlich war es Otto nun vollkommen
gelungen, Falks Vertrauen und Sympathie zu gewinnen. Und auch wenn es
für Lutz offensichtlich war, was für ein Spiel der
Katzensteiner trieb, schien der Junge blind für den Eigennutz
des anderen zu sein. »Wenn es nur Eigennutz wäre«,
brummte er und lehnte die Stirn gegen das

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