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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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denken, dass ich
deinetwegen die Regeln brechen würde«, zischte er und
löste mühelos ihre Finger von seinem Arm. Obwohl ihre Nägel
winzige, rote Halbmonde auf seiner Haut hinterließen, verspürte
er nicht den geringsten Schmerz. Die Angst in ihrem Gesicht breitete
sich aus, und als er begriff, dass er ihr die Luft zum Atmen
abstellte, ließ er beinahe erschrocken von ihr ab. Keuchend
massierte sie sich die Kehle. »Aber es sind deine Regeln«,
erwiderte sie störrisch. »Wer sollte dich daran hindern?«
Gegen seinen Willen musste er sich ein Lachen verkneifen. Bei Allah, was für eine Mutter sie
sein würde! Was für ein Löwe aus ihrem Schoß
entspringen würde! Er ertappte sich dabei, wie er diesen
Gedanken weiterspann.
        »Du
bist nicht anders als die anderen drei«, versetzte er deshalb
mit einem Anflug von Grausamkeit. »Ich habe euch nicht
geheiratet, damit ihr und eure Familien mich mit euren Bälgern
erpressen könnt«, spuckte er aus – angestachelt von
der Verletztheit in ihrem Blick. »Ihr seid nichts weiter als
Trophäen.« Diese Beleidigung, die durchaus den Tatsachen
entsprach, saß. Wie die seiner übrigen Ehefrauen, war auch
Oliveras Funktion zu Anfang ihrer Beziehung keine andere gewesen, als
ihren Vater und Bruder zu demütigen und die Gefolgschaft der
Serben sicherzustellen. Doch das hatte sich schneller geändert
als es Bayezid lieb gewesen war. Wenngleich die Regeln der Dynastie
es ihm verboten, Verkehr mit einer seiner Gemahlinnen zu haben,
gelang es Olivera immer wieder, ihn in ihren Bann zu ziehen. »Deinen
Konkubinen schenkst du einen Sohn nach dem anderen«, schmollte
sie und kehrte ihm den Rücken zu. Eine Geste, die er keiner
anderen Frau hätte durchgehen lassen. Bei Olivera jedoch weckte
sie das Bedürfnis in ihm, sie um Verzeihung zu bitten. Wie
schaffte sie das nur immer?, fragte er sich grollend und legte eine
seiner Pranken auf ihre formvollendete Schulter. »Für sie
gelten die Grundsätze auch«, verteidigte er sich lahm und
schalt sich gleichzeitig einen Schwächling, da er sich vor ihr
rechtfertigte. » Ein Sohn, danach können sie nie wieder das Bett mit mir teilen.«
Olivera stieß einen Laut aus, der halb Schnauben, halb Lachen
war, bevor sie in beleidigtem Schweigen versank. »Du kannst
dich zurückziehen«, stellte Bayezid schließlich
säuerlich fest, da er keine Lust hatte, sich weiter über
sie zu ärgern – denn das würde die Befriedigung in
ihm zunichte machen. Ohne weitere Worte erhob er sich von seinem
Lager und trat an den mit dunklem Holz verkleideten Kamin, vor dem
das Fell eines Tigers ihn an die Gefahren der Jagd erinnerte. Lustlos
bohrte er mit dem großen Zeh dort, wo der Schädel
ansetzte, und tat so, als ob er tief in Gedanken versunken sei. Auf
keinen Fall sollte sie bemerken, dass es ihr erneut beinahe gelungen
war, ihn seine eigenen Prinzipien in Frage stellen zu lassen. Denn
nur zu gut wusste er, dass der einzige Grund, aus dem sie einen Sohn
von ihm wollte, der war, Valide
Sultan – die Mutter des
zukünftigen Herrschers – zu werden!

Kapitel 10
     
    Mucksmäuschenstill,
um die anderen Mädchen nicht zu wecken, befreite Sapphira sich
von der dünnen Decke, die trotz der Kühle der Nacht auf
ihrem Körper zu brennen schien. Nachdem sie kurz nach Einbruch
der Dämmerung aus dem Hospital entlassen worden waren, hatte
eine Jariye – eine weibliche Dienstbotin –
Sapphira und die dunkelhäutige Sklavin in eines der zahlreichen
Dormitorien des Palastes geleitet, wo sie in Gruppen von je zehn
Mädchen drei alten Aufseherinnen zugewiesen worden waren. Diese
– streng und konservativ gekleidet – hatten ihnen die
Gebote erklärt, welche beinhalteten, dass die ganze Nacht ein
Licht brennen musste und dass die Diwane der jungen Frauen weit
voneinander getrennt an den Wänden zu stehen hatten. »Gurken,
Rettiche, Karotten und Ähnliches müssen klein geschnitten
aus der Küche kommen«, hatte eine der Alten unter Hüsteln
erklärt. Und wenngleich Sapphira nach der Warnung der Tabibe noch die Furcht in den Gliedern saß, hatte sie sich ein
Schmunzeln nicht verkneifen können. Was sofort die
Aufmerksamkeit des fettesten der drei Drachen auf sie gelenkt hatte.
»Wer im Bett einer anderen ertappt wird, wird mit zwanzig
Peitschenhieben bestraft«, hatte diese beinahe genüsslich
verkündet, und einige der Mädchen waren erbleicht. Mit
einer Grimasse setzte Sapphira sich auf und ließ den Blick über
die Schlafenden wandern. Die Hüterin, deren

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