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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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er Otto unverschämt von Kopf bis Fuß
musterte. Was bildete sich dieser Handlanger eigentlich ein? Die
Rechte des Katzensteiners zuckte zum Schwertknauf. Es wurde Zeit,
dass jemand diesem Flegel Respekt einbläute! Lutz, der die
Bewegung mit einem zynischen Lächeln verfolgte, schüttelte
langsam den Kopf. »Das würde ich an Eurer Stelle lassen«,
warnte er und wies mit dem Kinn in Richtung Hoftor, wo eine Handvoll
Männer damit beschäftigt waren, Strohballen von einem
Karren zu laden. »Die Stadtwache sieht es gar nicht gerne, wenn
Bürger ohne jeglichen Grund angegriffen oder gar erschlagen
werden. Schon gar nicht, wenn es Zeugen gibt.« »Wie
kannst du es wagen, du Stück Dreck?«, erboste sich Otto
und packte sein Gegenüber am Kragen. Als sich jedoch
augenblicklich vier kräftig gebaute Knechte in Bewegung setzten,
um Lutz zur Hilfe zu eilen, ließ er ihn mit einem verächtlichen
Knurren wieder fahren und stieß ihn von sich. Scheinbar
ungerührt zog der Verwalter sich das verknitterte Hemd unter dem
Rock zurecht und lächelte dünn. »Ich weiß, was
Ihr beabsichtigt«, versetzte er ruhig. Ottos Nasenflügel
blähten sich gefährlich. »Aber falls Ihr vorhattet,
den Jungen auf der Reise zu erleichtern, dann habt Ihr die Rechnung
ohne den Wirt gemacht.« Ein roter Schleier der Wut kroch in
Ottos Blickfeld, als er begriff, was der Mistkerl ihm da mitteilte.
»Er wird nur das Nötigste an Bargeld mit sich führen«,
setzte Lutz ungerührt hinzu, während der Hass drohte, Otto
die Besinnung zu rauben.
        Und«,
fuhr der Verwalter fort und zog ein zusammengerolltes Stück
Papier aus der Tasche, »dem Rat seines Bancherius hat er wohl mehr vertraut als dem meinen.« Die Bitterkeit in
seiner Stimme drang kaum bis zu Otto vor. »Ihr werdet diesen
Schuldschein unterzeichnen. Falk ist bereit, Euch 100 Gulden zu
leihen. Das sollte genügen, um so viele Pferde zu kaufen wie Ihr
benötigt.« Er hielt einen Augenblick inne, bevor er
hinzufügte: »Allerdings erhaltet Ihr dieses Geld erst am
Ziel der Reise.« Das kurze, harte Lachen, mit dem er diese
Aussage unterstrich, ließ Otto alle Vorsicht vergessen. Mit
einem Laut, der dem Zischen einer Schlange glich, stürzte er
sich mit geballten Fäusten auf Lutz und schleuderte diesen in
eine schlammige Pfütze. Bevor der Verwalter schützend die
Arme hochreißen konnte, traf ihn ein wuchtiger Hieb am Kinn,
der bewirkte, dass sein Hinterkopf mit einem hässlichen Geräusch
auf dem festgestampften Boden aufprallte. Wenngleich Lutz den Ritter
um einen halben Kopf überragte, überraschte ihn die
Heftigkeit des plötzlichen Angriffes offensichtlich so sehr,
dass Otto ein weiteres halbes Dutzend Schläge landen konnte,
bevor er ihm das Knie in die Rippen rammte. Der flammende Schmerz,
der den Katzensteiner übergoss, explodierte in einem Feuerwerk,
als der Ältere auf die Beine schnellte und mit dem Ellenbogen
nachsetzte. Um Atem ringend krümmte er sich zusammen, während
sein Magen drohte, sich umzudrehen. Wie Dreschflegel landeten die
Fäuste des unerwartet kräftigen Gegners inzwischen auf
seinem Rücken, malträtierten seine Seiten und krachten
schließlich gegen seinen Kiefer, sodass bunte Sterne vor seinen
Augen tanzten. Wie durch Watte drang das Gebrüll von Männern
an sein Ohr, doch erst als ihn vier starke Hände an den Armen
packten und zurückrissen, kristallisierten sich Worte aus dem
Durcheinander heraus. »Lasst ihn!«, schrie einer der
Knechte. »Ihr bringt ihn um«, warnte ein anderer. Und als
eine zwar junge aber energische Stimme zu wissen verlangte, was hier
vor sich ging, schüttelte er den Kopf, um den Schwindel zu
vertreiben.
        Nur
allmählich klärte sich sein Blick, kehrten seine Sinne
zurück und damit die Erkenntnis, dass er einen furchtbaren
Fehler begangen hatte. Wie hatte es dieser dahergelaufene Dienstbote
nur geschafft, ihm die Maske vom Gesicht zu reißen? Wenn es ihm
nicht gelang, den Vorfall ungeschehen zu machen, gefährdete er
nicht nur all seine Pläne, sondern sein gesamtes Hab und Gut.
Die Hände in die Hüften gestemmt, blitzte Falk ihn und den
heftig atmenden Lutz an, während sich tiefes Misstrauen in
seinen Blick schlich. »Was soll das?«, fragte er
unwirsch, doch anstatt sich – wie befürchtet – an
Otto zu wenden, befahl er seinem Verwalter schroff: »Geh nach
oben, wir haben zu reden!« Als Lutz den Mund zu seiner
Verteidigung öffnete, schüttelte er ungehalten den Kopf und
wandte dem Älteren unwirsch den Rücken zu.

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